Karstadt und Kaufhof Warum verkaufsoffene Sonntage nicht die Warenhäuser retten

Die deutschen Warenhäuser wollen gerne mehr verkaufsoffene Sonntage, um gegen den Onlinehandel zu bestehen. Sie könnten auch mehr in ihre eigenen Onlineshops investieren. Doch dafür fehlen das Geld und der Wille.

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Karstadt und Kaufhof investieren wenig in Online-Handel. Quelle: dpa Picture-Alliance

"Die Gewerkschaftsfuzzis sollten sich mal am Wochenende ins Auto setzen und zum Beispiel ins volle Outlet nach Roermond in den Niederlanden fahren" schreibt ein Nutzer. "Damit uns auch der letzte freie Tag geklaut wird. Nein danke!", ein anderer. Wie hier unter einem Text der „Textilwirtschaft“ ist die Debatte um die verkaufsoffenen Sonntage in Deutschland im vollen Gang.

Die Gegner warnen vor einem „Dammbruch“ und sehen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefährdet. Befürworter glauben hingegen, dass eine weitere Liberalisierung die beste Möglichkeit ist, gegen den boomenden Onlinehandel – und insbesondere Branchenprimus Amazon – zu bestehen. Deshalb haben sich viele stationäre Händler in der Initiative „Selbstbestimmter Sonntag“ zusammengeschlossen und trommeln für mehr verkaufsoffene Sonntage.

Mit dabei sind auch die beiden großen deutschen Warenhausketten Kaufhof und Karstadt. Insbesondere Karstadt-Chef Stephan Fanderl gibt sich als Vorkämpfer für die aus seiner Sicht gerechte Sache. Im Mai sprach er von einer „Diskriminierung des Einzelhandels“, die endlich beendet werden müsse. Dass Karstadt und Kaufhof so vehement für den verkaufsoffenen Sonntag werben, könnte auch damit zusammenhängen, dass sie ihre eigenen Onlineshops nur halbherzig voranbringen.

Deutschlands beliebteste Waren- und Kaufhäuser

Dabei geht es auch anders: Eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter deutschen Händlern, die ihre Ware sowohl stationär, als auch über das Internet anbieten, ergab, dass die befragten Unternehmen im Durschnitt 25 Prozent ihres Umsatzes online generieren. Auf Anfrage von WirtschaftsWoche Online machten sowohl Kaufhof, als auch Karstadt keine Angaben zu den Umsätzen ihres Internet-Geschäfts.

Während die Pressestelle von Kaufhof auf die Börsennotierung des Mutterkonzerns HBC verweist, hat Karstadt bis heute nicht auf die Anfrage reagiert. Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein schätzt, dass die beiden großen deutschen Kaufhausketten maximal fünf Prozent ihres Umsatzes im Internet erwirtschaften. „Dabei wäre das die einzige sinnvolle Möglichkeit, die sinkenden Umsätze aus dem stationären Handel zu kompensieren anstatt nur auf verkaufsoffene Sonntage zu setzen.“

Onlinehandel: So kauft der Durchschnittsdeutsche ein

Schaut man sich hingegen die öffentlich bekundeten Strategien von Karstadt und Kaufhof an, sieht die Lage naturgemäß anders aus. Das Stichwort ist hierbei „Omnichannel-Handel“, also insbesondere die stärkere Verzahnung des stationären mit dem Online-Geschäft – zum Beispiel die Möglichkeit, Waren online zu reservieren oder die bestellten Artikel in der Filiale abzuholen. Kaufhof gibt an, dass das eigene Digitalgeschäft 2016 mit 23 Prozent erneut deutlich gewachsen sei. Ein Grund dafür seien die erwähnten Omnichannel-Services. Da der Versand nach Hause erst ab einem Warenwert von 49 Euro kostenlos ist und ansonsten 3,95 Euro kostet, kann Reservieren und Abholen für Kunden sicherlich eine ernsthafte Alternative darstellen.

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