Karstadt-Kaufhof-Fusion „Kein anderes Geschäftsmodell ist so kompliziert“

Galeria Karstadt-Kaufhof Quelle: imago images

Mit neuem Logo machen Karstadt und Kaufhof einen Schritt aufeinander zu, aber ein einheitliches Einkaufserlebnis bieten sie noch lange nicht. Über Herausforderungen, kaputtsparen und alte Leuchtreklamen an 174 Filialen.

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Gut ein halbes Jahr nach der Ankündigung der Fusion von Karstadt und Kaufhof nimmt der Zusammenschluss der beiden letzten großen deutschen Warenhausketten allmählich Form an. Sichtbarstes Zeichen davon ist das neue Markenlogo „Galeria Karstadt Kaufhof“, das seit wenigen Tagen in den Schaufenstern der 174 Filialen der beiden Warenhausketten in ganz Deutschland zu sehen ist - verbunden mit dem Versprechen „Wir sind zusammen Deins“. Zu Ernst sollte der Kunde den Marketing-Rummel aber nicht nehmen: Denn von einem wirklich einheitlichen Auftritt sind die Warenhäuser noch weit entfernt.

Karstadt und Kaufhof selbst weisen auf ihren Internetseiten selbst darauf hin, was alles unter dem gemeinsamen neuen Dach noch nicht funktioniert. Weder kann ein Artikel, der bei Karstadt gekauft wurde, bei Kaufhof zurückgeben werden, noch kann ein Geschenkgutschein von Kaufhof bei Karstadt eingelöst werden. Auch die Kundenkarten werden weiterhin nicht wechselseitig akzeptiert. Und wer den neuen gemeinsamen Prospekt von Galeria Karstadt Kaufhof durchblättert, muss gut aufpassen, welche Angebote es tatsächlich in beiden Warenhäusern gibt. Viele gibt es nach wie vor entweder nur bei Karstadt oder nur bei Kaufhof.

Einen Vorwurf kann man dem Team um Karstadt-Chef Stephan Fanderl daraus wohl nicht machen. Denn tatsächlich ist es eine echte Herausforderung zwei Warenhäuser zusammenzuführen. „Das Warenhaus ist die Königsdisziplin des Einzelhandels. Kein anderes Geschäftsmodell ist so kompliziert“, betonte erst kürzlich Jörg Funder, Professor für Unternehmensführung im Handel an der Hochschule Worms. „Die Infrastruktur beider Häuser - ihre Steuerungs- und Beschaffungssysteme - zusammenzuführen, wird deshalb eine Mammutaufgabe.“

Zwar wurden durch die Besetzung der meisten Führungspositionen mit Karstadt-Managern schnell erste Weichen beim neuen Handelsriesen gestellt. Doch ein Großteil der Arbeit liegt noch vor dem Team von Fanderl. Beispiel Einkauf: Anfang März begann der Konzern damit, die Abläufe in diesem wichtigen Bereich zu vereinheitlich. „Wir sind im Moment dabei, rund 200 Lieferanten in der Tiefe zu analysieren“, verriet der Chef des Strategischen Einkaufs, Jörg Peter Schmiddem, vor wenigen Wochen dem Fachblatt „Textilwirtschaft“. Das klare Ziel dabei: Einsparungen. „Ich schätze, dass wir am Ende unserer Analysen und Verhandlungen erheblich weniger Lieferanten benötigen werden und unseren Kunden gleichzeitig ein wesentlich attraktiveres Angebot machen können“, meinte der Manager.

Beispiel Personal: Fanderl kündigte Ende Januar an, 2600 Vollzeitstellen bei Kaufhof streichen zu wollen. Doch die Verhandlungen darüber mit dem Betriebsrat ziehen sich hin. Eine Einigung werde dadurch, dass inzwischen sogar schon von 2800 Stellenstreichungen die Rede sei, nicht einfacher, hieß es aus Gewerkschaftskreisen.

Gespräche mit Verdi über einen möglichen Sanierungstarifvertrag für den neuen Warenhausriesen haben noch gar nicht begonnen. Tatsächlich herrscht zwischen den Tarifpartnern eher Eiszeit. Verdi-Bundesvorstandmitglied Stefanie Nutzenberger schimpfte vor wenigen Tagen: „Zurzeit hat man aber eher den Eindruck, dass das neue Unternehmen Galeria Kaufhof Karstadt kaputt gespart und die Existenzgrundlage von zigtausend Beschäftigten ruiniert werden soll.“

Die Schaffung eines neuen gemeinsamen Logos für die lange Zeit rivalisierenden Warenhausketten war im Vergleich zu den anderen Herausforderungen wohl eher eine einfache Übung. Das neue Logo verbindet nicht nur die Namen, sondern auch die Farben der alten Konzerne - das Grün von Galeria Kaufhof und das Blau von Karstadt. Umfangreiche Tests hätten gezeigt, dass das neue Logo bei den Kunden gut ankomme, heißt es im Unternehmen.

von Henryk Hielscher, Melanie Bergermann, Simon Book, Mario Brück

Der Marketing-Fachmann Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf ist ebenfalls angetan vom neuen Auftritt der Handelshäuser. „Der neue Name ist vielleicht nicht sexy, aber trotzdem gut. Denn die beiden bekannten Marken bleiben erhalten. Stattdessen einen neuen Fantasienamen in den Köpfen der Leute zu verankern, hätte unendlich viel Geld gekostet, das der Konzern besser verwenden kann“, findet er.

Doch bis der neue Name wirklich die Warenhäuser dominiert, wird wohl ohnehin noch einige Zeit vergehen. Vorläufig ist das neue Logo nur in den Schaufenstern und auf einigen Schautafeln in den Verkaufsetagen zu finden. Die großen Neonreklamen an den Häusern zeigen dagegen noch die alten Firmenlogos. Und daran wird sich wohl auch so schnell nichts ändern. Denn sie sollen - um Kosten zu sparen - nur Schritt für Schritt ausgetauscht werden, wenn echter Bedarf besteht. In vielen Innenstädten werden die alt vertrauten Leuchtreklamen von Karstadt und Kaufhof also wohl noch einige Zeit zu sehen sein.

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