
Die Entscheidung ist gefallen: Kaufhof geht an die Hudson's Bay Company (HBC). Die Kanadier sind bereit, für die Warenhauskette mit rund 130 Standorten in Deutschland und Belgien und mehr als 21.000 Beschäftigten 2,8 Milliarden Euro an die Metro Gruppe zu zahlen. Die Entscheidung hatte sich in den vergangenen Tagen angedeutet. Gegenüber der WirtschaftsWoche hatten Insider erklärt, die Kanadier seien die Favoriten.
"HBC hat nicht nur das beste Angebot für eine sichere Zukunft von Galeria Kaufhof unterbreitet, sondern auch eine werthaltige Offerte für unsere Anteilseigner vorgelegt", erklärte Metro-Chef Koch. Richard Baker, Chef der Hudson's Bay Company, zeigte sich überzeugt, ein gutes Geschäft gemacht zu haben. "Es ist das richtige Investment zum richtigen Zeitpunkt", sagte der 49-Jährige.
Das ist die Hudson's Bay Company
Die Hudson´s Bay Company ist Kanadas größtes Kaufhaus und gilt als ältestes Unternehmen Nordamerikas. Die Geschichte von HBC begann 1670, als Charles II von England der Company Eigentum über Land und Bodenschätze in Kanada übertrug. Der damals vollständige Name der Unternehmung: „The Governor and Company of Adventurers of England trading into Hudson´s Bay“.
Rund 200 Jahre kontrollierte HBC vor allem den lukrativen Handel mit Pelzen, dann kaufte Kanada der Gesellschaft die Rechte wieder ab. HBC änderte daraufhin die Ausrichtung, stieg in den Großhandel ein und versorgte Siedler. Auch in der Schifffahrt und im Handel mit Öl und Gas war HBC tätig, bevor sich die Gesellschaft in den 1990er Jahren wieder auf den klassischen Einzelhandel konzentrierte.
Die Hudson’s Bay Company fokussierte sich stets auf Aktivitäten in Kanada und Nordamerika - bis 1970 war ihr Sitz aber London.
Die Historie der HBC ist derart eng mit der Kanadas verknüpft, dass seine Chefs bis heute Gouverneure heißen. Heute hat diesen Posten der US-Amerikaner Richard Baker inne, der das Unternehmen 2008 erwarb. Baker gilt als strategischer und ehrgeiziger Konzernlenker
Schon vor der HBC-Übernahme hatte Baker 2006 amerikanisch Traditionskaufhauskette Lord & Taylor für knapp eine Milliarde Euro gekauft und das Geschäft durch Beleihung der Immobilien finanziert. Auch den vollständigen Kauf der Hudson’s Bay Company im Jahr 2008 finanzierte Baker hauptsächlich durch Schulden. Für rund 2,2 Milliarden Euro kaufte HBC 2013 schließlich die amerikanische Nobelkette Saks Fifth Avenue und deren Ableger OFF 5th. Erneut die entscheidende Geldquelle: beliehene Immobilien. 2015 machte der Konzern klar, in Zukunft auch außerhalb des nordamerikanischen Marktes wachsen zu wollen - durch Zukäufe wie Kaufhof. Neuestes Projekt ist die Einführung der Discount-Luxuskette Saks Off 5th in Deutschland.
Neben der namensgebenden Hudson’s Bay Company gehören zum HBC-Imperium eine ganze Reihe von Handelsunternehmen in Nordamerika. In Kanada ist es die Einrichtungshauskette Home Outfitters. In den USA hat HBC das Luxuskaufhaus Lord & Taylor, die Edelkaufhauskette Saks Fifth Avenue und deren Discount-Designer-Ableger Saks Fifth Avenue OFF 5th übernommen.
Als starkes Rückgrat der Hudson’s Bay Company gelten die Warenhausimmobilien im Besitz des Konzerns. Ihr Wert wird auf etwa 9,6 Milliarden kanadische Dollar geschätzt, rund 6,7 Milliarden Euro. Allein der Saks Fifth Avenue Flagship Store in New York soll mehr als drei Milliarden Euro wert sein.
Mit Saks Fifth Avenue, der Kernmarke Hudson's Bay, der Modekette Lord & Taylor und dem Haushaltswarenhändler Home Outfitters machte HBC zuletzt einen Umsatz von gut neun Milliarden Euro und rund 420 Millionen Euro Gewinn.
Der erste Laden der amerikanischen Luxux-Kaufhauskette wurde 1924 von Horace Saks zusammen mit einer Geschäftspartner auf der New Yorker 5th Avenue eröffnet. 1992 gründete das Unternehmen sein erstes Outletgeschäft in Pennsylvania. Als 1995 weitere Läden eröffnet werden sollten, wurde das Geschäft in Saks Off 5th umbenannt. 2013 übernahm HBC das Unternehmen. Im Jahr 2016 gab es weltweit 41 Fililalen von Saks Fifth Avenue und 117 von Saks Off 5th.
Ob der kanadische Sieger im Warenhaus-Poker, HBC, nun tatsächlich zum großen Gewinner wird, ist ungewiss. Zwar hat Kaufhof in den vergangenen Jahren anders als Konkurrent Karstadt Gewinne erwirtschaftet. Doch die Ergebnisse waren allenfalls solide.
Der Metro-Konzern hatte immer wieder betont, Kaufhof passe nicht mehr ins eigene Portfolio. Entsprechend gering war das Interesse, sich über Gebühr mit dem Warenhaus zu befassen. Metro hielt Kaufhof auf Kurs und über Wasser, große Investitionen in die Modernisierung oder gar in eine Neuausrichtung der Warenhauskette blieben aus.
Dabei sind die Probleme offensichtlich: Die Konkurrenz durch den Onlinehandel setzt den Warenhäusern massiv zu. In vielen Klein- und Mittelstädten funktioniert das Konzept der Warenhäuser, Produkte alle Kategorien unter einem Dach zu verkaufen, nicht mehr. Handelsexperten gehen von einem Filialsterben in den kommenden Jahren aus. Karstadt, das von der Entwicklung wesentlich stärker getroffen wurde, hatte zuletzt schon deutliche Einschnitte an Standort- und Stellenzahlen vorgenommen.
Die Hudson's Bay Company, nach eigenen Angaben Nordamerikas ältestes Unternehmen, betritt mit dem Kaufhof-Deal absolutes Neuland: Es ist der erste Schritt des Konzerns nach Europa. Wie die Kanadier die Herausforderungen auf dem deutschen Markt bewältigen wollen, ist nur in Grundzügen klar.
Die Top 10 Warenhausbetreiber Europa 2015
Unternehmen: Dunnes
Land: Großbritannien
Brutto-Außenumsatz (2013): 2.365 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 155
Verkaufsfläche: 293.113 m²
Quelle: Planet Retail - 9. Juni 2015
Unternehmen: Karstadt (ohne Karstadt Feinkost (Perfetto))
Land: Deutschland
Brutto-Außenumsatz (2013): 2.770 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 86
Verkaufsfläche: 1.263.254 m²
Unternehmen: Debenhams
Land: Großbritannien
Brutto-Außenumsatz (2013): 3.199 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 186
Verkaufsfläche: 1.264.607 m²
Unternehmen: Home Retail Group
Land: Großbritannien
Brutto-Außenumsatz (2013): 3.299 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 754
Verkaufsfläche: 544.533 m²
Unternehmen: Metro Group (nur Galeria Kaufhof (ohne Sport Arena und Dinea))
Land: Deutschland
Brutto-Außenumsatz (2013): 3.336 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 120
Verkaufsfläche: 1.298.820 m²
Unternehmen: Galeries Lafayette
Land: Frankreich
Brutto-Außenumsatz (2013): 3.604 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 64
Verkaufsfläche: 530.048 m²
Unternehmen: John Lewis
Land: Großbritannien
Brutto-Außenumsatz (2013): 3.764 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 41
Verkaufsfläche: 437.839 m²
Unternehmen: Casino
Land: Frankreich
Brutto-Außenumsatz (2013): 4.051 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 304
Verkaufsfläche: 546.700 m²
Unternehmen: El Corte Inglés
Land: Spanien
Brutto-Außenumsatz (2013): 9.531 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 88
Verkaufsfläche: 2.420.000 m²
Unternehmen: Marks & Spencer (ohne Spezialkonzepte)
Land: Großbritannien
Brutto-Außenumsatz (2013): 11.258 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 387
Verkaufsfläche: 1.404.958 m²
Wie es aus unternehmensnahen Kreisen heißt, wollen die Kanadier das Warenhausgeschäft auf edel trimmen. Geld soll in die Optik und Ausstattung der Geschäfte gesteckt, Präsentations- und Verkaufsflächen aufgewertet werden. In den USA hat Hudson’s Bay damit nach der Übernahme der Edelwarenhauskette Saks Fifth Avenue bereits Erfahrungen sammeln können.
Damit würde sich auch das Warenangebot ändern - hin zu höherpreisigen Artikeln und Kleidung. Unter anderem wird spekuliert, dass die Nobelmarke Saks nach Deutschland gebracht werden könnte - als Ergänzung, ohne Kaufhof als Kernmarke abzulösen.
Hudson's Bay will E-Commerce bei Kaufhof ausbauen
Einen deutlichen Ausbau dürfte das Online-Geschäft von Kaufhof erfahren. Wie Insider berichten, will die Kette stark in den Ausbau des Online-Handels investieren und ihn besser mit den Filialen verzahnen. Liegt der E-Commerce-Anteil derzeit noch deutlich im einstelligen Bereich, soll er demnach unter Kontrolle von Hudson’s Bay auf 15 bis 20 Prozent ausgebaut werden. Die Marke soll der Konzern im Nordamerika-Geschäft bereits erreicht haben.
Erwartet wird, dass Kaufhof für die Hudson’s Bay nur ein erster Anlauf ist, um in Europa Fuß zu fassen. Die deutsche Warenhauskette könnte die Basis für die Expansion auf dem Kontinent sein, möglicherweise auch durch weitere Übernahmen. Ohne Namen zu nennen bekräftigte HBC-Eigentümer Richard Baker am Rande der Hauptversammlung in der vergangenen Woche die Wachstumspläne im Ausland. HBC sei auf der Suche nach Objekten, die die Chance für Synergieeffekte bieten oder die über ein großes und wertvolles Immobilienportfolio verfügen.