Aldi Emojis und Lidl Plus Deutschlands Top-Discounter und die Tücken der Kundenbindung

Lidl-Kunden, hier in den USA, klagen über Sicherheitslücken in der Bezahlapp. Quelle: dpa

Mit Fußball-Sammelfiguren will Aldi Süd Kunden begeistern und sorgt oft für Verdruss. Rivale Lidl kämpft derweil mit Betrugsproblemen bei der App Lidl Plus.

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Samstagseinkauf in einer Kölner Aldi-Süd-Filiale: Der Laden ist voll, die Einkaufswagen sind gut gefüllt. An der Kasse dauert es ein paar Minuten, bevor ein Kunde Aufbackbrötchen, Milch und allerlei andere Artikel aufs Band packt. Egal. Schließlich soll es vor Ort Emojis geben, jene Fußballsammelfiguren, die vor allem in Kindergärten und auf Schulhöfen seit EM-Beginn für Furore sorgen.

Je 20 Euro Einkaufswert gibt es eine der bei Kindern so beliebten Figuren. Zumindest theoretisch. „Die sind leider aus“, heißt es an der Kasse in Köln, als der Mann sich nach Emojis erkundigt. Die Verkäuferin empfiehlt, einfach den Bon aufzuheben und beim nächsten Mal vorzuzeigen. „Das hab‘ ich schon beim letzten Einkauf gehört“, entgegnet der Kunde. Und nicht nur in Köln scheint der Emoji-Mangel ein Problem zu sein.

„Echt schade, das trotz noch immer laufender Aktion keine Emojis mehr in den Filialen zu finden sind. Unsere Kinder haben sich so gefreut darauf und jedesmal gibt's ne Enttäuschung“, kommentiert eine Nutzerin bei Facebook. „Die Kinder stehen drauf aber in den Filialen gibt es keine mehr“, schreibt ein anderer Kunde. Ähnlich klingen derzeit zahlreiche Posts enttäuschter Eltern: von „Kundenverarschung“ ist die Rede. „Wirklich unfassbar, aber jetzt hat sich das Einkaufen bei Aldi auch erledigt“, schreibt ein Vater bei Facebook. Kurzum: Kundenfrust statt Kundenbindung - die Emoji-Marketingaktion scheint zumindest teilweise ein Reinfall für Aldi zu sein.

Je 20 Euro Einkaufswert gibt es eine der bei Kindern so beliebten Figuren. Zumindest theoretisch. Quelle: Privat

Es tue „uns sehr leid, wenn Kunden leer ausgehen“, heißt es vom Unternehmen. „Grundsätzlich bemühen wir uns sehr darum, ausreichende Mengen von Aktionsartikeln bereitzuhalten“, teilt ein Aldi-Süd-Sprecher mit. „Bei der Mengenplanung stützen wir uns auf langjährige Erfahrungswerte.“ Weil die Angebotsmenge naturgemäß auf der Grundlage von Prognosen kalkuliert werde, lasse sich „eine vollständige Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage leider nicht immer garantieren“. Warum Werbeartikel Wochen vor Aktionsende ausverkauft sind, erklärt das allerdings nicht. Und warum betroffene Filialen ihre Kunden nicht vor dem Einkauf mit Aufstellern oder Hinweisschildern auf die Problematik aufmerksam machen, bleibt ebenfalls offen. 

Betrug bei Lidl Plus? 

Während Aldi Süd mit dem Emoji-Mangel kämpft, sieht sich Lidl mit weit schwerwiegenderen Problemen konfrontiert. Auch hier geht es um die Tücken der Kundenbindung, genauer: um die App Lidl Plus. Seit der Discounter Anfang Mai das Bezahlsystem Lidl Pay für seine App freigeschaltet hat, häufen sich offenbar Betrugsfälle. Die Polizei Berlin bestätigt, entsprechende Fälle systematisch im Betrugsdezernat des Landeskriminalamts zu erfassen. Konkrete Zahlen kann die Polizei bislang nicht nennen. Dafür sei der Erhebungszeitraum seit dem 1. Juni 2021 schlicht zu kurz, so ein Sprecher gegenüber dem Onlineportal Supermarktblog, das zuerst über die Probleme berichtet hat.

Demnach haben Unbekannte offenbar die Kontodaten aus vergangenen Datenbanklecks- und hacks verwendet und sich mit diesen bei Lidl Pay angemeldet. Via Lidl Pay konnten sie ihre Einkäufe bei dem Discounter bezahlen – zu Lasten der betroffenen Verbraucher. Betroffene, die bemerkten, dass von ihrem Konto Geld für Einkäufe bei Lidl abgebucht wurden, obwohl sie dort nicht eingekauft hatten, ließen das Geld von ihrer Bank zurückholen. Als Folge sollen sich bei ihnen jedoch Inkasso-Unternehmen im Auftrag von Lidl gemeldet haben, um die offene Forderung einzutreiben. 

von Henryk Hielscher, Karin Finkenzeller, Julian Heißler, Jörn Petring, Sascha Zastiral

„Vollständig ausschließen lassen sich Betrugsfälle unabhängig von der Bezahlmethode nie“, teilt eine Lidl-Sprecherin auf Anfrage mit. Dem Unternehmen seien aber „ausschließlich Einzelfälle bekannt, in denen es zu Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von Lidl Pay gekommen sein könnte“.

Hintergrund  des Betrugsproblems dürfte die Art der Zahlungsabwicklung sein. Um das System möglichst breit nutzen zu können, setzt Lidl nicht auf Kreditkartenzahlungen, sondern verwendet das Lastschriftverfahren und hat nach eigenen Angaben, „verschiedene marktübliche Sicherheitsmaßnahmen“ eingeführt. „Diese haben sich in der Vergangenheit bewährt.“

Allerdings überprüft Lidl offenbar nicht, ob das eingetragene Konto tatsächlich dem angemeldeten Nutzer gehört. So versenden Dienste wie PayPal beispielsweise nach der Anmeldung eines Nutzers einen Cent-Betrag an diesen. In der Betreffzeile befindet sich ein Code, der wiederum bei Paypal eingegeben werden muss. Erst dann ist die Anmeldung abgeschlossen. Für eine Registrierung bei Lidl Pay müssen Nutzer hingegen nur eine E-Mail-Adresse verifizieren und ihre Adresse angeben, heißt es auf der Lidl-Website. Eine Kontrollabbuchung findet nicht statt.

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Betroffene Verbraucher bittet Lidl in der Regel darum, „gemäß unserer mit der Polizei abgestimmten Vorgehensweise, eine Anzeige zu stellen“. Dazu reiche der Verdacht einer betrügerischen Transaktion. „Die Bearbeitung durch einen Inkassopartner stoppen wir selbstverständlich sofort, sollte sich ein Betrugsverdacht nach einer Anzeige bestätigen“, teilt Lidl mit. Darüber hinaus könnten Kunden sich den abgebuchten Betrag bei einem Betrugsfall bei ihrer jeweiligen Bank sofort zurückerstatten lassen.

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