Krisengipfel zum Verkauf der Supermarktkette Wird Kaiser’s Tengelmann jetzt zerschlagen?

Am Abend treffen sich die Chefs von Edeka, Tengelmann und Rewe. Es geht um nichts Geringeres als die Zukunft der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann – und viele Jobs. Die wichtigsten Fragen zum Gipfeltreffen.

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Im festgefahrenen Verkaufsprozess soll ein Spitzengespräch den Durchbruch bringen. Quelle: dpa

Düsseldorf Zwei Jahre lang dauert nun schon der Konflikt um Kaiser’s Tengelmann. Auslöser war der geplante Verkauf der angeschlagenen Supermarktkette an den Edeka. Seitdem geht es hin und her: Das Bundeskartellamt hat den Verkauf verboten, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel dagegen eine Ministererlaubnis ausgesprochen, die wiederum von einem Gericht kassiert wurde. Jetzt starten die Beteiligten einen letzten Versuch, eine Lösung zu finden.

Warum soll Kaiser’s Tengelmann verkauft werden?

Die Supermarktkette macht seit mindestens 15 Jahren durchgehend Verluste, die das Familienunternehmen Tengelmann bisher aus den Gewinnen anderer Töchter wie Obi oder Kik ausgeglichen hat. Insgesamt sollen sich die Verluste auf mehr als 500 Millionen Euro summieren. Dazu war Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub jetzt nicht mehr bereit. Außerdem sah er keine Chance für Kaiser’s Tengelmann gegen die übermächtige Konkurrenz von Edeka und Rewe und der Discounter mittelfristig wieder in die Gewinnzone zu kommen.

Warum hat sich die Politik eingemischt?

Das Bundeskartellamt hat den geplanten Verkauf an den Marktführer Edeka aus Wettbewerbsgründen verboten. Daraufhin haben Tengelmann und Edeka eine Ministererlaubnis beantragt. Die hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel erteilt, obwohl auch die von ihm beauftragte Monopolkommission keine Gemeinwohlgründe gesehen hat, die die Wettbewerbsnachteile überwiegen. Gabriel sieht die Chance, sich als Retter der Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann politisch zu profilieren.

Die Gewerkschaft Verdi hat das heutige Spitzentreffen initiiert. Welches Interesse hat sie an der Fusion?

Ihr geht es um die Arbeitsplätze – aber nicht nur: Für die Ministererlaubnis hat Gabriel zur Auflage gemacht, dass über Tarifverträge nicht nur die Jobs bei Kaiser’s Tengelmann für fünf Jahre gesichert werden, sondern auch die Mitbestimmung mit den Betriebsratsstrukturen. Das gibt der Gewerkschaft Verdi eine sehr starke Stellung im Fusionsprozess. Außerdem hofft Verdi, über die Fusion beim bisher noch tarifvertragsfreien Unternehmen Edeka einen Fuß in die Tür zu bekommen.

Was stört Rewe an einer Fusion von Edeka und Kaiser’s Tengelmann?

Rewe hat Angst, dass durch die Übernahme der Hauptkonkurrent Edeka noch stärker wird – gerade in wichtigen Märkten wie Berlin und München. Deswegen will Rewe-Chef Alain Caparros die Fusion mit aller Macht verhindern. Er hofft, bei einer Zerschlagung des Unternehmens auch noch eine größere Zahl attraktiver Märkte abzubekommen.

Welchen Sinn hat das Spitzentreffen?

Beim Treffen von Edeka-Chef Markus Mosa, Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub und Rewe-Chef Alain Caparros soll versucht werden, eine Lösung zu finden, mit der in letzter Minute eine Insolvenz und eine unkontrollierte Zerschlagung von Kaiser’s Tengelmann verhindert werden könnte. Sicher werden Haub und Mosa noch einmal versuchen, Rewe zu überzeugen, ihre Klage gegen die Ministererlaubnis zurückzuziehen. Dazu wird Caparros aber nicht bereit sein. Auch der Discounter Norma hat bereits erklärt, dass er seine Klage nicht zurückziehen will.

Gibt es noch eine andere Lösung?

Alternativ könnte über eine Aufteilung von Kaiser’s Tengelmann gesprochen werden. Dann aber muss das Kartellamt wieder mitentscheiden, was Monate dauern kann. Denn auch zahlreiche weitere Handelsunternehmen lauern auf gute Standorte, so zum Beispiel der Schweizer Handelskonzern Migros mit seiner deutschen Tochter Tegut.


Wie viele Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel?

Was passiert, wen es heute keine Einigung gibt?

Am morgigen Freitag findet die turnusmäßige Aufsichtsratssitzung von Kaiser’s Tengelmann statt. Dort wird dann Haub einen Plan vorlegen, der Szenarien für eine Zerschlagung des Unternehmens enthält. Hinauslaufen wird es darauf, dass Dutzende Filialen geschlossen und mehrere tausend Arbeitsplätze abgebaut werden. Da Haub Eigentümer ist, braucht er keine Zustimmung des Aufsichtsrats für die Pläne. Auch den Kaufvertrag mit Edeka hat er ohne Zustimmung der Aufsichtsräte geschlossen.

Wie viele Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel?

Als vor zwei Jahren der Kaufvertrag zwischen Tengelmann und Edeka geschlossen wurde, hatte Kaiser’s Tengelmann 451 Filialen und rund 16.000 Mitarbeiter. In der Zwischenzeit wurden zahlreiche Märkte geschlossen, deren Mietverträge ausgelaufen sind, so dass es zum Ende dieses Jahres nur noch gut 400 Läden sein werden. Damit sind auch schon viele Arbeitsplätze verloren gegangen. Außerdem sind zahlreiche Mitarbeiter wegen der ungeklärten Situation zu Wettbewerbern gewechselt.

Gibt es noch eine juristische Möglichkeit, die Fusion durchzusetzen?

Gabriel, Edeka und Tengelmann haben beim BGH Beschwerde gegen den Stopp der Ministererlaubnis eingelegt. Ob die angenommen wird, entscheidet der BGH  am 15. November. Einen Tag später beginnt die Hauptverhandlung vor dem OLG Düsseldorf über die Beschwerden von Rewe, Markant und Norma gegen die Ministererlaubnis. Außerdem haben Tengelmann und Edeka gegen die Untersagung des Kartellamtes geklagt.

Warum wartet Haub diese Verfahren nicht noch ab?

Zum einen hat er kaum noch Hoffnung, dass die Gerichte in seinem Sinne entscheiden werden. Außerdem läuft ihm die Zeit davon. Das Unternehmen produziert mittlerweile jeden Monat zehn Millionen Euro Verluste. Und es wird wegen der Abwanderung von Mitarbeitern immer schwieriger, den Betrieb aufrechtzuerhalten.

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