Kochboxen-Versender Hellofresh: Streit um Betriebsratswahl eskaliert weiter

Hellofresh Quelle: HelloFresh

Der Streit um einen Betriebsrat bei Hellofresh geht in die nächste Runde. Ende 2022 hatte das Arbeitsgericht Berlin entschieden, einen Wahlvorstand einzusetzen. Dagegen hat das Unternehmen nun Beschwerde eingereicht.

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Bei dem Kochboxen-Versender Hellofresh (Umsatz: rund sechs Milliarden Euro) verzögert sich eine Betriebsratswahl in der Berliner Firmenzentrale weiter. Ende November hatte das Arbeitsgericht Berlin entschieden, einen Wahlvorstand bei dem Unternehmen einzusetzen – nachdem die Gewerkschaft Verdi dies vor Gericht beantragt hatte. Nach Eingang der schriftlichen Begründung des Gerichts Anfang Dezember hatte Hellofresh vier Wochen Zeit, dagegen Beschwerde einzureichen. Am letzten Tag vor Ablauf dieser Frist, am vergangenen Montag, informierte der Hellofresh-Vorstand nach WirtschaftsWoche-Informationen seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dies getan zu haben.

Auf Anfrage schreibt Hellofresh: Das Unternehmen sei der Auffassung, dass das Arbeitsgericht Berlin „nicht alle rechtlichen Aspekte ausreichend und zutreffend gewürdigt hat“. Hellofresh habe deshalb „wie auch die Gewerkschaft“ von seinen „gesetzlichen Rechten Gebrauch gemacht und Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin eingelegt“.

Angestellte von Hellofresh versuchen schon seit mehreren Monaten, am Firmensitz in Berlin einen Betriebsrat wählen zu lassen. Dabei stehen sich die Initiatoren und die Vorstandsmitglieder mit gegensätzlichen Auffassungen gegenüber. Um eine Betriebsratswahl durchführen zu können, muss in Deutschland ein Wahlvorstand gewählt werden. Mit diesem Ziel hatten einige Hellofresh-Angestellte im Juni 2022 via Aushängen und Rundmails über die Wahl informiert und eine Vollversammlung in Berlin ausgerufen.

Rundmail der Geschäftsführung: Werbung gegen Betriebsrat

Die Geschäftsführung wiederum formulierte ebenfalls eine Rundmail an die Belegschaft, in der sie mehreren Medienberichten zufolge darum geworben haben soll, weiterhin ohne Betriebsrat auszukommen. Auf der Vollversammlung scheiterte die Wahl eines Wahlvorstands knapp. Nach Auffassung der Initiatoren und der Gewerkschaft Verdi lag dies vor allem an einer einseitigen Informationspolitik des Vorstands. Daraufhin wandten sich die Initiatoren unter den Hellofresh-Mitarbeitern mithilfe von Verdi an das Arbeitsgericht Berlin.

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von Philipp Schneider

Gegenüber der WirtschaftsWoche teilt Hellofresh mit: „Unsere Mitarbeitenden haben selbstverständlich das Recht, jederzeit einen Betriebsrat zu gründen und dafür einen Wahlvorstand zu wählen.“ Man sei aber der Überzeugung, dass „eine zeitgemäßere Form der Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden und Unternehmensleitung für Hellofresh zielführender wäre als ein klassischer Betriebsrat“. Konkret nennt Hellofresh eine Art von „freiwilliger Mitbestimmung“ sowie „umfassende Beteiligungsrechte“ für interessierte Mitarbeiter, die über das Betriebsverfassungsgesetz hinausgingen.

Mit der Beschwerde gegen die gerichtliche Entscheidung adressiert Hellofresh nun die Angelegenheit an die nächsthöhere Instanz: Zuständig ist nun das Landesarbeitsgericht Berlin.

Hellofresh wurde Ende 2011 vom WHU-Absolventen Dominik Richter in Berlin gegründet. Das Unternehmen verschickt im Abo kleine Boxen, die Kochrezepte und die dafür notwendigen Zutaten enthalten. Das Unternehmen ging 2017 an die Börse und war im Zuge der Erweiterung im September 2021 in den Dax aufgestiegen. Im vergangenen September musste das Unternehmen dort wieder Platz machen für Siemens Energy und rutschte in den MDax ab.

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