Kritik an Streckensperrung „Die Bahn ist da noch der alte Staatsbetrieb“

Ein Tunnel sackt ab und eine der wichtigsten Bahnstrecken Europas ist von einem Tag auf den anderen unterbrochen. Nun wächst die Kritik an der Krisenkommunikation der Bahn - und an der Verkehrspolitik des Bundes.

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An der Baustelle des Bahntunnels sind helle Betonflächen zu sehen. Dort haben sich Bahngleise abgesenkt. Zur Stabilisierung wird der Rastatter Tunnel auf 50 Metern mit Beton befüllt. Quelle: dpa

Rastatt Angesichts der andauernden Sperrung der wichtigen Rheintalbahnstrecke mehrt sich die Kritik an der Deutschen Bahn - wegen Fehlplanung und wegen des Krisenmanagements. „Die Bahn ist einfach in der Kommunikation zu langsam. Da sind sie noch der alte Staatsbetrieb“, sagte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) dem „Mannheimer Morgen“. Man brauche in solchen Fällen einen Krisenplan. „Da könnte man schon die Risiken und mögliche Zwischenfälle kalkulieren und durchspielen.“ Hermann will sich am Mittwoch selbst ein Bild von der Lage machen.

Am 12. August waren Wasser und Erdreich in eine neue Tunnelröhre nur knapp fünf Meter unterhalb der Bahntrasse bei Rastatt eingedrungen, die Gleise sackten ab. Seitdem ist die wichtige europäische Nord-Süd-Hauptstrecke zwischen Rastatt und Baden-Baden gesperrt. Wann und wie es mit dem Bau weitergeht und wann der Zugbetrieb wieder aufgenommen werden kann, ist offen.

Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) warf der Bahn schlechte Planung vor. „Wenn man da so eine große Baustelle hat, dann wäre es selbstverständlich, einen doppelten Boden zu planen“, sagte der Bundesvorsitzende Wasilis von Rauch im Radioprogramm „SWR Aktuell“. „Das heißt: Im Falle eines Unfalls, wie jetzt geschehen, sollte es einen Plan geben, wie man mit der Situation umgehen kann. Und der liegt offensichtlich nicht vor.“ Alternativstrecken seien nicht rechtzeitig ausgebaut worden, monierte er.

Minister Hermann äußerte sich im „Mannheimer Morgen“ auch verärgert über das Schienenkonzept der Bundesregierung. Im neuen Bundesverkehrswegeplan seien alle Vorschläge aus Baden-Württemberg zur Beseitigung von Engpässen abgelehnt worden. „Es rächt sich jetzt auf fatale Art und Weise, dass das Netz so ausgedünnt ist. Nur die Hauptstrecken sind modern. Nebenstrecken sind nicht elektrifiziert, nur eingleisig und weisen Engpässe auf.“ Das sei eine lange Kette der Versäumnisse, die nicht nur der amtierende Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), sondern auch seine Vorgänger und die jeweiligen Regierungskoalitionen zu verantworten hätten.

Unterdessen drängte der Fahrgastverband Pro Bahn darauf, Eisenbahnsysteme in Europa anzugleichen. „Hier von Rastatt geht eine Strecke (...) rüber nach Frankreich, die man sofort benutzen könnte“, sagte Gerhard Stolz vom Regionalverband Pro Bahn Mittlerer Oberrhein im Morgenmagazin von ARD und ZDF. „Aber da hat man in den vergangenen Jahren (...) auf europäischer Ebene einfach versäumt, dass man sagt, wir machen die Eisenbahnen kompatibeler untereinander.“ Dadurch sei das deutsche Eisenbahnnetz zweigeteilt in Norden und Süden.

Der beschädigte Tunnelabschnitt unter der abgesackten Rheintalbahn soll nach Bahn-Angaben bis Freitag auf 150 Metern Länge mit Beton gefüllt sein. Anschließend sollen die Gleise wiederhergestellt werden. Am Wochenende hatte das Unternehmen mitgeteilt, die Ursachenforschung für den Schaden beim Bohren des Tunnels könne länger dauern.

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