Künstlerkarrieren Malen und auf den Erfolg hoffen

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Beeindruckende Denkmale

Natürlich weiß Bittersohl, dass sie, um ihre künstlerische Individualität, Integrität und Immunität zu wahren, paradoxerweise auf die überzeugte Hilfe anderer angewiesen ist - auf die ihres Berliner Galeristen Klaus-Dieter Brennecke zum Beispiel. Brennecke hat vor einem Jahr auf der „Art Karlsruhe“ vier große und zwei mittelgroße Arbeiten von Bittersohl verkauft, großartige, fast einschüchternd geheimnisvolle Bilder von Gärten, Sümpfen, Blüten, in denen die Schwüle eingefroren, die Zeit zum Stillstand gebracht, die Gegenwart versiegelt ist - Bilder, die das Diesseits transzendieren und durch die hindurch Monet und Mythos, Mystik und Memento-Mori-Motive scheinen: Ikonen der unparadiesischen Stille, der postreligiösen Andacht. Brennecke und Bittersohl hätten es sich 2016 also leicht machen können. Statt dessen stellten sie eine Serie mit riesenhaften Clowns aus, die wie Kolonialkarikaturen mit Klobürsten-Szeptern über verdüsterte Landschaften der Maltradition hinweggehen. „Kann sein, dass die Clowns die Besucher verängstigt haben“, sagt Brennecke.

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte
Fluchtweg Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Sie war's Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Was kann man sich schöneres vorstellen als ein von der LBS versprochenes Zuhause an dem Ort der Toten? Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Women Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Die Bürokratie scheint auch ihre guten Seiten zu haben. Das beweist diese Einladung zur Benutzung der Zahnbürste des Dezernats VII. Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Reduzierte Qualität. Ein echtes Schnäppchen für den Süchtigen. Das macht Appetit auf mehr Angebote dieser Art. Wie wäre es beispielsweise mit einer 36 % teureren Aspirin-Großpackung gratis dazu? Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Koksraspel

Ihn selbst ganz bestimmt nicht: „Ich vertraue Anna Bittersohl. Bin überzeugt von ihrer Arbeit. Gehe jeden Weg mit ihr.“
Anna Bittersohl ist jetzt 33. Sie rechnet ihre Bilder mit Faktor 20 ab. Beherrscht das kleine Paneel so souverän wie die große Leinwand. Hat einen klar erkennbaren Stil, einen virtuosen Strich und in jeder Hinsicht das seltene Format, das Menschen mit ausreichend Demut und Selbstbewusstsein auszeichnet. Auch im Rückblick. Als sie nach dem Abitur bei einer Mode- und Kostümschneiderin arbeitet, durch Berlin mäandert und an ihrer Mappe arbeitet, belegt sie VHS-Kurse im Aktzeichnen. Als sie zu Beginn des Studiums „die ganze Welt in ihre Bilder packen will“, lässt sie sich von ihrem Lehrer raten, „keine Kunst zu machen“, malt statt dessen Tassen, Rosen, Löwen, um zu „lernen, wie Ölfarbe sich benimmt“. Und als sie sich nach ein paar Semestern wundert, dass es tatsächlich Menschen gibt, die für ihre Bilder Geld bezahlen, lernt sie von Ralph Fleck, ihre Arbeit wertzuschätzen, ihre Preise Schritt für Schritt anzuheben. Heute sagt Anna Bittersohl: „Freiheit erwächst aus Disziplin. Und Kunst aus handwerklicher Könnerschaft“. Dem Markt begegnet sie nicht mit Hoffnung, sondern Haltung: „Einem bedeutenden Sammler ein Bild schenken, nur damit der bedeutende Sammler mich sammelt - warum sollte ich das tun?“ Lieber geht Anna Bittersohl jetzt den nächsten Schritt, so behutsam und überzeugt wie immer, raus aus der Nürnberger Komfortzone, Umzug nach Leipzig, hinein in ein neues Umfeld - mit der Gewissheit im Gepäck, dass sie jederzeit auf sich selbst und ihre Galeristen zählen kann. Und auf die Anziehungskraft der Heiligen, Wanderer und Suchenden, die ihrer Bilderwelten bevölkern, versteht sich - und denen sie beeindruckende Denkmale traditionsgewisser Zeitlosigkeit setzt.
Was aber wollen Anna Bittersohl und Henri Haake in zwanzig Jahren erreicht haben? Was kommt nach der erfolgreichen Passage durchs Nadelöhr der Mappenkommisionen, Nachwuchspreise, Meisterkurse und ersten Einzelausstellungen? Eine Professur? Der Anruf einer internationalen Top-Galerie? Die Weltkarriere? Spekulationsgetriebene Mondpreise? Blöde Fragen.

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Es geht weiter, immer weiter, das ist schon viel, das ist genug. Jeden Tag sichte er ungefragt eingesandte Bewerbungen, Portfolios, CD-Kataloge, sagt Michael Beck, geschäftsführender Gesellschafter der Galerie Beck & Eggeling in Düsseldorf, aber eine Zusammenarbeit habe sich daraus noch nie ergeben. 19 von 20 Künstlern, schätzt Birgit Maria Sturm vom Galerieverband, streichen die Segel, bevor sie ankommen, wo Bittersohl heute steht. Eine bodenständige Galerie möchte ein Partner auf Lebenszeit sein, sagt die Berlinerin Sabine Pfund: Sie versucht, die Preise für ihre Künstler Stück für Stück zu erhöhen und bloß nicht fallen zu lassen. Kein leichtes Unterfangen. Für den Künstler nicht und auch nicht für die Galerie, weil der Markt für Gegenwartskunst exakt das ist, was er ist: ein Markt für die Kunst der Gegenwart. Und die kann schnell vorbei sein. In den nächsten zehn Jahren wird es 5000 neue junge Künstler geben, die ihr Glück versuchen werden. Sie werden billig sein, hungrig, kreativ - und die Spekulationsfantasie so mancher Käufer dann vielleicht mehr anregen als Bittersohl und Haake. Und? Was wäre damit über ihre Malerei gesagt? Natürlich nichts. Also.

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