
Die Mitarbeiter des angeschlagenen Warenhauskonzerns Karstadt müssen sich weiter in Geduld üben. Beschlüsse über die Sanierung und über mögliche Standortschließungen wird der Aufsichtsrat frühestens am 21. August fassen. Dann erst wird das Kontrollgremium zusammenkommen - statt wie ursprünglich geplant in der kommenden Woche. Dies teilten Finanzchef Miguel Müllenbach und Arbeitsdirektor Kai-Uwe Weitz der Belegschaft in einem Brief mit.
"Uns ist es sehr wichtig, für eine fundierte und verlässliche Konzepterstellung und Planung ausreichend Zeit zu finden", erklärten die beiden Manager, die den Kaufhof-Konkurrenten seit dem abrupten Weggang von Vorstandschefin Eva-Lotta Sjöstedt leiten.
Karstadts Krisen-Chronik
Mit seinem früheren Mutterkonzern Arcandor war Karstadt 2009 in die Insolvenz gerutscht. Im Juni 2010 stieg Investor Nicolas Berggruen ein. Von seinem Einspringen wurde die Wende erhofft. Die Chronik der Krise.
Für die wichtigsten Arcandor-Gesellschaften - darunter die Karstadt Warenhaus GmbH - wird am 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Am 1. Dezember wird bekannt, dass zehn Karstadt-Standorte mit teils mehreren Häusern nach Angaben der Insolvenzverwaltung geschlossen werden sollen. Etwa 1200 Mitarbeiter sind betroffen.
Beim Essener Amtsgericht wird am 15. März ein Insolvenzplan vorgelegt. Am 12. April stimmen die Gläubiger dem Plan zu. Am 1. Juni haben von bundesweit 94 Kommunen bis auf drei bereits alle einem Verzicht auf die Gewerbesteuer zugestimmt. Die im Insolvenzplan geforderte Zustimmungsquote von 98 Prozent gilt damit als sicher. Nur sechs Tage später erhält die Berggruen Holding vom Gläubigerausschuss den Zuschlag zur Übernahme. Einen Tag später unterschreibt Berggruen den Kaufvertrag unter Vorbehalt. Berggruen fordert vom Karstadt-Standortvermieter Highstreet deutliche Mietsenkungen. Am 14. Juni endet eine erste Verhandlungsrunde zu den künftigen Mieten ohne Ergebnis. Am 20. Juni lehnt Berggruen ein Angebot von Highstreet über Mietsenkungen von mehr als 400 Millionen Euro ab.
Am 26. August hat sich Berggruen mit der Essener Valovis-Bank geeinigt: Die Bank hatte Highstreet ein Darlehen über 850 Millionen Euro gewährt und dafür im Gegenzug 53 Waren-, Sport- und Parkhäuser als Sicherheit erhalten. Man habe sich unter anderem darauf verständigt, dass Berggruen dieses Darlehen bis 2014 ablösen könne, heißt es. Am 2. September stimmen die Highstreet-Gläubiger den geforderten Mietsenkungen zu.
Am 30. September hebt das Essener Amtsgericht das Insolvenzverfahren auf. Damit erhält Berggruen zum 1. Oktober die Schlüsselgewalt für die Karstadt Warenhaus GmbH. 40.000 Gläubiger verzichten auf zwei Milliarden Euro. Die Belegschaft verzichtet auf 150 Millionen Euro.
23. November: Der frühere Woolworth-Manager Andrew Jennings wird zum neuen Karstadt-Chef bestellt. Er beginnt Anfang Januar 2011.
Jennings legt am 6. Juli das Konzept „Karstadt 2015“ vor: Modernisierung der Warenhäuser, stärkeres Online-Geschäft und Expansion der Sporthäuser sind der Kern.
Am 16. Juli kündigt Karstadt die Streichung von 2000 Stellen an.
Karstadt kündigt am 13. April 2013 eine „Tarifpause“ für die Beschäftigten an. Am 9. Juni bestätigt das Unternehmen, dass der Vertrag von Karstadt-Chef Jennings zum Jahresende ausläuft.
Im Februar kommt Ikea-Managerin Eva-Lotta Sjöstedt nach Essen und übernimmt den Geschäftsführerposten. Am 7. Juli legt Sjösted nach nur fünf Monaten alle Ämter nieder. Als Grund dafür nennt sie, dass die „Voraussetzungen“ für den von ihr angestrebten Weg nicht mehr gegeben seien.
Der Österreicher René Benko kauft Karstadt im August für nur einen Euro. Der bisherige Eigentümer Nicolas Berggruen zieht sich komplett zurück. Die Sanierungsaufgaben bleiben gewaltig.
"Weil wir uns unserer Verantwortung Ihnen gegenüber sehr bewusst sind, müssen wir uns die Zeit nehmen, die wir für eine solide Strategie und belastbare Aussagen brauchen", heißt es in dem Brief. Sie gingen davon aus, dass Karstadt mit den erforderlichen Schritten eine Zukunftschance habe.
"Es geht um Arbeitsplätze"
Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt, der auch stellvertretender Aufsichtsratschef ist, begrüßte die Verschiebung der Sitzung. Es müssten detaillierte Zahlen, Informationen und Pläne auf den Tisch, um über die Zukunft von Karstadt und seiner Mitarbeiter überhaupt vernünftig beraten zu können, sagte er am Freitag. "Ich brauche Planungssicherheit."
Er wolle Klarheit darüber, was hinter den Sanierungsplänen stecke. "Es geht um Arbeitsplätze. Das ist ein ernstes Thema. Da ist es mir lieber, ich habe eine fundierte Grundlage", sagte Patzelt, der mit der Geschäftsführung über eine Standort- und Beschäftigungssicherung verhandeln will.
"Wir erwarten, dass der Eigentümer und die Geschäftsleitung diese Sitzungsverschiebung dazu nutzen, um die schon längst fällige Klarheit über den künftigen Kurs des Unternehmens herzustellen, das heißt ein tragfähiges Zukunftskonzept vorzulegen", erklärte Stefanie Nutzenberger, Bundesvorstandsmitglied der Gewerkschaft Verdi. "Dazu gehört, dass Investitionen erfolgen."