Herrlich, dieses Künstlerleben im Paris des 19. Jahrhunderts. Wir sehen den Malerdandy Édouard Manet an der Seite des Schriftstellers Charles Baudelaire durch den Tuileriengarten flanieren, bekleidet mit Zylinder und Handschuhen, ganz nach der Mode der Zeit; wir sehen ihn beisammen sitzen mit dem Komponisten Emmanuel Chabrier im Café Guerbois oder mit der Kollegin Berthe Morisot in der Bar des Varietés Folies Bergière. Und natürlich sehen wir, wie die Schauspielerin Henriette Hauser dem Meister Modell steht, um wenig später als „Nana“ Skandal zu machen, in blauer Corsage und weißem Unterrock, mit Lippenstift und Puderquaste… Nur eines sehen wir auf Manets Bildern nie: Die ständige Sorge, „meine Werke der Allgemeinheit zugänglich“ zu machen. Seine „Nana“ ist bereits das zehnte Bild, mit dem Manet den Kunstsinn der Akademie-Professoren verletzt. Wieder mal sortiert die Jury des „Salons“ eine Arbeit von ihm aus. Wieder mal ist er beim Kunst- und Gesellschaftsereignis des Jahres im Palais de l’Industrie mit nur einem Werk (Faure als Hamlet) vertreten.
Wieder mal kann er bei der Welt-Leistungsschau der Malerei, die in sechs Wochen 500.000 Besucher anzieht, nur halbwegs reüssieren. Und so macht Manet seine „Nana“ auf eigene Faust bekannt. Er stellt sie in ein Schaufenster des Kaufmanns Giroux auf dem Boulevard des Capucines und liefert sie den Blicken der Pariser aus, er spielt mit der Frivolität der Boudoir-Szene und der Laszivitätslust der Passanten - und er schafft wie nebenbei ein meisterhaftes Sinnbild der modernen Kunst-Szene: In einem streng regulierten Markt, der nicht nur Qualität prämiert, können Künstlerinnen und Künstler sich nicht nur auf ihr Handwerk verlassen. Sie müssen auch lernen, sich ins Schaufenster zu stellen - sich selbst an- und auszupreisen.
Gewiss, der Pariser Salon hat sich im 21. Jahrhundert globalisiert und aufgefächert in Biennalen, Ausstellungen, Kunstmessen.
Doch so zahlreich die Nadelöhre für Künstler heute auch sind, so allgegenwärtig die Kunst der Gegenwart in Museen und im öffentlichen Raum geworden ist, so unstillbar groß die Nachfrage nach bemalten Leinwänden unter Spekulanten, Bildungsbürgern und Bohemians - an der Salon-Jury der Gegenwart, an den einflussreichen Galeristen, die ihre Günstlinge nach Kassel (Documenta) oder Venedig (Biennale) protegieren, zur „Armory Show“ nach New York, zur „Art Basel“ in die Schweiz, nach Miami, Berlin, Karlsruhe oder, wie in diesen Tagen, zur „Art Cologne“, kommt auch heute kein Maler vorbei. Mehr noch: Längst nicht alle, die es auf eine Messe schaffen, haben es auch geschafft.
Unter den 800 Namen, die der Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler (BVDG) seit 1980 auf der „Art Cologne“ zu „New Positions“ erklärt hat, sind viele vergessen; den meisten blieb der große, so manchem überhaupt ein Durchbruch verwehrt. Wie auch nicht?
Nützliche Tipps rund um Studentenjobs
Als erstes sollte man sich folgende Fragen stellen: Was ist am wichtigsten? Das Geld oder die Karrierechancen? Wem es primär um den Verdienst geht, der hat es einfach. Zum Beispiel kann man sich bei einigen Jobbörsen die Suchergebnisse nach der Höhe des Stundenlohns auflisten lassen.
Wer einen Job mit Zukunftsperspektive will, sucht vermutlich länger. Doch dafür kann es sich lohnen. Macht man sich als Werkstudent oder Aushilfe gut, hat man bereits den ersten Fuß in der richtigen Tür. Mit diesem Ausblick, lassen sich auch Abstriche beim Gehalt verschmerzen. Um einen Job mit Karriereaussicht zu ergattern, konzentriert man sich am besten auf Seiten wie Absolventa oder der Uni. Eine weitere Möglichkeit ist es, beim Professor nachzufragen. Auch wenn er selbst gerade niemanden einstellen will, hat er bestimmt Kontakte zu Unternehmen oder anderen Forschungseinrichtungen.
Es gibt einige Portale und Suchmaschinen, die sich ausschließlich auf die Vermittlung von Studentenjobs und Praktika spezialisiert haben. Hinzu kommen aber auch bekannte Portale wie Monster und Stepstone, die über extra Rubriken für Studentenjobs verfügen. Außerdem lohnt sich ein Blick auf die Webseite der Uni. Viele Hochschulen haben eigene Jobportale – zum Beispiel die Hochschulen in Düsseldorf, Köln oder Hamburg. Ein nützlicher Zusatz: Die Uni Düsseldorf hat nur Jobs mit einem Stundenlohn ab 8,50 Euro im Angebot.
Wer offline nach einem Job sucht, hat einen großen Vorteil – weniger Konkurrenz. Außerdem gibt es immer noch Unternehmen, die lieber in der Zeitung annoncieren als im Netz zu posten. Der Blick in den Stellenmarkt der Tageszeitung kann sich also lohnen. Noch weniger Mitbewerber hat natürlich, wer selbst ein Gesuch aufgibt. Dafür braucht es allerdings konkrete Vorstellungen vom neuen Traumjob. Am besten wirft man auch noch einen Blick auf das schwarze Brett der Uni. Gerade die wissenschaftlichen Aushilfsjobs hängen oft erst an der Pinnwand, bevor sie ins Netz kommen. Ebenfalls wichtig: Ohren offen halten! Viele Stellen werden über Kontakte vergeben. Am besten einfach mal die Kommilitonen mit interessantem Nebenerwerb ansprechen, vielleicht ist dort noch etwas frei.
Die Semesterferien stehen an, warum nicht mal im Ausland jobben? An den beliebten Urlaubsorten werden in den Ferien immer wieder Saisonkräfte gebraucht. Bei den Arbeitgebern handelt es sich meist um Hotels oder Restaurants, aber auch Tauchschulen oder Surfcamps suchen häufig Verstärkung für die Hauptsaison. Neben einer tollen Umgebung, bieten Jobs im Ausland die Möglichkeit Sprachkenntnisse zu vertiefen. Eine Auswahl bieten summerjobs.com oder seasonworkers.com
Gerade für Studenten mit besonderer Begabung, kann sich die Selbstständigkeit lohnen. Programmierer, Illustratoren oder Autoren können sich auf einer Plattform für Freelancer anmelden – dort werden Leute für einzelne Projekte gesucht. Die größte Webseite heißt Freelancer, dort werden aktuell über 6.000 Jobs auf Zeit angeboten. Mittlerweile gibt es auch viele Plattformen, die auf einzelne Berufe spezialisiert sind: 99 Designs etwa richtet sich an Grafikdesigner. Bei Workhub oder Clickworker lagern Unternehmen einfache Tätigkeiten aus, zum Beispiel das Anlegen großer Adresslisten.
Wer selbstständig arbeiten will, muss folgendes beachten: Zunächst muss geklärt werden ob der Student freiberuflich oder gewerblich arbeitet. Gewerbetreibende sind zum Beispiel Makler oder Gaststättenbetreiber. Die Anmeldung erfolgt beim Gewerbeamt der Gemeinde, dieses informiert alle weiteren Behörden und Kammern. Handelt es sich um eine Freiberuflichkeit, reicht eine Anmeldung beim Finanzamt. Eine Hilfestellung gibt es auf der Seite des Existenzgründungsportal (www.existenzgruender.de). Doch Vorsicht, auch bei der Selbstständigkeit gibt es Grenzen beim Gehalt. So dürfen Bafög-Empfänger innerhalb eines Jahres maximal 3.800 € dazu verdienen, ohne das die Leistungen gekürzt werden. Auch hier gilt: Wer mehr als 20 Wochenstunden während der Vorlesungszeit arbeitet, verliert den Studentenstatus.
Was den Verdienst betrifft, gilt generell: Eine Dauerbeschäftigung mit maximal 450 Euro Verdienst im Monat gilt als Minijob. Dabei ist es egal, wie viele Stunden man dafür arbeitet. Bei einem höheren Gehalt sieht das anders aus. Wer dauerhaft über 450 Euro verdient, darf pro Woche nicht mehr als 20 Stunden arbeiten. Wer es doch tut, ist den Studentenstatus los. Für angehende Akademiker, die Bafög erhalten, gelten andere Regeln. Bafög-Empfänger dürfen nicht mehr als 400 Euro verdienen. Wer diese Grenze überschreitet, muss mit entsprechenden Kürzungen rechnen.
Niemand sollte sich unter Wert verkaufen. Martin Schachmann, Buchautor eines Ratgebers für Studentenjobs, rät mindestens zehn Euro pro Stunde einzufordern. Doch das sollte nur eine Richtlinie sein, denn der Lohn ist abhängig von vielen Faktoren: Die Branche, die Art des Jobs, die Vorkenntnisse, die Arbeitszeiten und auch der Ort spielt eine wichtige Rolle. Trotzdem sollte man versuchen, zu verhandeln. Am besten erkunden sich Studenten vorher, welcher Stundenlohn üblich ist und hebt im Gespräch mit dem potenziellen Chef seine Fähigkeiten und Stärken hervor.
Seit dem 1. Januar 2013 unterliegen auch Minijobs der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Minijobber tragen dabei selbst aber nur einen kleinen Teil der Beiträge: Der Arbeitgeber zahlt 15 Prozent des Bruttoverdienstes ein, der Beschäftigte übernimmt nur die Differenz zum normalen Beitragssatz. Aktuell liegt der bei 18,9 Prozent, der Student zahlt also 3,9 Prozent des Bruttolohns. Bei der Krankenversicherung zahlt der Arbeitgeber einen Pauschalbeitrag in Höhe von 13 Prozent – vorausgesetzt der Student ist gesetzlich versichert.
Wer dauerhaft mehr als 450 Euro im Monat verdient, bleibt nur dann kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei, wenn er weniger als 20 Stunden in der Woche arbeitet. In die Rentenversicherung müssen trotzdem Beiträge eingezahlt werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen jeweils 9,45 Prozent des Bruttoverdienstes. Liegt das Bruttogehalt zwischen 450 Euro und 850 Euro, befinden sich Studenten in der sogenannten Gleitzone und zahlen weniger. Studenten, die nur in den Semesterferien Vollzeit arbeiten, müssen außer der Lohnsteuer keine Beiträge zahlen. Vorausgesetzt sie arbeiten nicht mehr als zwei Monate oder 50 Tage pro Kalenderjahr.
Minijobber werden vor dem Gesetz wie Teilzeitbeschäftigte behandelt und haben ebenso Anspruch auf bezahlten Urlaub wie jeder andere Arbeitnehmer auch. Der gesetzliche Urlaubsanspruch beträgt jährlich mindestens 4 Wochen beziehungsweise 24 Werktage. Da das Bundesurlaubsgesetz jedoch von 6 Werktagen, sprich von Montag bis Samstag ausgeht, muss der Urlaub auf die entsprechend vereinbarten Werktage umgerechnet werden. Dabei ist nur relevant, wie viele Werktage der Arbeitnehmer pro Woche arbeitet, die Anzahl der Stunden spielt keine Rolle.
Beispielrechnung:
Student A, der an fünf Werktagen pro Woche arbeitet, stehen 20 Urlaubstage zu, auch wenn er nur 20 Stunden in der Woche insgesamt arbeitet. Student B, der diese 20 Stunden hingegen an nur 2 Werktagen abarbeitet, stehen nur 8 Urlaubstage zur Verfügung.
Auch bei einer Krankmeldung gelten für Minijobs die gleichen Rechte wie für Teilzeitangestellte. Sie haben bis zu sechs Wochen Anspruch auf Lohnfortzahlung.
11000 Galerie-Künstler ringen allein in Deutschland um Aufmerksamkeit. 6000 Studenten schreiben sich Jahr für Jahr an den Kunsthochschulen des Landes ein. 500 Meisterschüler, schätzt BVDG-Geschäftsführerin Birgit Maria Sturm, verlassen auch 2016 die Universitäten, um ihr Glück am Kunst-Markt zu versuchen und ein Auskommen zu finden.
Henri Haake ist einer von ihnen. Und einer von denen, die nicht scheitern können, nein, niemals, das ist unmöglich bei seinem Talent, seiner Reife - seinem Können. Haakes Bilder sind der journalistischen, fotodokumentarischen Bildsprache entlehnt. Er greift Motive von Krieg, Flucht, Revolte und Straßenkampf auf, neuerdings auch Szenen des Alltags, die er von seinen Reisen mitbringt, nach Ghana, Marokko, Brasilien: Strand, Bolzplatz, Jahrmarkt, Barber-Shop. Auf den ersten Blick könnte es Haake dabei bloß um Medienkritik gehen. Er hält das routiniert überblätterte Presse-Foto gleichsam ein zweites Mal fest, entreißt es seiner zeitgeschichtlichen Flüchtigkeit und arretiert es im Auge des Betrachters. Auf den zweiten Blick aber versucht er der Wirklichkeit mit malerischen Mitteln auch letzte, endgültige Wahrheitsgehalte abzutrotzen, eine intersubjektiv geteilte Quintessenz. Man könnte sagen, dass seine Bilder sich zur Welt verhalten wie Platons Ideen zu den Erscheinungen. Sie sind - in Motiv, Farbgebung, Luftgestaltung - ikonisierte Konzentrate unserer reiseroutinierten Alltags-Welt-Wahrnehmung. Undenkbar, dass sie keine Käufer finden könnten. Worauf also warten die Galeristen, die Sammler, Henri Haake?
Abschied von der Hochschule
Zunächst einmal auf den Sommer. Dann hat Henri Haake sein Studium absolviert an der Berliner Universität der Künste, dann muss er raus aus dem Hochschul-Atelier, das er sich mit sechs Kommilitonen teilt, muss sich seine eigenen Arbeitsräume suchen und sich mit Nebenjobs über Wasser halten, hoffentlich in der Szene, in Galerien oder Museen, nötigenfalls auch kellnern im Café. „Vor dem Können steht das Müssen“, sagt Henri Haake: „Ich erwarte nicht, dass ich sofort meinen Platz finde.“ Netzwerke ausbauen und Öffentlichkeit herstellen, bei Vernissagen präsent sein und den Internet-Auftritt pflegen, sich um Gruppenausstellungen, Stipendien, Preise bewerben und „eine Galerie finden mit Interesse an mir und meinem Werk“ - so in etwa stellt sich der 27-Jährige in den nächsten Jahren sein Leben vor, wenn er nicht gerade malt oder reist.
Natürlich sei auch er, wie jeder junge Künstler, auf der Suche nach dem Simsalabim für seinen Erfolg. Natürlich habe auch er schon mal von der Anerkennung eines Daniel Richter, von der Karriere eines Peter Doig geträumt. Doch natürlich wisse auch er, wie jeder junge Künstler, dass man von Glück und Zufall begünstigt sein und einen guten Zeitpunkt für seine ersten Werkschauen erwischen muss, dass es die richtigen Galeristen und Sammler braucht, die einen entdecken und fördern - und dass man sich den Erfolg vor allem im Atelier erarbeiten muss. Es sei „extrem hart“, sich „in der Hierarchie hochzuarbeiten“, sagt Haake und: „Das einzige, was man wirklich beeinflussen kann, sind die eigene Ernsthaftigkeit und der eigene Fleiß.“
Und so hat Henri Haake beschlossen, sich „jetzt bloß nicht unter Zeitdruck zu setzen“, sich noch Jahre der Entwicklung zu gönnen - ausgerechnet er, der Frühreife. Die Großeltern Antiquitätenhändler, der Vater Architekt, die Mutter Restauratorin… - Haake zeichnete viel als Jugendlicher, wurde von einer kanadischen Künstlerin unterrichtet, hatte schon mit 19 seine erste Einzelausstellung in Lübeck, seiner Heimatstadt: „Goodbye“ hieß es damals, bevor er sich an der UdK bewarb mit seiner Mappe, natürlich zur Prüfung geladen und aufgenommen wurde, natürlich in der Klasse seiner Wahl studieren konnte und 2015 den Knispel-Preis des Absolventenjahrgangs gewann. Nun also die ersten Schritte der Selbständigkeit: Marktwert definieren, Bilder verkaufen, Oevre aufbauen, Serien herstellen, Galeristen finden, Ausstellungen bestücken - keine leichte Aufgabe. Die Preispolitik ist noch das Einfachste: Studenten berechnen die Summe aus Leinwandhöhe und -Breite in Zentimetern mal 4, 6, 8, je nach Semester, als „Meisterschüler“ 10, zuweilen 12.
Das sind die Top-Karriereziele der Deutschen für 2016
Mehr als ein Drittel der Deutschen haben sich zum Ziel gesetzt, nach Feierabend besser abzuschalten, um sich ihrem Privatleben widmen zu können. Das ist das Ergebnis der Studie „Karriereziele 2016“ des Personaldienstleisters ManpowerGroup Deutschland.
Mehr Gelassenheit im Job nehmen sich 32 Prozent vor. Sie wollen ihre Arbeit künftig lockerer nehmen.
17 Prozent wollen 2016 effizienter arbeiten.
15 Prozent wollen weniger arbeiten, um mehr Freizeit zu haben. Ebenfalls 15 Prozent gaben an, im kommenden Jahr den Arbeitgeber wechseln zu wollen.
Jeweils zwölf Prozent gaben an, die Zusammenarbeit mit den Kollegen verbessern zu wollen und ihre eigenen Kompetenzen selbstbewusster präsentieren zu wollen.
Elf Prozent wollen sich 2016 im Job stärker engagieren.
Jeweils zehn Prozent gaben an, im kommenden Jahr mehr Zeit in ihre Karriere investieren zu wollen beziehungsweise ein Studium oder eine Ausbildung beginnen/fortzuführen zu wollen.
Jeweils neun Prozent wollen mehr netzwerken beziehungsweise sich neben dem Job weiterbilden.
Sieben Prozent wollen sich um eine Beförderung bemühen.
Jeweils fünf Prozent wollen im kommenden Jahr innerhalb ihres Unternehmens die Position wechseln beziehungsweise eine berufliche Auszeit nehmen.
Doch wie geht es dann weiter? Warum sollte Haake es nicht gleich mit doppelten so hohen Preisen versuchen? Bisher hat er den Erlös für seine Bilder, etwa bei den jährlichen UDK-Rundgängen, komplett eingestrichen. Lässt er seine Bilder erst einmal von einer Galerie verkaufen, muss er sich mit der Hälfte zufrieden geben. Andererseits gewinnt er erst an der Seite eines Galeristen Gewicht, Publizität und Präsenz. Doch was, wenn er einen Überraschungserfolg landet, wenn sich die Bilder gut verkaufen und der Galerist für eine Messe schnell 20 neue Arbeiten verlangt: „Bin ich schon bereit dafür? Kann ich Qualität und Quantität liefern? Will ich überhaupt in eine Situation kommen, in der ich aufgefordert bin, kreativ zu sein?“
Anna Bittersohl hat auf diese Fragen schon Antworten gefunden: Sie ist bereit. Beliefert vier Galerien mit überragender Qualität. Und vermag „die Arbeit hier drinnen, im Atelier“ von der „Welt da draußen, vom Markt“ zu trennen. Bittersohl ist vor acht Jahren in Nürnberg zur Meisterschülerin gekürt worden. Sie war Assistentin ihres Professors Ralph Fleck, hat allerlei Preise und Stipendien gewonnen, ihre Arbeiten bereits in Venedig, Sankt Petersburg, Zürich, Berlin und Stuttgart gezeigt und kann seit zwei Jahren von ihrer Kunst leben, wie man sagt, ihr Atelier bezahlen, ihre Malutensilien und ihre Wohnung, ab und zu mit Freunden was essen oder ins Kino gehen. Bittersohl kennt die Fragen, das Drängen, den Druck der Käufer und Kunden: Ihre Landschaften haben sich doch bestens verkauft… Haben Sie nicht noch so ein ähnliches Bild mit einer Heiligenfigur?… Allein beeindrucken lässt sie sich davon nicht. „Finge ich wirklich an, solchen Gedanken nachzugeben“, sagt sie, „würde sich wahrscheinlich alles ändern - und nicht zum Guten.“
Beeindruckende Denkmale
Natürlich weiß Bittersohl, dass sie, um ihre künstlerische Individualität, Integrität und Immunität zu wahren, paradoxerweise auf die überzeugte Hilfe anderer angewiesen ist - auf die ihres Berliner Galeristen Klaus-Dieter Brennecke zum Beispiel. Brennecke hat vor einem Jahr auf der „Art Karlsruhe“ vier große und zwei mittelgroße Arbeiten von Bittersohl verkauft, großartige, fast einschüchternd geheimnisvolle Bilder von Gärten, Sümpfen, Blüten, in denen die Schwüle eingefroren, die Zeit zum Stillstand gebracht, die Gegenwart versiegelt ist - Bilder, die das Diesseits transzendieren und durch die hindurch Monet und Mythos, Mystik und Memento-Mori-Motive scheinen: Ikonen der unparadiesischen Stille, der postreligiösen Andacht. Brennecke und Bittersohl hätten es sich 2016 also leicht machen können. Statt dessen stellten sie eine Serie mit riesenhaften Clowns aus, die wie Kolonialkarikaturen mit Klobürsten-Szeptern über verdüsterte Landschaften der Maltradition hinweggehen. „Kann sein, dass die Clowns die Besucher verängstigt haben“, sagt Brennecke.
Ihn selbst ganz bestimmt nicht: „Ich vertraue Anna Bittersohl. Bin überzeugt von ihrer Arbeit. Gehe jeden Weg mit ihr.“
Anna Bittersohl ist jetzt 33. Sie rechnet ihre Bilder mit Faktor 20 ab. Beherrscht das kleine Paneel so souverän wie die große Leinwand. Hat einen klar erkennbaren Stil, einen virtuosen Strich und in jeder Hinsicht das seltene Format, das Menschen mit ausreichend Demut und Selbstbewusstsein auszeichnet. Auch im Rückblick. Als sie nach dem Abitur bei einer Mode- und Kostümschneiderin arbeitet, durch Berlin mäandert und an ihrer Mappe arbeitet, belegt sie VHS-Kurse im Aktzeichnen. Als sie zu Beginn des Studiums „die ganze Welt in ihre Bilder packen will“, lässt sie sich von ihrem Lehrer raten, „keine Kunst zu machen“, malt statt dessen Tassen, Rosen, Löwen, um zu „lernen, wie Ölfarbe sich benimmt“. Und als sie sich nach ein paar Semestern wundert, dass es tatsächlich Menschen gibt, die für ihre Bilder Geld bezahlen, lernt sie von Ralph Fleck, ihre Arbeit wertzuschätzen, ihre Preise Schritt für Schritt anzuheben. Heute sagt Anna Bittersohl: „Freiheit erwächst aus Disziplin. Und Kunst aus handwerklicher Könnerschaft“. Dem Markt begegnet sie nicht mit Hoffnung, sondern Haltung: „Einem bedeutenden Sammler ein Bild schenken, nur damit der bedeutende Sammler mich sammelt - warum sollte ich das tun?“ Lieber geht Anna Bittersohl jetzt den nächsten Schritt, so behutsam und überzeugt wie immer, raus aus der Nürnberger Komfortzone, Umzug nach Leipzig, hinein in ein neues Umfeld - mit der Gewissheit im Gepäck, dass sie jederzeit auf sich selbst und ihre Galeristen zählen kann. Und auf die Anziehungskraft der Heiligen, Wanderer und Suchenden, die ihrer Bilderwelten bevölkern, versteht sich - und denen sie beeindruckende Denkmale traditionsgewisser Zeitlosigkeit setzt.
Was aber wollen Anna Bittersohl und Henri Haake in zwanzig Jahren erreicht haben? Was kommt nach der erfolgreichen Passage durchs Nadelöhr der Mappenkommisionen, Nachwuchspreise, Meisterkurse und ersten Einzelausstellungen? Eine Professur? Der Anruf einer internationalen Top-Galerie? Die Weltkarriere? Spekulationsgetriebene Mondpreise? Blöde Fragen.
Es geht weiter, immer weiter, das ist schon viel, das ist genug. Jeden Tag sichte er ungefragt eingesandte Bewerbungen, Portfolios, CD-Kataloge, sagt Michael Beck, geschäftsführender Gesellschafter der Galerie Beck & Eggeling in Düsseldorf, aber eine Zusammenarbeit habe sich daraus noch nie ergeben. 19 von 20 Künstlern, schätzt Birgit Maria Sturm vom Galerieverband, streichen die Segel, bevor sie ankommen, wo Bittersohl heute steht. Eine bodenständige Galerie möchte ein Partner auf Lebenszeit sein, sagt die Berlinerin Sabine Pfund: Sie versucht, die Preise für ihre Künstler Stück für Stück zu erhöhen und bloß nicht fallen zu lassen. Kein leichtes Unterfangen. Für den Künstler nicht und auch nicht für die Galerie, weil der Markt für Gegenwartskunst exakt das ist, was er ist: ein Markt für die Kunst der Gegenwart. Und die kann schnell vorbei sein. In den nächsten zehn Jahren wird es 5000 neue junge Künstler geben, die ihr Glück versuchen werden. Sie werden billig sein, hungrig, kreativ - und die Spekulationsfantasie so mancher Käufer dann vielleicht mehr anregen als Bittersohl und Haake. Und? Was wäre damit über ihre Malerei gesagt? Natürlich nichts. Also.