Im Sommer 2009 ging Arcandor pleite. Berggruen übernahm das Karstadt-Geschäft Mitte 2010 für einen Euro – und saugte noch Geld aus dem Unternehmen. Im Sommer 2014 verschenkte er es an Benko. Operativ hatte Karstadt im letzten Berggruen-Geschäftsjahr 124 Millionen Euro Verlust gemacht.
Zwar war die Ausgangslage für Benko wenig aussichtsreich. Bei einer Insolvenz aber hätten die Karstadt-Immobilien, die ihm zum Teil seit 2012 ja schon gehörten, ohne Mieteinnahmen dagestanden. Seine Kredite hätten notleidend werden, die Banken im schlimmsten Fall pfänden können. „Davon hätte er sich nie wieder erholt“, sagt ein Banker.
An dieser Lage hat sich im Grundsatz wenig geändert. „Einen Milliardär als Eigentümer hatten wir schon. Die geben erst recht nichts“, schätzt eine Karstadt-Mitarbeiterin die Lage ein. Im Weihnachtsgeschäft ist der Karstadt-Umsatz zum Vorjahr um sechs Prozent zurückgegangen. Die Lebensmitteltochter Perfetto, an der Rewe beteiligt ist, soll laut einem Bericht der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ unter Kunden- und Umsatzrückgang leiden. 2013 hatte Perfetto Verlust gemacht.
Der neue Karstadt-Chef Stephan Fanderl will nun Filialen schließen und Mitarbeiter entlassen. Ein Teil der Verkäufer soll laut Gewerkschaft Verdi zu Regaleinräumern degradiert werden und könnte weniger Gehalt bekommen – eine Idee, die womöglich am Flipchart überzeugt, aber schwierig umzusetzen ist. Denn Mitarbeiter können sich individuell wehren, „und das gegen ihren Willen per Gerichtsbeschluss durchzusetzen ist nahezu unmöglich“, sagt der Arbeitsrechtler Stefan Filippi. Jetzt laufen Verhandlungen mit dem Betriebsrat.
Benkos Signa-Gruppe versteht sich darauf, heruntergekommene Gebäude in Top-Lagen zu kaufen und auf Vordermann zu bringen. Vor allem in Wien gehören Signa viele Objekte, gern angeführt als augenscheinlicher Beweis für Benkos unternehmerisches Geschick. Immobilien stehen für Solidität und Klarheit: Hier das Gebäude, dort sein Besitzer. Doch so einfach liegen die Dinge nicht in Benkos Reich. Hinter einzelnen Objekten steht ein Dutzend Signa-Unternehmen, die teilweise innerhalb der Gruppe umhergereicht werden. Ein Dickicht, ständig in Bewegung, voll mit Krediten. Grob lässt sich das Sammelsurium an Firmen in drei Gruppen teilen:
- Signa Holding. Unter ihrem Dach finden sich Immobiliengesellschaften und auch das Handelsgeschäft von Karstadt. Benkos Familienstiftungen und der griechische Reeder George Economou halten jeweils 50 Prozent.
- Signa Prime Konzern. Sie bündelt vor allem Immobiliengesellschaften. Aktionäre sind mittelbar Benkos Privatstiftungen, ein Staatsfonds von Abu Dhabi (22 Prozent), Fressnapf-Gründer Torsten Toeller (10 Prozent), Baumogul Haselsteiner (4 Prozent) und Wiedeking (3,4 Prozent).
Die Komparsen in der Kaufhaus-Soap um Karstadt
Durch die Fusion des ererbten Quelle-Versands mit Karstadt wird Schickedanz größte Aktionärin des Konzerns. Nach und nach stockt sie ihre Anteile auf – vor allem mit Millionenkrediten von Sal. Oppenheim.
Der Troisdorfer Immobilienentwickler Esch wird Vermögensberater von Schickedanz.
Der frühere Bertelsmann-Chef Middelhoff wird zum Aufsichtsratsvorsitzenden des Karstadt-Quelle-Konzerns und entert wenig später den Chefposten. Auch er nutzt die Dienste von Esch.
Die Kredite an Schickedanz werden für Sal.-Oppenheim-Chef von Krockow zum Problem.
Der Kölner Insolvenzverwalter Görg übernimmt das Kommando in Essen und findet einen Konzern vor, in dem selbst der „Staub aus den Ecken“ noch zu Geld gemacht worden sei. Die Rettung von Quelle scheitert, Karstadt wird verkauft.
Karstadt-Chefin Sjöstedt räumt ihren Posten. „Ich will lange hierbleiben“, hatte sie zum Einstand versprochen. Fünf Monate später war sie wieder weg.
- Signa Funds. Die Gruppe hat mehrere geschlossene Fonds aufgelegt. Flaggschiff ist der „Signa Recap Development Fund 01“. Ein geschlossener Immobilienfonds, der unter anderem von deutschen Versicherern wie Gothaer, LVM Lebensversicherung und Talanx sowie von einer Versorgungskasse für evangelische Pfarrer mit Kapital ausgestattet wurde.
Die Grundlage für diese Karriere bildeten zwei Dachböden, die Benko in Wien kaufte, nachdem er ein Jahr vor dem Abitur die Schule abgebrochen hatte. Er baute sie zu Luxusapartments aus und verkaufte sie teuer. Der Tankstellenerbe Karl Kovarik gab ihm das Startkapital für seine ersten millionenschweren Immobilien-Investments. Später wird Economou einer seiner wichtigsten Finanziers.
Heute führt Benko ein luxuriöses Leben, besitzt Privatjets und trifft Geschäftsleute auf einer Signa-Yacht. In Oberlech am Arlberg hat er für 38 Millionen Euro das „Chalet N“ bauen lassen, das er für 270.000 Euro pro Woche vermietet. Bei seinen Empfängen, wie dem Weinlesefest „Törggelen“ im Wiener Palais Harrach, trifft sich die Hautevolee Österreichs – von Friedrich Stickler, dem Ex-Präsidenten des Österreichischen Fußball-Bundes, über Tankstellenbetreiber Markus Friesacher bis zu Außenminister Sebastian Kurz; Tina Turner und DJ Ötzi waren auch schon da. In Düsseldorf gehört er zu den Sponsoren des Ständehaus-Treffs, bei dem Hochkaräter wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier oder E.On-Chef Johannes Teyssen referieren.