Kaufland listet Mars und Iglo aus Wie Aldi die Konkurrenz vor sich hertreibt

Produkte von Iglo und Mars sind aus den Regalen der Supermarktkette Kaufland verschwunden. Strafaktionen und Lieferboykotte häufen sich, weil ein Unternehmen den Preiskampf in der Branche dominiert: Aldi.

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Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands

Vergangenen Samstag, eine Kaufland-Filiale im Düsseldorfer Stadtteil Derendorf: Die Suche nach Produkten des Tiefkühlkostherstellers Iglo läuft ins Leere. Keine Fischstäbchen, kein Rahmspinat mit dem Blubb, keine in Aluschachteln gezwängten Schlemmerfilets. Zwar sind die Tiefkühltruhen nicht gänzlich leer, sondern notdürftig mit Kaufland-Eigenmarken und Produkten des Iglo-Hauptwettbewerbers Frosta ausstaffiert. Kunden, die speziell nach Iglo-Produkten suchen, bleibt nur die hilfesuchende Frage an das Personal. Die Mitarbeiterin antwortet genervt: „Nein, Iglo-Produkte haben wir nicht mehr und kriegen wir auch nicht mehr.“

Ähnlich trist ist die Lage in der Süßwarenabteilung, jedenfalls für alle die, die nach Riegeln der Firma Mars suchen. Mars, Snickers, Bounty oder Twix finden sich nämlich nur noch vereinzelt, dazu ein paar Tüten mit M&M’s, ein paar Milky Way-Riegel – die Reste sozusagen. Der Ausverkauf ist in vollem Gange, auch hier wird es vorerst keinen Nachschub geben.

Zwischen Kaufland und Iglo sind die Meinungsverschiedenheiten offenbar derart eskaliert, dass Iglo die Belieferung von Kaufland eingestellt hat. „Iglo und Kaufland konnten sich bis jetzt nicht über die strategische Ausrichtung und Ausgestaltung der weiteren Zusammenarbeit einigen“, heißt es von Iglo-Seite. Eine Kaufland-Sprecherin sagt hingegen, Iglo habe eigenständig und ohne Angaben von Gründen die Belieferung an Kaufland eingestellt.

Chronologie: Der Aufstieg von Aldi

Ähnlich ist die Gemengelage zwischen Kaufland und der Deutschland-Tochter des US-Konzerns Mars aus Virginia. „Die Firma Mars hat zum 1. März die Belieferung an Kaufland eingestellt“, heißt es von Kaufland-Seite. Ein Mars-Sprecher bestätigt, dass die Zusammenarbeit mit Kaufland nach wochenlangen, fruchtlosen Verhandlungen beendet wurde. Der Lieferstopp betrifft allerdings nur die Süßwaren – Produkte von weiteren Mars-Marken wie Miracoli oder Uncle Ben's gibt es weiterhin bei Kaufland.

Liefer-Streitigkeiten häufen sich

Dass ein Krach zwischen Lieferant und Händler so hochkocht, dass er öffentlich wird, ist eher selten – dennoch fügt sich der Fall Kaufland in eine lange Serie ein. Im Jahr 2012 machte Kaufland für Bier der Brauerei Krombacher samt der Softdrinkmarken Schweppes und Orangina die Regale dicht. Dann flog Pasta der Marke Barilla raus.

Die zehn Rituale beim Aldi-Besuch
Aldi-Süd-Logo Quelle: dpa
Aldi-Nord-Logos auf Einkaufswagen Quelle: AP
Süßwarenregal bei Aldi Quelle: Kristina D.C. Hoeppner, Creative Commons, CC BY-SA 2.0
Brötchenwerbung von Aldi Quelle: dpa
Jemand liest Werbeanzeigen an einer Aldi-Filiale Quelle: AP
Ein Einkaufswagen bei Aldi Quelle: dpa
Tomaten, Salat, eine Gurke und ein Messer liegen auf einer Abtropffläche Quelle: dpa

2014 warf die Kaufland-Schwesterfirma Lidl kurzfristig Coca-Cola aus den Regalen. Die Metro-Tochter Real legte sich im vergangenen Sommer bis zum Lieferstreik mit Dr. Oetker, Iglo, Haribo und anderen an. Edekas Discountkette Netto wiederum listete Funny-Frisch-Chips des Intersnack-Konzerns aus.

So sieht der Edel-Aldi aus
Aldi Quelle: Bernhard Haselbeck für WirtschaftsWoche
Eingangsbereich Aldi Quelle: Bernhard Haselbeck für WirtschaftsWoche
Kaffeeautomat bei Aldi Quelle: Bernhard Haselbeck für WirtschaftsWoche
Aldi-Markt Quelle: Bernhard Haselbeck für WirtschaftsWoche
Weinregal bei Aldi Quelle: Bernhard Haselbeck für WirtschaftsWoche
Backwaren Quelle: Bernhard Haselbeck für WirtschaftsWoche
Snackregal bei Aldi Quelle: Bernhard Haselbeck für WirtschaftsWoche

Hersteller und Händler kämpfen schon seit jeher um Konditionen und Preise. Doch seit Aldi Süd vor Monaten damit begonnen hat, Marken wie Pampers, Nivea, Ariel, Funny-Frisch-Chips oder Krombacher ins Sortiment zu nehmen, ist der Ton zwischen Markenartiklern und Handel deutlich rauer geworden.

Aldis Marken-Strategie lohnt sich offenbar

Billigangebote bei Aldi zwingen Wettbewerber wie Edeka, Rewe oder eben Kaufland oft, ihre Verkaufspreise ebenfalls zu senken. Preiserhöhungen seitens der Hersteller akzeptiert der Handel kaum noch, auch wenn diese, etwa wegen gestiegener Rohstoffpreise, berechtigt sein mögen. Derzeit zeige sich Kaufland, so heißt es in der Branche, als besonders unnachgiebig. Das Unternehmen setzt mit 650 Filialen in Deutschland und ebenso vielen Läden in sieben Auslandsmärkten rund 20 Milliarden Euro um.

Derweil plant Aldi den nächsten Markencoup und will die Zusammenarbeit mit den Konsumgüterriesen Procter & Gamble und Nestlé ausbauen, berichtet die „Lebensmittelzeitung“. So würden in den Filialen von Aldi Nord bald prominente Neuzugänge die Regale zieren, darunter Pampers-Windeln, Ariel-Waschmittel, Wagner Pizza und die Shampoo-Marke Head & Shoulders. Laut der „Lebensmittelzeitung“ nimmt der Discounter damit vor allem jüngere Zielgruppen ins Visier.

Diese Marken haben das beste Preis-Leistung-Verhältnis
Alkoholfreie Getränke: Gerolsteiner Quelle: imago images
Automobil: Skoda Quelle: imago images
Autozubehör und -services: Carglass Quelle: imago images
Banken: ING-Diba Quelle: imago images
Bauen und Einrichten: Ikea Quelle: dpa
Biere: Krombacher Quelle: obs
Consumer Electronics: Samsung Quelle: dpa

In der Branche war zuvor bereits gerätselt worden, mit welchen Marken der Discounter Anfang 2016 vorpreschen würde. Dass Aldi neue Marken ins Sortiment nehmen würde, stand für Beobachter hingegen schon seit längerem fest. Schließlich baut Aldi bereits seit mehr als drei Jahren sein Markensortiment systematisch aus.

Aldi ist beim Preis das Maß der Dinge

Den Anfang machte 2012 die Hereinnahme von Coca-Cola. Seither fanden bei Aldi Süd auch Krombacher-Bier, Lenor-Waschmittel , o.b.-Tampons und mehr als 70 weitere Promi-Produkte Eingang ins Sortiment. Im Norden sind es bisher rund 50 Artikel, darunter etwa die Chipsmarke Funny Frisch.

Im Lebensmittelhandel gilt Aldi nach wie vor als Maß aller Dinge, was die Preise betrifft. Senkt der Billigheimer den Preis für Nudeln, ziehen die Wettbewerber zähneknirschend nach. Erhöht Aldi die Buttertarife, atmet die Konkurrenz auf und schlägt selbst zu.

In der Vergangenheit blieb Aldis Preisführerschaft jedoch ausschließlich auf Aldi-Eigenmarken beschränkt. Im Zuge der Markenoffensive weiten sich Aldis Ansprüche jedoch aus – zum Ärger der Konkurrenz, die ihrerseits den Rotstift zücken muss. Regelmäßig sorgen Einlistungen neuer Marken bei Aldi daher für hektische Preisanpassungen der Konkurrenz. Bestes Beispiel: Red Bull.

Vor einem Jahr verkaufte der Aldi-Rivale Lidl die 0,25 Liter Dose des Energydrinks für 1,49 Euro. Als Aldi zum gleichen Preis eine 0,33-Liter-Dose in die Regale stellte, brach ein Brausekrieg los. Lidl senkte den Preis auf 1,12 Euro und unterbot damit – umgerechnet auf die gleiche Menge – den Aldi-Preis. Wettbewerber wie Penny und Real befeuerten mit zeitlich befristeten Aktionsangeboten den Abwärtsdruck. Inzwischen gibt es das Kultgesöff mit preisbelebender Wirkung teils für 0,95 Euro, ein Drittel weniger als Anfang 2015.

Für Aldi lohnt sich der Vorstoß offenbar. Die Markenprodukte ziehen neue Kunden in die Läden, die ihre Einkaufswägen dann auch mit margenstarken Verkaufsschlagern befüllen. Gleichwohl ist die Strategie riskant. Die Gefahr, von der Konkurrenz zumindest zeitweise unterboten zu werden und damit das Image als Preisführer aufs Spiel zu setzen, steigt mit jeder Einlistung.

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