Das Schreiben soll beruhigen. „Wir haben keine verbindliche Vereinbarung über den Verkauf oder die Zusammenlegung unseres europäischen Geschäfts oder unseres Immobilienportfolios unterzeichnet", heißt es in einer Information an die rund 18.000 Mitarbeiter der Warenhauskette Galeria Kaufhof. "Wir befinden uns aber in Gesprächen mit der Signa Holding GmbH und prüfen derzeit Optionen für ein Gemeinschaftsunternehmen."
Die Botschaft ist klar: nichts ist entschieden, man prüft nur und redet über eine Fusion von Kaufhof und Karstadt – wie schon so oft.
Tatsächlich gab es schon in der Vergangenheit zahlreiche Anläufe, eine sogenannte Deutsche Warenhaus AG zu schmieden. Doch bis dato scheiterten alle Versuche, Kaufhof und Karstadt zu einen. Kein Grund zur Sorge also – auch diesmal?
Tatsächlich ist noch nichts besiegelt, der Deal kann jederzeit platzen. Allerdings haben die Rivalen bereits eine knapp 200 Seiten lange Absichtserklärung unterzeichnet und sich damit auf ein Dokument verständigt, das zahlreiche Details einer Fusion vorwegnimmt. Demnach sollen Kaufhof, Karstadt und Karstadt Sport in ein Joint Venture eingebracht werden. Karstadt-Eigner Rene Benko soll mit seinem Immobilienunternehmen Signa demnach etwas mehr als die Hälfte der Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen bekommen und das operative Geschäft managen.
Bereits Ende Juli könnte die Übernahme über die Bühne gehen, heißt es in Verhandlungskreisen. Dies, so vermuten Handelsexperten, wäre zugleich der Auftakt für rigide Sparmaßnahmen. Denn der Zusammenschluss soll vor allem dazu dienen, die Kosten zu senken. Dem Vernehmen nach geht es um Einspareffekte von insgesamt rund 100 Millionen Euro pro Jahr – und zumindest einen Teil der Summe sollen wohl auch Personalmaßnahmen einspielen. Vor allem vier Bereichen könnten dabei von Kürzungen betroffen sein:
Die Zentralen
Schließen sich Kaufhof und Karstadt zusammen, wird über kurz oder lang nur noch eine Zentrale gebraucht. Nach Informationen der WirtschaftsWoche laufen die bisherigen Planungen auf Köln als gemeinsames Hauptquartier hinaus, aber auch ein neutraler, neuer Standort wie Düsseldorf gilt als Option. Die traditionsreiche Karstadt-Hauptverwaltung im Essener Stadtteil Bredeney hat dagegen schlechte Karten. Knapp 1000 Beschäftigte arbeiteten hier zuletzt für die Warenhauskette.
Entsprechend unruhig ist die Stimmung vor Ort. "Viele Kollegen sind empört und die Verunsicherung ist sehr groß", sagte Arno Leder, der Betriebsratschef der Essener Hauptverwaltung jüngst der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". "Wir fordern die Unternehmensleitung dazu auf, ein klares Bekenntnis zum Standort Essen abzugeben", so Leder. Auch der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) schaltete sich ein. "Karstadt gehört zu Essen. Daher alarmieren uns Meldungen, die Karstadt-Hauptverwaltung würde möglicherweise verlegt. Das wäre eine Zäsur", sagte Kufen.
Müssen die Kaufhof-Beschäftigten für die Probleme der Kette zahlen?
Schlecht. Der traditionsreiche Warenhauskonzern steckt in der Krise. Die Umsätze schrumpfen. Das Unternehmen schreibt rote Zahlen. Wie hoch genau der Verlust ist, darüber hüllt sich der kanadische Mutterkonzern HBC allerdings in Schweigen.
Das hat viele Gründe. Kaufhof leidet wie fast alle innerstädtischen Modeanbieter unter der wachsenden Konkurrenz von Online-Anbietern wie Zalando und unter der sinkenden Kundenfrequenz in den Innenstädten. Aber verschärft wird die Situation bei der Warenhauskette nach Einschätzung der Gewerkschaft Verdi noch durch Managementfehler – etwa überzogenen Rabattaktionen – und dadurch, dass der Mutterkonzern HBC kurz nach der Kaufhof-Übernahme die Mieten für die Warenhäuser deutlich erhöht hat.
Akut wohl nicht, glaubt man den Aussagen des Unternehmens. Doch warnte die Konzernspitze in einer Präsentation für die Gewerkschaft Verdi vor den mittel- und langfristigen Konsequenzen eines „Weiter so“: „Ohne Gegenmaßnahmen droht die Zahlungsunfähigkeit.“
Der Kaufhof hat bereits angekündigt, die Zahl der Mitarbeiter in der Kölner Zentrale sozialverträglich von 1600 auf 1200 zu reduzieren. Darüber hinaus will der Kaufhof-Chef jährliche Einsparungen bei den Personalkosten im hohen zweistelligen Millionenbereich. Denkbar wären etwa Kürzungen bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld, aber auch der Verzicht auf Gehaltserhöhungen.
Beschäftigungsgarantien.
Vor dem Einstieg in die Tarifgespräche will Verdi erst einmal gemeinsame Eckpunkte mit dem Unternehmen vereinbaren. Das von Kaufhof vorgelegte Sanierungskonzept habe zwar richtige Ansätze, doch gebe es eine Schieflage zu Lasten der Arbeitnehmer. „Den Arbeitnehmern einseitig in die Taschen zu greifen, ist keinesfalls akzeptabel“, betonte Verdi-Verhandlungsführer Bernhard Franke. Die Eigentümer seien in der Pflicht, ihre Verantwortung wahrzunehmen.
Zwar würde eine Entscheidung für Köln nicht bedeuten, dass automatisch alle Jobs in Essen wegfallen, aber viele Mitarbeiter dürften einen Umzug oder aber den täglichen Pendelaufwand scheuen.
Auch in Köln wird die personelle Lage durch einen Zusammenschluss nicht besser. In der Stadt am Rhein arbeiten derzeit rund 1600 Mitarbeiter. Das Unternehmen hatte allerdings schon im Februar angekündigt, dass bis 2020 rund 400 Stellen in der Zentrale gestrichen werden. Der Stellenabbau solle sozialverträglich durch natürliche Fluktuation, Übergangsregelungen für ältere Mitarbeiter und Abfindungen erfolgen, hieß es bislang.