Kellerhals' nächster Streich Machtkampf um Media-Saturn eskaliert

Die Dauerfehde bei Media-Saturn eskaliert zusehends. Der Streit zwischen Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals und dem Metro-Konzern schlägt auf den Vorstand durch – der Finanzchef muss wohl seinen Posten räumen.

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Media-Saturn-Veteran Erich Kellerhals vor Elektromärkten Quelle: dpa, imago, Montage

Mit seinem Versuch, den ungeliebten Media-Saturn-Chef Pieter Haas loszuwerden, ist Erich Kellerhals im April vor Gericht gescheitert. Allein, die juristische Schlappe hat den rebellischen Milliardär nicht gezähmt.

Im Gegenteil: In der Dauerfehde mit dem Düsseldorfer Handelskonzern Metro um die Kontrolle des größten Elektronikhändlers Europas strebt der Minderheitsgesellschafter Kellerhals nun die nächste große Machtprobe an – diesmal mit weit besseren Erfolgsaussichten.

Bei der Gesellschafterversammlung der Media-Saturn-Holding (MSH) am 15. April lehnten Vertreter der Kellerhals-Gesellschaft Convergenta, die 21,6 Prozent an MSH hält, eine Verlängerung des Vertrags mit Finanz- und IT-Chef Oliver Seidl ab. Das erfuhr die WirtschaftsWoche aus Unternehmenskreisen. Damit muss der Manager Ende März 2016 wohl seinen Posten räumen, sollte den Metro-Juristen nicht noch ein Schachzug einfallen, um Seidl weiter an Bord zu halten.

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In der MSH-Zentrale im bayrischen Ingolstadt ist Seidl schon seit geraumer Zeit umstritten – nicht nur bei Kellerhals-Getreuen. Für den früheren Chef des später insolventen fränkischen Fernsehherstellers Loewe sei der Wechsel zu MSH schlicht eine Nummer zu groß gewesen, urteilt ein Unternehmenskenner. Seidl sei ein „exzellenter Finanzexperte mit sehr großer Erfahrung“, hält eine MSH-Sprecherin dagegen, ohne auf die Entscheidung der Gesellschafterversammlung einzugehen. Auch Convergenta schweigt.

Eskalierender Streit

Klar ist: Ohne Finanzvorstand ist der Elektronikhändler, der 2013/14 rund 21 Milliarden Euro Umsatz erzielte, kaum zu steuern. Damit droht das seit einem Jahr andauernde Führungsproblem vollends zu eskalieren. Entnervt vom Zwist zwischen Kellerhals und Metro, hatte damals der MSH-Chef Horst Norberg seinen Dienst quittiert.

Daraufhin übernahm der Holländer Haas gegen Kellerhals’ Widerstand die Geschäfte. Der Manager sei nur geholt worden, um finanzielle Vorteile für Metro zu erlangen, ohne Rücksicht auf die möglichen Nachteile für Media-Saturn, warf Kellerhals Metro vor und wollte ihn schon vergangenes Jahr per einstweiliger Verfügung aus dem Amt drängen. Im damals losgetretenen Rechtsstreit unterlag Kellerhals jedoch.

Die Handelskammer des Landgerichts Ingolstadt wies Mitte April eine Klage zurück, mit der die Abberufung von Haas an der Unternehmensspitze erreicht werden sollte. Die Bestellung von Haas ist aus Sicht der Kammer nicht zu beanstanden, relevante Pflichtverstöße lägen nicht vor. "Allein die persönliche Enttäuschung der Klägerin rechtfertigt die Abberufung von Herrn Haas nicht", heißt es in der Begründung des Gerichtes.

Ob eine gerichtliche Entscheidung in Sachen Seidl ähnlich klar ausfallen würde, darf bezweifelt werden.

Bei der Bestellung von Haas nutzte Metro ein vertraglich fixiertes Entsendungsrecht für einen der Führungsposten. Damit haben die Düsseldorfer ihren Personal-Joker aber verbraucht. Um einen neuen Finanzgeschäftsführer zu küren, müssen sich die Parteien arrangieren. Kellerhals soll dem Vernehmen nach eine Aufspaltung der bisher von Seidl verantworteten Bereiche Finanzen und IT in separate Ressorts vorgeschlagen haben.

Streit ist geil - Was hinter dem Zwist steckt

Ob sich die Idee durchsetzt, ist fraglich. Zu vergiftet ist das Klima zwischen den Kontrahenten. Dazu trug auch der jüngste Neuerwerb des MSH-Managements bei. So drückte der Vorstand Mitte April die Übernahme der Mehrheit am Online-Portal iBood.com durch.
Das niederländische Unternehmen, das MSH hochtrabend als „Europas größte Liveshopping-Plattform“ feiert, verramscht ähnlich wie Groupon täglich andere Produkte, von Messersets bis zu Sonnenbrillen. Schon vor Jahren soll sich MSH für die Schnäppchenschleuder und die kühnen Wachstumspläne der Gründer interessiert haben.

Bis 2014 sollte der Umsatz laut einer internen iBood-Präsentation auf mehr als 100 Millionen Euro steigen. In der Realität sind es zwar nur 36,4 Millionen Euro geworden. Für die MSH-Leitung ist das offenbar aber kein Problem: „Wir sehen bei diesem noch jungen Unternehmen großes Entwicklungspotenzial“, sagt eine Sprecherin.

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Personalquerelen, Streit um Zukäufe und endlose Gerichtsverfahren – keine Frage, der Stellungskrieg zwischen den MSH-Gesellschafter nimmt immer skurrilere Formen an und hat dazu beigetragen, das Unternehmen zeitweise zu lähmen. Für Außenstehende ist indes kaum noch nachvollziehbar wie der Konflikt eigentlich begann – und selbst Insider rätseln wie er je wieder beigelegt werden kann.

Dabei sah es Anfang 2011 nur nach einer Formalie aus, als Metro-Juristen in der Unternehmenssatzung einen Passus ausgruben, der bis dahin keine Rolle gespielt hatte: Die Möglichkeit, einen Unternehmensbeirat einzuberufen. Das Kalkül dahinter: Metro gehört zwar der Großteil der Stimmrechte bei MSH. Beim Verkauf der Anteile hatten sich die Gründer jedoch umfangreiche Minderheitsrechte einräumen lassen. Der damalige Metro-Chef Eckhard Cordes wollte über die Beiratskonstruktion Kellerhals‘ Veto-Macht brechen.

Entsprechend heftig reagierte der Milliardär: Er warf Cordes vor, sein „Lebenswerk" zerstören zu wollen, und prozessierte sich fortan durch die Instanzen. Dabei ging es weniger um die Gründung des Beirats an sich, als um dessen Zuständigkeit und die Stimmengewichtung innerhalb des Gremiums. Bis heute laufen Gerichtsprozesse zu den Themen.


Auch Cordes-Nachfolger Koch hat den Dauerclinch nicht beenden können. Im Gegenteil: Nach wie vor stehen sich die Parteien unversöhnlich gegenüber. So feuert Kellerhals über seine Website regelmäßig in Richtung Koch und Metro. Die Vertrauenskultur bei MediaSaturn habe sich durch den "Angriff der Metro" in eine "Misstrauenskultur" gewandelt, schreibt der 75-Jährige etwa.

Eine Lösung würde aus Kellerhals‘ Sicht auf einen Verkauf des MSH-Anteils durch Metro hinauslaufen. Er selbst stünde als Käufer bereit.
Doch Koch hält an MSH fest. Banken hätten zwar Optionen für die Zukunft der Kette geprüft, sagte er bei der Hauptversammlung des Konzerns in Düsseldorf. Sie hätten mehrere Möglichkeiten auf den Tisch gelegt, doch habe sich keine davon als erfolgversprechend erwiesen.

Und so steht Ingolstadt derzeit wohl nur eines fest: Der Streit geht weiter.

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