Künstliche Knappheit Wir wollen immer das, was wir nicht haben können

Teure Preise bei Luxusartikeln: Schuld ist der „Veblen-Effekt“. Quelle: Rebelle

Je knapper das Gut, desto höher der Preis. Das steigert bei Luxusgütern die Nachfrage oft noch. Der Grund dafür liegt in der menschlichen Psyche.

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Luxusgüter hebeln die Mechanismen der traditionellen Ökonomie aus. Bei herkömmlichen Konsumgütern gilt das Gesetz: Je teurer desto unattraktiver. Bei Luxusgütern ist das Gegenteil der Fall und dessen sind sich Luxushersteller wie Rolex, Chanel oder Maserati bewusst. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass viele Menschen ihren Status nach außen materiell begründen möchten.

Durch künstliche Verknappung treiben sie die Preise für die angebotene Ware in die Höhe. Den daraus resultierenden Effekt nennen die Ökonomen den „Veblen-Effekt“. Dabei gilt: Je höher der Preis, desto beliebter bei den Konsumenten. „Aufgrund der Wechselwirkung zwischen wahrgenommener Knappheit, Statuscharakter des Produkts und resultierender Zahlungsbereitschaft kann es dann für ein Unternehmen sinnvoll sein, die Nachfrage tatsächlich zu rationieren“, erklärt Stefan Napel, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth. Und nicht etwa den Preis oder die Produktionsmenge zu erhöhen. Die Theorie geht auf den amerikanischen Ökonom Thorstein Veblen zurück. Der machte sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts in seinem Werk „Theorie der feinen Leute“ Gedanken über Luxusgüter.

Zusätzlich reizt den Menschen am Kauf von teuren Produkten die Wirkung von Rarität. Sobald wir uns vor Augen führen, dass ein Produkt nicht mehr in großen Mengen verfügbar ist, wächst sogleich ein Verlangen nach diesem Produkt in uns. Napel ergänzt: „Die Luxusgüter haben einen Signalcharakter und müssen kostspielig sein, damit sie nicht ohne Weiteres imitiert werden können und hierdurch ihre Knappheit verlieren.“

Die Luxusuhrenmarke Rolex wendet die genannten Konzepte auf einige ihrer Modelle an. Die Preise des Schweizer Uhrenkonzerns starten im mittleren vierstelligen Eurobereich – nach oben gibt es keine Grenzen. Besonders gefragt sind die Sportuhren des Luxusuhrenherstellers, namentlich die Modelle der Rolex Daytona oder Rolex GMT Master 2. In Deutschland können die Kunden zurzeit keine Bestellungen mehr aufgeben, bestätigt ein Juwelier gegenüber der WirtschaftsWoche. Bei den großen Schmuckhäusern liegen pro Filiale bereits bis zu 300 Vorbestellungen für die genannten Uhrenmodelle vor. Jährlich werden aber nur bis zu fünf Stück pro Filiale ausgeliefert, da Rolex den Händlern nicht mehr der Sportuhren zuteilt. Wäre man der Letzte auf der Liste, käme das Schmuckstück frühestens in 60 Jahren.

Ein weiterer Grund für die große Nachfrage sind positive Emotionen, die der Kunde mit dem Produkt in Verbindung bringt. Dabei tendieren die Leute dazu, Nachteile wie beispielsweise die lange Wartezeit oder hohe Preise zu ignorieren.

Zudem verleiten bekannte Besitzer der Produkte dazu, diese Güter noch mehr zu begehren. „Einem Kunden ist dann zum Beispiel wichtig nur Kleidung zu kaufen, die von ihm bewunderte Menschen tragen“, erläutert Volker Nocke, Professor für Mikroökonomik an der Abteilung für Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim. Das erreichen Unternehmen zum Beispiel über Werbeverträge mit berühmten Persönlichkeiten, wie beispielsweise zwischen Rolex und Roger Federer. Andererseits leben die Produkte auch vom Image derjenigen, welche sie aus freien Stücken tragen. Grace Kelly hat die Kelly-Bag berühmt gemacht. Generationen von Frauen eifern ihrem Vorbild noch heute nach. Victoria Beckham hat die Taschen als Stilikone der nächsten Generation weitergetragen.

Eine üppige Nachfrage war ebenfalls bei einer Turnschuh-Auktion des Hauses Sotheby’s zu beobachten. Die versteigerten Treter gehören einer Serie von selten produzierten Sneakern an. Ein Paar der Marke Nike aus dem Jahr 1972 erzielte bei der diesjährigen Versteigerung einen Preis von knapp 400.000 Euro. Auch hier hat die künstliche Verknappung zum horrenden Preis beigetragen. Angeblich designte Nike-Mitgründer Bill Bowerman die Sneaker und das Unternehmen produzierte anschließend nur zwölf Stück davon. Das ersteigerte Paar sei das einzige, das noch ungetragen sei.

Künstliche Verknappung von Luxusgütern steigert deren Begehrlichkeit und die Käufer sind bereit für deren Erwerb noch tiefer in die Tasche zu greifen. Solange die Leute auf diese verkaufsfördernde Methode anspringen, werden Luxusgüteranbieter diese Strategie weiterverfolgen und perfektionieren. Auch in Zukunft dürften uns also die skurrilen Nachrichten über horrende Summen für teils alltägliche Produkte nicht ausgehen.

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