Karl-Erivan Haub Tragödie am Matterhorn

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Tengelmann ist stabil aufgestellt

Im Unternehmen agierte er nicht minder ehrgeizig. Als sich das Geschäft nach der Sanierungsarbeit langsam wieder stabilisierte, schaltete Haub auf Angriff um.

In seine Ära fällt der Aufstieg des Textil-Discounters Kik, die Aufstockung der Mehrheitsbeteiligung an der Baumarktkette Obi und der Einstieg des Familienunternehmens in den E-Commerce. In Jeans und Sneakers erschien Haub denn auch zum alljährlichen E-Commerce-Event seiner Unternehmensgruppe, dem Tengelmann E-Day, wo er mit Onlinehändlern, Unternehmern und Investoren über die digitale Zukunft sprach.

Zum Tengelmann-Portfolio gehören heute Beteiligungen an Zalando und Delivery Hero, aber auch Onlinehändler wie babymarkt.de.

Vom klassischen Lebensmittelhandel hatte er sich dagegen im Oktober 2014 endgültig verabschiedet. Damals hatte Haub kurzfristig zur Pressekonferenz in die Zentrale nach Mülheim an der Ruhr geladen, wo Kupferstiche italienischer Bauten an den Wänden prangen und Kronleuchter den Saal erleuchteten. Vor der historischen Kulisse verkündete Haub die Trennung von der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann, jenem Unternehmen, das einst den Aufstieg Tengelmanns zur milliardenschweren Handelsgruppe geebnet hatte. Er fühle sich „ein bisschen wie bei einer Beerdigung“, sagte Haub damals. Doch die Entscheidung stehe fest. Seit 15 Jahren schreibe Kaiser's Tengelmann Verluste, erklärte der drahtige Unternehmer im schwarzen Anzug vorne auf der Bühne. Kaiser's Tengelmann sei schlicht zu klein, um allein zu überleben. Er erklärte die Supermarktkette mit ihren 451 Läden an den Hamburger Wettbewerber Edeka zu verkaufen.

Noch während die Pressekonferenz lief, übermittelten die Nachrichtenagenturen bereits die erste Reaktion des Bundeskartellamtes in Bonn. Das Amt werde den Verkauf „intensiv prüfen“, gab Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, zu Protokoll. Tatsächlich kam es zu einem beispiellosen Gezerre um den Verkauf der Supermärkte – und zu einem erbitterten Schlagabtausch mit dem damaligen Rewe-Chef Alain Caparros. Am Ende wurde Kaiser’s Tengelmann zwischen Rewe und Edeka aufgeteilt. Haub war die letzte große Baustelle im Tengelmann-Portfolio los.

Zur Gruppe gehören heute Mehrheitsbeteiligungen an Firmen wie Obi und Kik. An dem Billiganbieter Tedi halten die Haubs eine Minderheit, ebenso wie an zahlreichen Internetfirmen. Zudem besitzt und verwaltet die Familie über die Trei Real Estate eine Fülle von Handels- und Gewerbeimmobilien im In- und Ausland.

Keine Frage, Haubs wahrscheinlicher Tod reißt eine Lücke, seine Familie trauert. Doch trotz dieser Tragödie ist Tengelmann stabil aufgestellt. Die einzelnen Beteiligungen und Töchter agieren weitgehend unabhängig voneinander. „Natürlich hat sich unsere Familie auf eine solche Situation vorbereitet, sodass der Geschäftsbetrieb ganz ruhig und geordnet weiterlaufen wird“, schrieb sein Bruder Christian Haub bereits in einem Brief an die Mitarbeiter.

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