Kaufhof und Karstadt fusionieren K-und-K wird Wirklichkeit – das sind die Details

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„Galeria Kaufhof war vor dem Verkauf an HBC hochprofitabel“

Nun schmieden HBC-Großaktionär Richard Baker und Benko das K-und-K-Bündnis. Auch sie brauchten dafür allerdings reichlich Vorlauf. So hat Benko mit seiner Immobiliengesellschaft Signa schon in der Vergangenheit nichts unversucht gelassen, die Rivalen zu einen. Schon 2011 weigerte sich der Chef des Düsseldorfer Handelskonzerns Metro, Kaufhof an Benko zu verkaufen. 2015 buhlte er bei Metro erneut um den Zuschlag für die Warenhaustochter – und verlor gegen Richard Baker, Großaktionär und Aufsichtsratschef von HBC.

Im vergangenen Herbst wagte Benko schließlich den nächsten Versuch. Drei Milliarden Euro bot er HBC für Kaufhof nebst Immobilien. Doch auch Baker ließ ihn abblitzen. HBC teilte zunächst mit, ein „unvollständiges, nicht-bindendes und unaufgefordertes“ Angebot erhalten zu haben, das nun pflichtgemäß geprüft werde. Im Februar 2018 wurde ein Verkauf an Benko von HBC schließlich offiziell abgelehnt. Man glaube an die eigene Fähigkeit, „die Ergebnisse unserer traditionsreichen Warenhausmarken zu steigern“, hieß es zur Begründung.

Doch einige verlustreiche Quartale später hatte sich die Stimmung gedreht. Baker selbst soll zu Benko nach Wien geflogen sein, um neue Gespräche anzustoßen, heißt es hinter den Kulissen. Schon bald tauchten Gerüchte auf, Signa und HBC würden erneut verhandeln. Doch offiziell drang weiter nichts nach außen. Man befände sich in Gesprächen, teilte HBC lediglich mit.

Jetzt liegt das Ergebnis vor und die Wettbewerbsbehörden müssen den Zusammenschluss prüfen. Kartellamtspräsident Andreas Mundt kündigte bereits an, die Fusionspläne auf jeden Fall genau unter die Lupe zu nehmen: „Wir stellen uns auf ein extrem umfangreiches und aufwendiges Verfahren ein.“ Es müssten sowohl die Folgen für die Kunden als auch für die Lieferanten geprüft werden.

Experten erwarten aber allenfalls geringe Auflagen, zu deutlich haben beide Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten an Marktmacht verloren. Heute erzielen Karstadt und Kaufhof je nach Rechnung zusammen zwischen vier und fünf Milliarden Euro Umsatz. Das sind nur knapp drei Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes in Deutschland. In den Siebzigerjahren hatten Warenhäuser noch einen Anteil von 14 Prozent. Doch dann begann der Abstieg des Alles-unter-einem-Dach-Formats. Erst beendeten Shoppingcenter und Fachhandelsketten die goldene Warenhausära. Ab der Jahrtausendwende sorgte zunächst langsam, dann immer stärker der Online-Handel für eine Kundendrift Richtung Netz. Eine Entwicklung, die bis heute anhält. Hinzu kamen hausgemachte Probleme.

Die Folge: Karstadt musste im Juni 2009 Insolvenz anmelden, wurde erst an Nicolas Berggruen, später an Benko verkauft. Doch erst in den vergangenen zwei Jahren ging es mit der Handelskette operativ wieder bergauf.

Galeria Kaufhof hat sich dagegen lange Zeit gut geschlagen und galt bis 2015 sogar als Ertragsperle im Metro-Reich. Die Warenhäuser seien vor dem Verkauf in „hervorragender Verfassung“ gewesen, sagte Metro-Chef Olaf Koch erst vor wenigen Wochen der WirtschaftsWoche. „Galeria Kaufhof war vor dem Verkauf an HBC hochprofitabel und auch online auf einem sehr guten Weg.“

Unter kanadischer Führung änderte sich das rasant. Eine verfehlten Sortiments- und Rabattpolitik sowie kräftige Mieterhöhungen sorgten dafür, dass Kaufhof in die Verlustzone geriet. Zuletzt verstärkte sich der negative Trend sogar.

Im ersten Quartal, das Anfang Februar begann, hat das Unternehmen vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sonderfaktoren einen Verlust von knapp 30 Millionen Euro gemacht. Das Minus ist damit um fast 40 Prozent größer ausgefallen als im Jahr zuvor. Hauptursache für die Entwicklung ist ein deutlicher Umsatzrückgang von acht Prozent. Das zweite Quartal soll zwar etwas besser gelaufen sein, heißt es intern, ob der Negativtrend allerdings gestoppt wurde, ist fraglich.

Klar ist dagegen: Der Zusammenschluss ist kein Zeichen der Stärke. Die schiere Not treibt die bisherigen Kontrahenten zusammen.

Aufstieg und Niedergang der deutschen Warenhäuser
Georg Wertheim ist Deutschlands Warenhauspionier. Sein erstes Warenhaus eröffnete er 1876 in Stralsund. Für Furore sorgte er aber später mit seinem glanzvollen Neubau an der Leipziger Straße in Berlin, nur wenige Meter vom Potsdamer Platz entfernt.(Bild: Berlin Mitte, Blick auf den Leipziger Platz, Aufnahmedatum: ca. 1935) Quelle: imago images
Das neue Format setzte sich schnell durch - die ersten Filialketten entstanden. Rudolph Karstadt eröffnete am 14. Mai 1881 sein „Manufactur-, Confections- und Tuchgeschäft“ in Wismar, aus dem die spätere Karstadt AG hervorging. In Berlin dominierte Wertheim das Geschäft. Den Süden sicherte sich Hertie-Namensgeber Hermann Tietz und im Rheinland legte Leonhard Tietz die Grundlagen für die heutigen Kaufhof-Häuser. (Bild: Hermann Tietz mit Ehefrau) Quelle: PR
Warenhäuser machten Luxusgüter auch für das Bürgertum bezahlbar. "Die vornehme Dame steht schwesterlich neben der kleinen Choristin, und keine wird vor der anderen bevorzugt", vermerkte das "Berliner Tageblatt" 1907 bei der Eröffnung des KaDeWe.(Bild: Ein vom Kaufhaus des Westens herausgegebenes Foto zeigt die Zigarrenabteilung im KaDeWe in Berlin im Jahr 1928. Die Tabakwaren befinden sich bereits seit der Eröffnung im Erdgeschoss des Kaufhauses.) Quelle: AP
Bis zum Zweiten Weltkrieg wuchs das Geschäft rasant. 1929 eröffnete Karstadt in Berlin-Kreuzberg am Hermannplatz eines der damals größten Warenhäuser der Welt. Auf neun Stockwerken waren anfangs rund 4000 Mitarbeiter beschäftigt. (Bild: Karstadt in Berlin, Aufnahmedatum: zwischen 1933 und 1936) Quelle: Getty Images
Da die Familien Wertheim und Tietz Juden waren, regten sich bald antisemitische Stimmen. Warenhäuser wurden als „Bazare“ diffamiert, obwohl dort Festpreise galten. Unter den Nationalsozialisten verschärften sich die Anfeindungen. Georg Wertheim schenkte sein gesamtes Vermögen seiner nicht-jüdischen Ehefrau Ursula. 1937 schrieb er kurz vor seinem 80. Geburtstag in sein Tagebuch: „Austritt aus dem Geschäft. Firma als deutsch erklärt.“ Er selbst hatte da schon Hausverbot.(Bild: Blick auf das Warenhaus Wertheim, Aufnahmedatum: 1935)
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren in den deutschen Städten auch die meisten großen Kaufhäuser zerstört. Als mit dem Wirtschaftswunder ihr Wiederaufbau begann, ging es demonstrativ schlicht und funktional zu. Die von Egon Eiermann entworfene Horten-Kachel oder die weiße Hertie-Metallplatten, sorgten für ein gleichförmiges Erscheinungsbild. Doch dem Warenhauserfolg tat das keinen Abbruch. (Bild: Fotoausstellung zum Kriegsende auf dem Alexanderplatz, Aufnahmedatum: 2015) Quelle: imago images
Der Marktanteil der Warenhäuser stieg in den Wirtschaftswunderjahren auf bis zu 15 Prozent. Karstadt, Kaufhof, Hertie und Horten dominieren die Konsumlandschaft und die deutschen Einkaufsstraßen. (Bild: Galeria Kaufhof in Frankfurt am Main, Aufnahmedatum: 1960) Quelle: Getty Images
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