Kuriose Debatte in der Schweiz Darf man noch „Mohrenkopf“ sagen?

Die Schweiz streitet über Süßwaren: Eine Petition wirft einem Familienunternehmer Rassismus vor – und fordert die Umbenennung der „Möhrenkopfe“. Wie Tradition und Moderne aufeinander treffen.

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Darf die Leckerei noch „Mohrenkopf“ heißen? Inzwischen haben die meisten Hersteller die Kalorienbombe in „Schaum-“ oder „Schokokuss“ umbenannt. Aber nicht alle. Quelle: dpa

Zürich Eine Süßigkeit sorgt in der Schweiz für Schlagzeilen – mit einem bitteren Nachgeschmack. „Dürfen ‚Mohrenköpfe‘ nicht mehr so heißen?“ fragt die schweizerische „20 Minuten“. Ein „Komitee gegen rassistische Süßigkeiten“ ruft einen Süßwarenhersteller dazu auf, seine „Mohrenköpfe“ umzubenennen – und beschert dem Land damit eine Rassismusdebatte. Was ist erlaubt, was geht zu weit?

Mittendrin: Der Familienunternehmer Robert Dubler aus dem beschaulichen Waltenschwil im Aargau. Die Petition richtet sich unmittelbar an seine Firma. Der Aufruf der Macher: „Dekolonialisiert die Patisserie!“. Hartnäckig halte sich in der Schweiz rassistischer Sprachgebrauch, der direkt aus der Kolonialisierung stamme. „Mohrenkopf ist eine herabwürdigende Bezeichnung für den Kopf einer dunkelhäutigen Person“, heißt es in der Petition, die in knapp zwei Wochen immerhin 500 Unterstützer fand.

Firmenchef Robert Dubler versteht die ganze Aufregung nicht: „Mein Vater hat im Jahr 1946 mit diesen Mohrenköpfen angefangen, sie hießen schon immer so“, sagte Dubler den „20 Minuten“. Soll heißen: Was wir schon immer so gemacht haben, kann doch nicht falsch sein. Seit der Firmengründung wurden weder das Rezept noch der Schriftzug verändert. „Im Zusammenhang mit Schokolade ist der Begriff doch nicht rassistisch, sondern positiv besetzt“, sagt der Süßwarenfabrikant.

Auch in Deutschland sorgte die Mohrenkopf-Frage regelmäßig für Schlagzeilen. Inzwischen haben die meisten Hersteller die Kalorienbomben in „Schaumküsse“ umbenannt. Ähnlich in der Schweiz: Die Konkurrenz von Migros („Schaumküsse“) und Coop („Choco-Köpfli“) hat sich an die neuen Realitäten angepasst. Dubler will dagegen an seinen „Mohrenköpfen“ festhalten.

Der Rückhalt vieler Schweizer ist ihm dabei sicher. Dubler werde zu Unrecht angeprangert, kommentiert die „Neue Züricher Zeitung“. Sprachkosmetik ändere nichts an den Verhältnissen. „Das ist kein Fortschritt im Kampf gegen den Rassismus, sondern ein Rückschritt“. Und überhaupt: „Was ist eigentlich mit den Österreichern?“.

Die Nachbarn produzieren nämlich nicht nur den „Mohr im Hemd“, sondern auch noch „Schwedenbomben“. Da dürfte die nächste Petition nicht lange auf sich warten lassen.

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