Karnevalsgeschäft Am Aschermittwoch ist nicht alles vorbei

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Von Elfenohren und Zombiewunden bis zum künstlichen Sperma

Ihr Angebot richtet sich längst nicht mehr nur an Karnevalsfans: Mottoparties, Kindergeburtstage, Valentinstag, Junggesellenabschiede, Oktoberfeste, Sportgroßveranstaltungen – alles soll mit Kostümen und Accessoires abgedeckt sein. "Karneval ist unser Kerngeschäft", sagt Björn Lindert, Geschäftsführer des Kölner Traditionsunternehmens Deiters, das zwanzig Filialen in ganz Deutschland hat. Zwei Drittel des Umsatzes mache Deiters in der Karnevalszeit. "Aber das Thema Verkleidungen wird immer mehr zum Ganzjahresgeschäft." So sind vor allem Trachten, wie Lederhosen oder Dirndl für die vielen Oktoberfest-Ableger außerhalb der bayrischen Landesgrenzen, zu einem wichtigen Umsatzbringer für Deiters geworden.

Den Oktoberfest-Trend kann auch Ralf Horbach vom Karnevalshersteller Fries aus Idar-Oberstein bestätigen, der Supermärkte und Einzelhändler mit Kostümen, Perücken und Schmuck beliefert. Allerdings gebe es hier noch Potenzial nach oben. "70 Prozent unseres Umsatzes machen wir mit Karneval, 20 Prozent mit Halloween und zehn Prozent entfallen auf Anlässe wie Oktoberfest oder Weltmeisterschaft", erläutert Horbach.

In den 1960er Jahren ist das Familienunternehmen, das ursprünglich Werkzeuge und Maschinen für die Schmuckindustrie produzierte hatte, voll auf das Karnevalsgeschäft umgestiegen. Einfach sei das nicht gewesen. "Früher mussten wir nach der Karnevalszeit immer Kurzarbeit im Sommer fahren, weil die Nachfrage zu gering war", erzählt Horbach. Kurzarbeit gibt es heute zwar nicht mehr, dafür hat ein Drittel der Belegschaft nur einen befristeten Vertrag über ein halbes Jahr während der heißen Karnevalsphase.

Ganz ähnlich sieht es bei anderen Unternehmen der Branche aus: Viele stocken ihr Personal mit Aushilfen zwischen Herbst und Aschermittwoch deutlich auf, um dem starken Andrang Herr zu werden. Die ausgelassene Feierstimmung wollen die Anbieter das ganze Jahr über aufrechterhalten, um die Nachfrage zu steigern. "Die Realität ist leider oft schon hart genug. Deshalb kreieren wir immer wieder neue Spaßprodukte und bringen diese in den Handel", sagt Michael Prinz, der seit 1999 das Online-Portal "Karneval Megastore" leitet.

Um nicht der "Saisonalitätsfalle" Karneval zu erliegen, hat Prinz früh angefangen sein Angebot breit aufzustellen. Der Online-Händler wirbt mit dem Slogan "Wir sind deine Party" und tatsächlich findet der Kunde neben dem Kostümangebot allerhand Skurriles auf der Seite: Von Scherzartikeln wie künstliches Sperma, Bärenfleisch aus der Dose oder ein wasserlöslicher Bikini bis hin zu einer eigenen Comic-Reihe. Die Produkte verschickt der Hersteller mit Sitz in Metzingen an Kunden und Händler in ganz Europa.

Hinzu kommt verstärkt das Geschäft mit Lizenzprodukten aus Film und Fernsehen, zum Beispiel "Star Wars"-Fanartikel. Der Online-Versandhändler "Maskworld" macht einen Großteil seiner Einnahmen mit Latex- und Lederprodukten wie Masken, Rüstungen und Tuniken. "Mittelalter- und Fantasyfans sowie Live-Rollenspieler kaufen unsere Produkte. So haben wir uns ein weiteres Standbein zum klassischen Verkleidungsgeschäft geschaffen", sagt Marion Frischkorn von Maskworld.

Wem der ganze Karnevals- und Verkleidungshype auf die Nerven geht, muss jetzt ganz stark sein: Viele Händler denken über Expansion nach. Deiters plant noch in diesem Jahr zehn neue Filialen, der Online-Händler "Karneval Megastore'" liebäugelt mit richtigen Filialen. Anscheinend schaffen es die Geschäfte also mehr als gut, sich aufs Jahr gesehen über Wasser zu halten.

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