Lebenslanges Rückgaberecht Ikeas genialer Schachzug

Ikea bietet seinen Kunden nun ein lebenslanges Rückgaberecht. Was nach einer kaufmännischen Harakiri-Aktion aussieht, ist in Wahrheit ein genialer Schachzug.

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Zehn Fakten über das schwedische Möbelhaus
Ingvar Kamprad Quelle: REUTERS
Das Foto aus dem Jahr 1974 zeigt das erste in Deutschland eröffnete Ikea-Möbelhaus in Eching bei München Quelle: dpa
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Ikeas "Klippan" ist nicht nur ein Sofa für die Studentenbude, sondern auch ein kleines Kaff in der schwedischen Provinz. Quelle: dpa

Die Vorlage des Kassenbons genügt. Danach, so die neue Regelung des Rückgaberechts von Ikea, werden alle bei Ikea gekauften Waren zeitlich unbeschränkt und unabhängig von Gebrauchsspuren zurückgenommen. Die Kunden bekommen den vollen Kaufpreis in bar ausbezahlt, bei EC-Kartenzahlung in Form einer Rücküberweisung. Rückgaberecht auf alles - außer Grünpflanzen, zugeschnittene Waren und Fundgrubenartikel. Ein Leben lang.

Damit überraschte Ikea mit dem kundenfreundlichsten Rückgaberecht der Möbelbranche. Wer also möchte, kann nach jahrelanger Nutzung seine Gäll-Tasse oder Sultan-Matratze zurückbringen und Ikea erstattet den vollen Kaufpreis zurück. Was auf den ersten Blick nach einer kaufmännischen Harakiri-Aktion aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein genialer Schachzug des schwedischen Händlers, seine Vormachtstellung im Möbelmarkt auszubauen.

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Ikea hat es sich zum Ziel gesetzt, seinen Marktanteil in Deutschland innerhalb von 8 bis 10 Jahren von 13 auf 25 Prozent fast zu verdoppeln. Ein ambitioniertes Ziel, das alleine mit der Eröffnung neuer Möbelhäuser nicht zu bewerkstelligen sein wird.

Dafür wird es auch nötig sein, Kunden von der Konkurrenz zu gewinnen, und genau darauf zielt die neue Rückgaberegelung ab. Mit ihr wird Kunden die Sicherheit vermittelt, beim Kauf von Ikea-Produkten nichts falsch machen zu können. Sind sie mit dem Billy-Regal zufrieden, war ihre Kaufentscheidung richtig. Sind sie es nicht, können sie es zurückgeben, ohne dass Kosten und Nachteile entstehen, und das auch nach einigen Jahren.

Ikea ist auf Kundenfang

Dass Ikea hinsichtlich des Preisniveaus zum unteren Marktdurchschnitt gehört, wirkt sich zweifach positiv aus: Zum einen werden sich einige derjenigen Kunden, die im tendenziell höheren Preissegment Möbel kaufen, überlegen, erstmal ein Ikea-Produkt zu erwerben, bevor sie sich mit dem teureren Angebot der Konkurrenz beschäftigen. Ein finanzielles Risiko besteht hierbei nicht, das Produkt kann bei Nichtgefallen einfach zurückgebracht werden und der Einkauf wie sonst üblich im höheren Preissegment fortgesetzt werden.

Zum anderen werden auch diejenigen Kunden, die für gewöhnlich bei den preisgünstigen Möbeldiscountern einkaufen, in Betracht ziehen, für ein ähnliches Produkt bei Ikea ein paar Euro mehr auszugeben, dafür aber die Sicherheit zu haben, es bei Nichtgefallen jederzeit zurückgeben zu können. Durch die neue Rückgaberegelung steigt die wahrgenommene Leistung, weshalb das Angebot von Ikea für die preissensible Käufergruppe deutlich attraktiver wird. Somit könnte es Ikea gelingen, seinen Kundenstamm in beide Richtungen auszudehnen.

Der Zeitpunkt der Entscheidung für die neue Rückgaberegelung ist kein Zufall. Bisher gab es in den Ikea-Möbelhäusern ein 90-tägiges Rückgaberecht, das sich auf Neuwaren beschränkte. Um das Ziel eines Marktanteils von 25% zu erreichen, verstärkt Ikea nun den Fokus auf das Onlinegeschäft und plant, schon bald sein ganzes Sortiment im Onlineshop anzubieten.

Bei Onlinekäufen aber haben Kunden – im Gegensatz zum Stationäreinkauf – ein gesetzliches 14-tägiges Widerrufsrecht, das ihnen gestattet, beispielsweise ein Billy-Regal zu Hause auf- und bei Nichtgefallen wieder abzubauen und zurückzuschicken. Wie sich das auf den Zustand des Regals auswirkt, lässt sich leicht erahnen. Der Kunde muss aber den vollen Kaufpreis zurückerstattet bekommen. Zudem sind die Retourquoten bei Onlinekäufen deutlich höher als im Stationärgeschäft, wo Kunden das Produkt bereits vor dem Kauf betrachten und testen und so die Wahrscheinlichkeit von Fehlkäufen verringern.

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