Künstlerkarrieren Malen und auf den Erfolg hoffen

Heute noch Hochschule, morgen schon eine „New Position“ auf dem Kunstmarkt? Was zählt für junge Künstler, sind nicht Genie und Talent, sondern Fleiß und Selbstanspruch.

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Nachwuchskünstler Henri Haake hofft auf seinen Durchbruch Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche

Herrlich, dieses Künstlerleben im Paris des 19. Jahrhunderts. Wir sehen den Malerdandy Édouard Manet an der Seite des Schriftstellers Charles Baudelaire durch den Tuileriengarten flanieren, bekleidet mit Zylinder und Handschuhen, ganz nach der Mode der Zeit; wir sehen ihn beisammen sitzen mit dem Komponisten Emmanuel Chabrier im Café Guerbois oder mit der Kollegin Berthe Morisot in der Bar des Varietés Folies Bergière. Und natürlich sehen wir, wie die Schauspielerin Henriette Hauser dem Meister Modell steht, um wenig später als „Nana“ Skandal zu machen, in blauer Corsage und weißem Unterrock, mit Lippenstift und Puderquaste… Nur eines sehen wir auf Manets Bildern nie: Die ständige Sorge, „meine Werke der Allgemeinheit zugänglich“ zu machen. Seine „Nana“ ist bereits das zehnte Bild, mit dem Manet den Kunstsinn der Akademie-Professoren verletzt. Wieder mal sortiert die Jury des „Salons“ eine Arbeit von ihm aus. Wieder mal ist er beim Kunst- und Gesellschaftsereignis des Jahres im Palais de l’Industrie mit nur einem Werk (Faure als Hamlet) vertreten.
Wieder mal kann er bei der Welt-Leistungsschau der Malerei, die in sechs Wochen 500.000 Besucher anzieht, nur halbwegs reüssieren. Und so macht Manet seine „Nana“ auf eigene Faust bekannt. Er stellt sie in ein Schaufenster des Kaufmanns Giroux auf dem Boulevard des Capucines und liefert sie den Blicken der Pariser aus, er spielt mit der Frivolität der Boudoir-Szene und der Laszivitätslust der Passanten - und er schafft wie nebenbei ein meisterhaftes Sinnbild der modernen Kunst-Szene: In einem streng regulierten Markt, der nicht nur Qualität prämiert, können Künstlerinnen und Künstler sich nicht nur auf ihr Handwerk verlassen. Sie müssen auch lernen, sich ins Schaufenster zu stellen - sich selbst an- und auszupreisen.
Gewiss, der Pariser Salon hat sich im 21. Jahrhundert globalisiert und aufgefächert in Biennalen, Ausstellungen, Kunstmessen.

Disneyland ist abgebrannt
Eine Frau hält eine Broschüre von Dismaland hoch Quelle: REUTERS
Ein Orka springt aus einer Toilette durch einen Reifen. Quelle: AP
eine Installation in Dismaland Quelle: REUTERS
Die Schau sei unterhaltsam und mache nachdenklich, sagte Nigel Ashton vom North Somerset Council. Und wem die eine oder andere Disney-Prinzessin schon immer ein Dorn im Auge war, der kommt hier voll auf seine Kosten. Quelle: REUTERS
einer der Darsteller der Banksy-Ausstellung Quelle: REUTERS
Eine Installation zeigt ein Boot voller Flüchtlinge Quelle: REUTERS
Auch die finanzielle Zukunft der lieben Kleinen ist ein Thema in Dismaland. Quelle: REUTERS

Doch so zahlreich die Nadelöhre für Künstler heute auch sind, so allgegenwärtig die Kunst der Gegenwart in Museen und im öffentlichen Raum geworden ist, so unstillbar groß die Nachfrage nach bemalten Leinwänden unter Spekulanten, Bildungsbürgern und Bohemians - an der Salon-Jury der Gegenwart, an den einflussreichen Galeristen, die ihre Günstlinge nach Kassel (Documenta) oder Venedig (Biennale) protegieren, zur „Armory Show“ nach New York, zur „Art Basel“ in die Schweiz, nach Miami, Berlin, Karlsruhe oder, wie in diesen Tagen, zur „Art Cologne“, kommt auch heute kein Maler vorbei. Mehr noch: Längst nicht alle, die es auf eine Messe schaffen, haben es auch geschafft.
Unter den 800 Namen, die der Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler (BVDG) seit 1980 auf der „Art Cologne“ zu „New Positions“ erklärt hat, sind viele vergessen; den meisten blieb der große, so manchem überhaupt ein Durchbruch verwehrt. Wie auch nicht?

Nützliche Tipps rund um Studentenjobs

11000 Galerie-Künstler ringen allein in Deutschland um Aufmerksamkeit. 6000 Studenten schreiben sich Jahr für Jahr an den Kunsthochschulen des Landes ein. 500 Meisterschüler, schätzt BVDG-Geschäftsführerin Birgit Maria Sturm, verlassen auch 2016 die Universitäten, um ihr Glück am Kunst-Markt zu versuchen und ein Auskommen zu finden.
Henri Haake ist einer von ihnen. Und einer von denen, die nicht scheitern können, nein, niemals, das ist unmöglich bei seinem Talent, seiner Reife - seinem Können. Haakes Bilder sind der journalistischen, fotodokumentarischen Bildsprache entlehnt. Er greift Motive von Krieg, Flucht, Revolte und Straßenkampf auf, neuerdings auch Szenen des Alltags, die er von seinen Reisen mitbringt, nach Ghana, Marokko, Brasilien: Strand, Bolzplatz, Jahrmarkt, Barber-Shop. Auf den ersten Blick könnte es Haake dabei bloß um Medienkritik gehen. Er hält das routiniert überblätterte Presse-Foto gleichsam ein zweites Mal fest, entreißt es seiner zeitgeschichtlichen Flüchtigkeit und arretiert es im Auge des Betrachters. Auf den zweiten Blick aber versucht er der Wirklichkeit mit malerischen Mitteln auch letzte, endgültige Wahrheitsgehalte abzutrotzen, eine intersubjektiv geteilte Quintessenz. Man könnte sagen, dass seine Bilder sich zur Welt verhalten wie Platons Ideen zu den Erscheinungen. Sie sind - in Motiv, Farbgebung, Luftgestaltung - ikonisierte Konzentrate unserer reiseroutinierten Alltags-Welt-Wahrnehmung. Undenkbar, dass sie keine Käufer finden könnten. Worauf also warten die Galeristen, die Sammler, Henri Haake?

Abschied von der Hochschule

Zunächst einmal auf den Sommer. Dann hat Henri Haake sein Studium absolviert an der Berliner Universität der Künste, dann muss er raus aus dem Hochschul-Atelier, das er sich mit sechs Kommilitonen teilt, muss sich seine eigenen Arbeitsräume suchen und sich mit Nebenjobs über Wasser halten, hoffentlich in der Szene, in Galerien oder Museen, nötigenfalls auch kellnern im Café. „Vor dem Können steht das Müssen“, sagt Henri Haake: „Ich erwarte nicht, dass ich sofort meinen Platz finde.“ Netzwerke ausbauen und Öffentlichkeit herstellen, bei Vernissagen präsent sein und den Internet-Auftritt pflegen, sich um Gruppenausstellungen, Stipendien, Preise bewerben und „eine Galerie finden mit Interesse an mir und meinem Werk“ - so in etwa stellt sich der 27-Jährige in den nächsten Jahren sein Leben vor, wenn er nicht gerade malt oder reist.

Zehn Wege zu richtig guten Ideen
„Stellen Sie ein zuvor definiertes Problem einfach auf den Kopf“, rät der Autor Albrecht Kresse, dessen Buch „Edutrainment – besser, schneller, einfacher lernen im Unternehmen“ kürzlich im Gabal-Verlag erschienen ist. Also fragen Sie sich: „Wie machen wir es noch schlimmer?“, denn so ein Perspektivwechsel kann Sie der Lösung ein ganzes Stück näher bringen, weil alle negativen Formulierungen in einem Brainstorming in positive umgewandelt werden. Aus der Kopfstandantwort „Noch mehr Jammern und anklagen!“ wird laut Kresse dann zum Beispiel die neue Kommunikationsregel „Immer sachlich bleiben!“. Quelle: Handelsblatt Online
Ein mutiger Ansatz, mit dem sich laut Kresse die kollektive Intelligenz zugunsten eines Unternehmens anzapfen lässt. Vorausgesetzt es öffnet sich für frische Ideen und Anregungen von außen. Involvieren Sie also Ihre Kunden, externe Entwickler und Experten in den Entstehungsprozess neuer Lösungen. Kresse: „Hierfür eignen sich Communitys und offene Foren im Web“. Eine andere Möglichkeit ist, das Entwicklungsproblem auf der eigenen Webseite zu veröffentlichen und die beste Idee mit einem netten Honorar zu entlohnen. Quelle: Stefano Borghi
So wie einst bei Walt-Disney heißt es bei diesem Trick: Erst träumen, dann kritisieren. Kresse beschreibt den Ablauf in seinem Buch so: „Um ein Problem zu lösen, spielen wir in einer Gruppe drei Rollen durch: Träumer, Realisten und Kritiker. Zuerst lassen wir Ideen sprudeln, dann planen wir die Umsetzung, zuletzt sezieren wir alle Ideen und Pläne im Hinblick auf Chancen und Risiken.“ Der Vorteil bei dieser Methode? Sie kombiniert die Ideenfindung direkt mit einer Machbarkeitsprüfung. Quelle: dpa
Hier eine Methode, für besonders verfahrene Lagen, die durch einen dicken Knoten im Kopf gekennzeichnet sind. Dabei reichen sechs Personen drei Ideen fünfmal weiter, wobei jeder Teilnehmer seine Lösungsvorschläge auf einen Zettel schreibt und ihn nach fünf Minuten an seinen Nachbarn weitergibt. Unter Zeitdruck entstehen schließlich die besten Ideen. Nach einer halben Stunde können Sie die Ergebnisse auswerten. Mit bis zu zwölf Leuten funktioniert dass laut Kresse ziemlich gut – vorausgesetzt die Stoppuhr löst keine Denkblockaden aus. Quelle: Handelsblatt Online
Schreiben Sie die Fragestellung klar formuliert auf ein Blatt Papier und notieren alles, was Ihnen in den Sinn kommt. Dann sortieren Sie die Antworten. Alles, was sich sofort umsetzen lässt, machen Sie innerhalb von 72 Stunden. Für alles andere machen Sie einen Zeitplan. So können Sie zwanzig Ideen produzieren und in drei Tagen eine Menge umsetzen. Kresse: „Diese Technik motiviert zum sofortigen Umsetzen, im Gegensatz zu den anderen ist sie keine Gruppentechnik.“ Quelle: Getty Images
Bei dieser Technik gelangen Sie durch Kombination zur Innovation. Tragen Sie beispielsweise, wenn Sie eine neue Möglichkeit in der Produktentwicklung entdecken möchten, Merkmale und Ausprägungen in eine einfache Tabelle ein. So überblicken Sie alle Lösungsvarianten und können die besten auswählen. Allerdings merkt der Autor Albrecht Kresse an, dass natürlich das entsprechende Fachwissen nötig ist, wenn man die entscheidenden Faktoren bestimmen will. Quelle: Handelsblatt Online
„Perspektivwechsel mit System. Jeder Hut steht für eine Rolle und Sichtweise“, schreibt Kresse. Der weiße für den Analytiker, der rote für den Bauchentscheider, der schwarze für den Kritiker usw. Sie können sich nun die Hüte nacheinander aufsetzen oder die Rollen in der Gruppe verteilen. Kresse: „Jedes Problem lässt sich nun aus mehreren Blickwinkeln betrachten, abseits der üblichen Pfade stoßen wir auf neue Ideen.“ Der großer Vorteil: Konflikte werden bei dieser Methode vermieden, weil jeder die Rolle spielt, die sein Hut vorgibt. Quelle: Handelsblatt Online

Natürlich sei auch er, wie jeder junge Künstler, auf der Suche nach dem Simsalabim für seinen Erfolg. Natürlich habe auch er schon mal von der Anerkennung eines Daniel Richter, von der Karriere eines Peter Doig geträumt. Doch natürlich wisse auch er, wie jeder junge Künstler, dass man von Glück und Zufall begünstigt sein und einen guten Zeitpunkt für seine ersten Werkschauen erwischen muss, dass es die richtigen Galeristen und Sammler braucht, die einen entdecken und fördern - und dass man sich den Erfolg vor allem im Atelier erarbeiten muss. Es sei „extrem hart“, sich „in der Hierarchie hochzuarbeiten“, sagt Haake und: „Das einzige, was man wirklich beeinflussen kann, sind die eigene Ernsthaftigkeit und der eigene Fleiß.“
Und so hat Henri Haake beschlossen, sich „jetzt bloß nicht unter Zeitdruck zu setzen“, sich noch Jahre der Entwicklung zu gönnen - ausgerechnet er, der Frühreife. Die Großeltern Antiquitätenhändler, der Vater Architekt, die Mutter Restauratorin… - Haake zeichnete viel als Jugendlicher, wurde von einer kanadischen Künstlerin unterrichtet, hatte schon mit 19 seine erste Einzelausstellung in Lübeck, seiner Heimatstadt: „Goodbye“ hieß es damals, bevor er sich an der UdK bewarb mit seiner Mappe, natürlich zur Prüfung geladen und aufgenommen wurde, natürlich in der Klasse seiner Wahl studieren konnte und 2015 den Knispel-Preis des Absolventenjahrgangs gewann. Nun also die ersten Schritte der Selbständigkeit: Marktwert definieren, Bilder verkaufen, Oevre aufbauen, Serien herstellen, Galeristen finden, Ausstellungen bestücken - keine leichte Aufgabe. Die Preispolitik ist noch das Einfachste: Studenten berechnen die Summe aus Leinwandhöhe und -Breite in Zentimetern mal 4, 6, 8, je nach Semester, als „Meisterschüler“ 10, zuweilen 12.

Das sind die Top-Karriereziele der Deutschen für 2016

Doch wie geht es dann weiter? Warum sollte Haake es nicht gleich mit doppelten so hohen Preisen versuchen? Bisher hat er den Erlös für seine Bilder, etwa bei den jährlichen UDK-Rundgängen, komplett eingestrichen. Lässt er seine Bilder erst einmal von einer Galerie verkaufen, muss er sich mit der Hälfte zufrieden geben. Andererseits gewinnt er erst an der Seite eines Galeristen Gewicht, Publizität und Präsenz. Doch was, wenn er einen Überraschungserfolg landet, wenn sich die Bilder gut verkaufen und der Galerist für eine Messe schnell 20 neue Arbeiten verlangt: „Bin ich schon bereit dafür? Kann ich Qualität und Quantität liefern? Will ich überhaupt in eine Situation kommen, in der ich aufgefordert bin, kreativ zu sein?“
Anna Bittersohl hat auf diese Fragen schon Antworten gefunden: Sie ist bereit. Beliefert vier Galerien mit überragender Qualität. Und vermag „die Arbeit hier drinnen, im Atelier“ von der „Welt da draußen, vom Markt“ zu trennen. Bittersohl ist vor acht Jahren in Nürnberg zur Meisterschülerin gekürt worden. Sie war Assistentin ihres Professors Ralph Fleck, hat allerlei Preise und Stipendien gewonnen, ihre Arbeiten bereits in Venedig, Sankt Petersburg, Zürich, Berlin und Stuttgart gezeigt und kann seit zwei Jahren von ihrer Kunst leben, wie man sagt, ihr Atelier bezahlen, ihre Malutensilien und ihre Wohnung, ab und zu mit Freunden was essen oder ins Kino gehen. Bittersohl kennt die Fragen, das Drängen, den Druck der Käufer und Kunden: Ihre Landschaften haben sich doch bestens verkauft… Haben Sie nicht noch so ein ähnliches Bild mit einer Heiligenfigur?… Allein beeindrucken lässt sie sich davon nicht. „Finge ich wirklich an, solchen Gedanken nachzugeben“, sagt sie, „würde sich wahrscheinlich alles ändern - und nicht zum Guten.“

Beeindruckende Denkmale

Natürlich weiß Bittersohl, dass sie, um ihre künstlerische Individualität, Integrität und Immunität zu wahren, paradoxerweise auf die überzeugte Hilfe anderer angewiesen ist - auf die ihres Berliner Galeristen Klaus-Dieter Brennecke zum Beispiel. Brennecke hat vor einem Jahr auf der „Art Karlsruhe“ vier große und zwei mittelgroße Arbeiten von Bittersohl verkauft, großartige, fast einschüchternd geheimnisvolle Bilder von Gärten, Sümpfen, Blüten, in denen die Schwüle eingefroren, die Zeit zum Stillstand gebracht, die Gegenwart versiegelt ist - Bilder, die das Diesseits transzendieren und durch die hindurch Monet und Mythos, Mystik und Memento-Mori-Motive scheinen: Ikonen der unparadiesischen Stille, der postreligiösen Andacht. Brennecke und Bittersohl hätten es sich 2016 also leicht machen können. Statt dessen stellten sie eine Serie mit riesenhaften Clowns aus, die wie Kolonialkarikaturen mit Klobürsten-Szeptern über verdüsterte Landschaften der Maltradition hinweggehen. „Kann sein, dass die Clowns die Besucher verängstigt haben“, sagt Brennecke.

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte
Fluchtweg Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Sie war's Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Was kann man sich schöneres vorstellen als ein von der LBS versprochenes Zuhause an dem Ort der Toten? Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Women Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Die Bürokratie scheint auch ihre guten Seiten zu haben. Das beweist diese Einladung zur Benutzung der Zahnbürste des Dezernats VII. Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Reduzierte Qualität. Ein echtes Schnäppchen für den Süchtigen. Das macht Appetit auf mehr Angebote dieser Art. Wie wäre es beispielsweise mit einer 36 % teureren Aspirin-Großpackung gratis dazu? Quelle: Bildmaterial aus Martin Sonneborn und Georg Behrend
Koksraspel

Ihn selbst ganz bestimmt nicht: „Ich vertraue Anna Bittersohl. Bin überzeugt von ihrer Arbeit. Gehe jeden Weg mit ihr.“
Anna Bittersohl ist jetzt 33. Sie rechnet ihre Bilder mit Faktor 20 ab. Beherrscht das kleine Paneel so souverän wie die große Leinwand. Hat einen klar erkennbaren Stil, einen virtuosen Strich und in jeder Hinsicht das seltene Format, das Menschen mit ausreichend Demut und Selbstbewusstsein auszeichnet. Auch im Rückblick. Als sie nach dem Abitur bei einer Mode- und Kostümschneiderin arbeitet, durch Berlin mäandert und an ihrer Mappe arbeitet, belegt sie VHS-Kurse im Aktzeichnen. Als sie zu Beginn des Studiums „die ganze Welt in ihre Bilder packen will“, lässt sie sich von ihrem Lehrer raten, „keine Kunst zu machen“, malt statt dessen Tassen, Rosen, Löwen, um zu „lernen, wie Ölfarbe sich benimmt“. Und als sie sich nach ein paar Semestern wundert, dass es tatsächlich Menschen gibt, die für ihre Bilder Geld bezahlen, lernt sie von Ralph Fleck, ihre Arbeit wertzuschätzen, ihre Preise Schritt für Schritt anzuheben. Heute sagt Anna Bittersohl: „Freiheit erwächst aus Disziplin. Und Kunst aus handwerklicher Könnerschaft“. Dem Markt begegnet sie nicht mit Hoffnung, sondern Haltung: „Einem bedeutenden Sammler ein Bild schenken, nur damit der bedeutende Sammler mich sammelt - warum sollte ich das tun?“ Lieber geht Anna Bittersohl jetzt den nächsten Schritt, so behutsam und überzeugt wie immer, raus aus der Nürnberger Komfortzone, Umzug nach Leipzig, hinein in ein neues Umfeld - mit der Gewissheit im Gepäck, dass sie jederzeit auf sich selbst und ihre Galeristen zählen kann. Und auf die Anziehungskraft der Heiligen, Wanderer und Suchenden, die ihrer Bilderwelten bevölkern, versteht sich - und denen sie beeindruckende Denkmale traditionsgewisser Zeitlosigkeit setzt.
Was aber wollen Anna Bittersohl und Henri Haake in zwanzig Jahren erreicht haben? Was kommt nach der erfolgreichen Passage durchs Nadelöhr der Mappenkommisionen, Nachwuchspreise, Meisterkurse und ersten Einzelausstellungen? Eine Professur? Der Anruf einer internationalen Top-Galerie? Die Weltkarriere? Spekulationsgetriebene Mondpreise? Blöde Fragen.

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Es geht weiter, immer weiter, das ist schon viel, das ist genug. Jeden Tag sichte er ungefragt eingesandte Bewerbungen, Portfolios, CD-Kataloge, sagt Michael Beck, geschäftsführender Gesellschafter der Galerie Beck & Eggeling in Düsseldorf, aber eine Zusammenarbeit habe sich daraus noch nie ergeben. 19 von 20 Künstlern, schätzt Birgit Maria Sturm vom Galerieverband, streichen die Segel, bevor sie ankommen, wo Bittersohl heute steht. Eine bodenständige Galerie möchte ein Partner auf Lebenszeit sein, sagt die Berlinerin Sabine Pfund: Sie versucht, die Preise für ihre Künstler Stück für Stück zu erhöhen und bloß nicht fallen zu lassen. Kein leichtes Unterfangen. Für den Künstler nicht und auch nicht für die Galerie, weil der Markt für Gegenwartskunst exakt das ist, was er ist: ein Markt für die Kunst der Gegenwart. Und die kann schnell vorbei sein. In den nächsten zehn Jahren wird es 5000 neue junge Künstler geben, die ihr Glück versuchen werden. Sie werden billig sein, hungrig, kreativ - und die Spekulationsfantasie so mancher Käufer dann vielleicht mehr anregen als Bittersohl und Haake. Und? Was wäre damit über ihre Malerei gesagt? Natürlich nichts. Also.

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