Küchenmarke stellt Betrieb ein Das Trauerspiel um Alno hat ein Ende

Kein Investor will den Küchenbauer Alno übernehmen. Damit ist das Ende der traditionsreichen Küchenmarke besiegelt. Nur die Billigtochter existiert weiter – beim Konkurrenten Nobilia.

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Der insolvente Küchenbauer muss endgültig aufgeben. Quelle: dpa

Stuttgart Alno, das war der Küchenname, den wegen der Fernsehwerbung jedes Kind in Deutschland in den 70er- und 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts kannte. Aber von der Strahlkraft der einst größten deutschen Küchenmarke ist nichts mehr übrig geblieben. Ein Trauerspiel hat jetzt sein jähes Ende gefunden. Auch der letzte potenzielle Investor habe am Ende kein Kaufangebot abgegeben, nun werde der Geschäftsbetrieb eingestellt, teilte Insolvenzverwalter Martin Hörmann am Freitag mit.

Überraschen kann das wirklich niemanden mehr, selbst die krisenerprobten Beschäftigten nicht, die immer gehofft hatten, ihren Arbeitsplatz zu retten. Aber seit dem Börsengang 1995 hat Alno in den allermeisten Jahren rote Zahlen geschrieben. 2016 vervielfachte sich der Verlust auf 67 Millionen Euro. Bei solchen Zahlen muss man sich schon eher wundern, warum es so lange schon bis zur Insolvenz gedauert hat.

„Wir haben gekämpft und alles versucht, um eine tragfähige Zukunftslösung für Alno zu finden“, betonte Hörmann nach einer Mitarbeiterversammlung am Sitz in Pfullendorf. „Aber ohne einen Investor, der auch bereit gewesen wäre, entschlossen den Investitionsstau zu beseitigen und zudem erhebliche Mittel für die Fortführung des Geschäftsbetriebs investiert hätte, gibt es leider keine Zukunft für Alno.“ Er bedaure das sehr, sagte Hörmann, „denn ich sehe, was Alno für die Menschen hier in der Region bedeutet“.

Nicht einmal mitten in einer boomenden Baukonjunktur hatte es die Alno-Gruppe geschafft, schwarze Zahlen zu schreiben. Statt in moderne Fertigung zu investieren, passierte nichts. Andere Konkurrenten zeigen, dass man mit Küchen gutes Geld verdienen kann.

Alno hatte sich fest mit dem US-Konzern Whirlpool verbündet, denen auch die deutsche Marke Bauknecht gehört. Solange der Großaktionär auch als Kreditgeber auftrat, hielt sich Alno noch über Wasser. Spätestens als die Amerikaner jedoch vor zwei Jahren ihre Europa-Strategie änderten und den italienischen Indesit-Konzern kauften, verloren sie das Interesse an Alno als Absatzkanal ihrer Geräte. Das Unternehmen verlor so quasi den Boden unter den Füßen – zusätzlich zu weiteren hausgemachten Problemen.


Mitarbeiter sollen schnell die Kündigung erhalten

Bei Alno wechselten die Vorstände häufig. Die Firma war hochgradig überschuldet und wurden obendrein zum Objekt von zweifelhaften Managern und Investoren. Machtkämpfe waren an der Tagesordnung. Zuletzt kam dann auch noch eine Schlammschlacht zwischen dem früheren Management und dem jüngsten Investor, der Tahoe-Gruppe. Bei Alno soll Tahoe 100 Millionen Euro investiert haben. Tahoe gehört zum Autozulieferer Prevent und damit zum Geflecht der bosnischen Hastor-Familie, die als Autozulieferer mit einem Streik bereits die Volkswagen AG das Fürchten lehrte.

Bei Alno hatte das von der Tahoe-Gruppe eingesetzte Management Mitte Juli ursprünglich eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Martin Hörmann zum Sachwalter mit einer reinen Überwachungsfunktion berufen. Ende August beantragte Alno dann eine Regelinsolvenz. Seither führte Hörmann im Auftrag des Gerichts selbst die Regie bei Alno.

Immerhin die Alno-Tochter Pino mit ihren 230 Mitarbeitern konnte er noch an ein Konsortium um den Premiumküchen-Hersteller Nobilia verkaufen. Auch für einige Auslandsgesellschaften fanden sich Investoren. Aber der Rettungseinsatz, bei dem er wie er sagte nur von Tag zu Tag denken konnte, war letztlich von vorne herein zum Scheitern verurteilt.

Seine Hoffnungen, einen Investor für den Rest zu finden, haben sich jetzt in Luft aufgelöst. Auch der letzte Interessent wagte am Ende doch kein Angebot. Alno wird nun also abgewickelt. Die Mitarbeiter sollen bis Ende des Monats die betriebsbedingte Kündigung bekommen. Nur maximal 60 können vorerst bleiben, um spezielle Aufgaben bei der Abwicklung des Unternehmens zu übernehmen. Verwalter und Betriebsrat hätten sich auf einen Interessenausgleich und einen Sozialplan geeinigt.

Einen großen Teil der Beschäftigten konnte Alno zuletzt schon nicht mehr bezahlen. Rund 400 waren daher schon freigestellt worden. Sie hatten aber noch keine Kündigung bekommen. 170 blieben übrig, um für den Verkaufsprozess nötige Arbeiten zu erledigen. Für die Region um Pfullendorf und die Mitarbeiter ein wirklich bitteres Kapitel. Und ein ganz düsteres in der deutschen Industriegeschichte.

Mit Material von dpa.

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