Die Kette lässt sich für ihre Schlüsselposition gut entlohnen. Nicht nur bei klassischen Verhandlungen um Einkaufspreise geht es zur Sache. Marktleiter versuchen sich bisweilen als Kioskbetreiber für die Industrie und lassen sich Werbebotschaften auf Wänden, Aufzügen und Aufstellern in ihren Filialen teuer bezahlen. So berichtet ein ehemaliger Marktleiter, wie er eine Fußboden-Werbung für mehrere Tausend Euro verkaufte. Herstellerlogos an Werbeflächen brachten ihm 3.000 bis 5.000 Euro, noch teurer sei ein bevorzugter Platz für eine Palette mit Waren.
Teure Werbeplätze
Noch wichtiger sind Werbekostenzuschüsse, im Branchenjargon mit WKZ abgekürzt, für die hauseigenen Prospekte. Die Hersteller seien „rege bemüht“, vor allem in den Computerflyern vertreten zu sein, schreibt der frühere Marktgeschäftsführer Jürgen Cleve in seinem Buch „Media Markt – Wie blöd ist das Konzept wirklich?“ Die Industrie zahlt dafür, dass ihre Digitalkameras und Notebooks hier präsentiert werden. WKZ sind im Einzelhandel nichts Ungewöhnliches. Doch die Marktmacht von MediaSaturn führt nach Herstellerangaben zu besonders üppigen Forderungen. So sei es oft üblich, dass drei bis fünf Prozent des Jahresumsatzes, den ein Hersteller über Media Markt generiert, wieder an die Handelskette zurückfließe.
„Wir legen größten Wert auf ein partnerschaftliches Verhältnis mit der Industrie“, heißt es dazu aus Ingolstadt. Das Unternehmen möchte „betonen, dass es legal ist, Werbekostenzuschüsse, Boni oder Rückvergütungen zu vereinbaren“.
MediaSaturn hat ein in Deutschland „einzigartiges System des dualen Abmelkens“ aufgebaut, sagt dagegen der Vertriebschef eines Herstellers. Ob PC, Fernseher oder Waschmaschine – jeder Hersteller muss in der Zentrale antanzen, sein „tolles Produkt“ vorstellen und meist Eintrittsgebühren für Listings entrichten. Danach steigen Marktleiter in die Detailverhandlungen ein und quetschen oft zusätzliche Rabatte heraus.
Von den Anfängen des Unternehmens
Als 1979 der erste Media Markt in München eröffnete, waren die Machtverhältnisse noch anders. Die Industrie diktierte dem Gründerquartett Leopold Stiefel, Erich und Helga Kellerhals sowie Walter Gunz die Spielregeln. Doch schnell stieg Media Markt zu einer lokalen, später nationalen und internationalen Größe auf. Dabei half die Warenhauskette Kaufhof (heute Metro), die 1988 einstieg. Inzwischen ist die Media-Saturn-Holding (MSH) in 16 Ländern präsent, setzte 2011 weltweit 20,6 Milliarden Euro um.
Das Erfolgsgeheimnis: Die Gründer machten Marktleiter zu Mitunternehmern. Sie halten bis heute zehn Prozent der Anteile ihres Marktes und entscheiden weitgehend über Sortiment, Werbung und Ladeninterieur. Preise variieren von Markt zu Markt. Die zweite Leistung: Dank endlos repetierter Werbesprüche der Sorte „Ich bin doch nicht blöd“ oder „Lasst euch nicht verarschen“ baute die Kette ein geniales Image auf: Media Markt gerierte sich als Preisführer, feierte sich als „saubillig – und noch viel mehr“. Doch Preisvergleiche und aggressive Online-Anbieter entzaubern das Billigversprechen als Marketingmasche.
Mit dem Einstieg des Discounters Aldi in den Computerverkauf Ende der Neunzigerjahre geriet Media Markt unter Druck – und die dezentrale Struktur ins Wanken. Um mit den Aldi-Preisen mitzuhalten, brauchte Media Markt hohe Absatzmengen. Die Holding in Ingolstadt bündelte fortan den Computer-Einkauf und drückte die Geräte über bundesweit einheitliche Prospekte in die Märkte. Nach und nach wurden weitere Bereiche zentralisiert.