Seit März wird kräftig gelockert: Der Zugang zur Gastronomie ist schon jetzt wieder für Ungeimpfte mit einem negativem Test möglich. Ab dem 20. März sollen dann die meisten anderen Coronaeinschränkungen wegfallen. Das freut nicht nur die Betreiber von Restaurants und Kneipen, sondern auch die großen Brauereien, für die das Gastronomiegeschäft von besonderer Bedeutung ist.
„Wir erwarten auf jeden Fall Nachholbedarf in der klassischen Gastronomie und hier auch ganz besonders in der Außen-Gastronomie“, sagt Bitburger-Chef Axel Dahm der WirtschaftsWoche. Da Bitburger Marktführer unter den Fassbiermarken sei, werde sein Unternehmen „überproportional davon profitieren“, wenn sich das Leben der Menschen wieder normalisiere.
Mit „positiven Absatzeffekten“ rechnet auch Warsteiner-Chef Helmut Hörz. „Die Menschen freuen sich, endlich wieder gemeinsam ein Bier in geselliger Runde zu genießen“, so Hörz, der die Öffnung als wichtigen „Schritt für unsere Bierkultur“ sieht. Entscheidend sei, dass rasch noch mehr gelockert werde und auch Großveranstaltungen wieder mit einer 100-prozentigen Kapazität durchgeführt werden können, fordert Hörz. „Die historische Durststrecke muss so schnell wie möglich ein Ende finden.“
Auch bei Krombacher freut man sich über die „positiveren Perspektiven“ der Gastronomie und Eventbranche. „Sicher hilft es auch uns“, wenn sich Menschen wieder unbeschwerter in Restaurants, in ausverkauften Fußballstadien und bei Musik-Festivals oder Schützenfesten treffen können, teilt das Unternehmen mit. Es gebe aber auch Unwägbarkeiten: „Für unsere Branche spielt insbesondere die Wetterlage in Frühjahr und Sommer eine nicht unwesentliche Rolle“, heißt es bei Krombacher.
Hinzu kommt die Corona-Lage. Seit geraumer Zeit steigen die Infektionszahlen wieder. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat am Donnerstag eine Rekordzahl von 262.752 Fällen binnen 24 Stunden und damit erstmals mehr als 250.000 verzeichnete Neuinfektionen an einem Tag registriert.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warnt bereits vor weiter steigende Corona-Infektionszahlen angesichts der nach dem 20. März anstehenden Lockerungen. Lauterbach betonte, die Länder müssten die Möglichkeit haben, früh auf kommende Wellen zu reagieren. Dazu gehörten Maskenpflichten und Kontaktbeschränkungen. „Es sollte möglich sein, Obergrenzen für private Treffen und öffentliche Veranstaltungen festzulegen sowie Zutrittsregeln etwa für die Gastronomie“ - also Zugang nur für Geimpfte und Genesene (2G) oder zusätzlich etwa mit Test (2G plus). „All diese Instrumente sollten nur dann zum Einsatz kommen, wenn sie tatsächlich notwendig sind“, sagte der Minister. „Die Landesparlamente müssten das dann feststellen.“
Spitzt sich die Lage weiter zu, könnten einzelne Bundesländer demnach auch an Corona-Beschränkungen festhalten, oder diese wieder einführen.
Noch stärker dürften aber die Auswirkungen des Ukraine-Krieges den Bier-Boom dämpfen. Die Exporte der deutschen Brauereien in den wichtigen Absatzmarkt Russland sind nach der Invasion praktisch abgebrochen. Die Ausfuhren seien „nahezu flächendeckend zum Erliegen gekommen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. Im vergangenen Jahr seien rund zwei Millionen Hektoliter alkoholhaltiges Bier nach Russland geliefert worden, was 12,7 Prozent des gesamten deutschen Exports entspreche. „Russland ist damit der größte Drittlandsmarkt außerhalb der EU und der zweitgrößte Absatzmarkt insgesamt nach Italien“, so Eichele. „Nun aber sind die Exporte nahezu flächendeckend zum Erliegen gekommen und werden vermutlich auf lange Sicht entfallen.“
Auch jenseits des Exportgeschäfts dürfte der Ukraine-Krieg Folgen haben. „Ausgelassen zu feiern – danach steht den meisten Menschen derzeit verständlicherweise nicht der Sinn“, sagt Bitburger-Chef Dahm. Auch bei Radeberger musste man die an sich positive Einschätzung der Marktentwicklung zuletzt ein stückweit revidieren. „Seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine haben sich die Vorzeichen verändert, politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich – auch für unsere Branche“, teilt das Unternehmen mit. Eigentlich habe man händeringend auf Lockerungen für den Außer-Haus-Markt gewartet, „gerade, weil die Deutschen wieder spürbar Lust haben, auszugehen, sich in der Gastronomie zu treffen, Veranstaltungen zu besuchen, kurz: zu einer Art Normalität und der guten alten Geselligkeit zurückzufinden.“ Dafür würden auch „die sehr ermutigend zunehmenden Bestellungen“ seit Jahresanfang sprechen: „Die Gastronomie füllt ihre Lager“.
Allerdings „wird diese Freude nun maßgeblich von den schrecklichen Bildern aus der Ukraine überlagert“, sagt Radeberger-Sprecherin Birte Kleppien. „Es fühlt sich nicht richtig an, über Lockerungen in der Gastronomie zu jubeln und wirtschaftlich aussichtsreiche Prognosen zu geben, wenn nur zwei Flugstunden entfernt ein blutiger Krieg um keine geringeren Werte als Freiheit, Demokratie und Souveränität eines Landes geführt wird.“ Das dürften wohl auch viele Gäste so sehen.
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