Lebensmittelhandel Edeka droht online den Anschluss zu verlieren

Den alljährlichen Fortschrittsbeteuerungen zum Trotz lässt Edeka bislang kaum digitale Ambitionen erkennen. Quelle: dpa

Der Krämerkoloss ist die unangefochtene Nummer eins im deutschen Lebensmittelhandel. Doch digital lässt Edeka die Abwehr schleifen und verliert gegen die Rivalen Amazon und Rewe an Boden. Warum der Offline-Primus online patzt.

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Markus Mosa schien die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. „Wenn Amazon einsteigt, müssen wir reagieren“, sagte der Edeka-Chef schon vor zwei Jahren. Kurz zuvor hatten sich die Hinweise verdichtet, dass der Internetgigant Amazon mit seinem Lebensmittellieferdienst Fresh bald in Deutschland starten würde.

Im vergangenen Jahr legte Mosa noch einmal nach: „Unser Online-Umsatz wird Ende des Jahres sicherlich auf dem Niveau unseres Wettbewerbers aus Köln sein“, tönte der Edeka-Anführer. Und auch dieses Jahr übte sich Mosa in E-Commerce-Enthusiasmus und ließ seine Öffentlichkeitsarbeiter stolz verkünden: das Online-Geschäft „entwickelte sich 2017 dynamisch und durchbrach mit 122 Millionen Euro die anvisierte 100-Millionen-Marke deutlich“. Der Ausbau der digitalen Vertriebskanäle würde nun „zusätzliche Potenziale“ eröffnen.

Potenziale? Die gibt es tatsächlich überreichlich bei dem Hamburger Lebensmittelprimus. Denn den alljährlichen Fortschrittsbeteuerungen zum Trotz lässt Edeka bislang kaum digitale Ambitionen erkennen. Im Gegenteil: „Edeka droht online den Anschluss zu verlieren“, konstatiert E-Commerce-Experten Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein.

von Mario Brück, Henryk Hielscher, Christian Schlesiger, Volker ter Haseborg

Während Amazon in den USA erste Supermärkte ohne Kasse testet und in Deutschland seinen Lebensmittellieferdienst Amazon Fresh ausbaut, lässt Edeka die digitale Abwehr schleifen. Der mit 122 Millionen Euro angegebenen Online-Umsatz entspricht lediglich einem Anteil von rund 0,2 Prozent an den letztjährigen Gesamterlösen des Konzerns. Und selbst der bescheidene Betrag wurde nicht aus eigener Kraft gestemmt, sondern im Zuge der Übernahme von Kaiser's Tengelmann großteils miterworben. Zum Jahreswechsel 2016/17 fielen neben einem Großteil der Supermarkt-Filialen auch Tengelmanns Online-Ableger Plus.de, GartenXXL sowie der Lebensmittellieferdienst Bringmeister an Edeka.

Letzteren schickt Mosa nun ins digitale Rennen, um Amazon Paroli zu bieten – wenn auch bislang nur in Berlin und München. Doch selbst da haperte es zuletzt. Edeka musste Systemabstürze und Probleme mit Lieferterminen einräumen. Kunden klagten zudem über Lücken im Sortiment. Nun arbeite man an einer grundlegenden Optimierung, heißt es. An der soll auch Dominique Locher, Ex-Manager der Migros-Online-Tochter LeShop mitarbeiten. Als dessen oberste Mission gilt es, Bringmeister in die schwarzen Zahlen zu hieven. Erst anschließend soll das Konzept womöglich ausgerollt werden. Ein riskanter Kurs, schließlich bauen Edekas Rivalen ihre Online-Präsenzen zügig aus. „Wenn man bedenkt, wie dynamisch Amazon in den Markt prescht, kann das schnell zum Problem werden“, sagt Experte Heinemann.

Das sind die größten Lebensmittelhändler

Rewe habe zwar ebenfalls offene Flanken im Netz, sei aber schon „ein gutes Stück weiter als Edeka“, so Heinemann. Fast 40 Prozent der deutschen Bevölkerung erreicht der Kölner Supermarktkonzern mit seinem Online-Angebot – deutlich mehr als jeder Rivale. In mittlerweile 75 Städten karren die Rewe-Lieferwagen inzwischen Kartoffeln, Käse und Kaffeekapseln zu den Kunden. Dabei verliert Rewe, wie fast alle Konkurrenten, seit Jahren Geld mit dem Versand von Lebensmitteln. Alle vereint die Hoffnung, dass sich mit dem Online-Verkauf plus Lieferung dereinst Geld verdienen lässt. Dabei soll auch ein neuer Logistikvorstoß helfen. Im Sommer soll ein neues Lager nahe Köln in Betrieb gehen, von dem aus Lebensmittel weitgehend automatisiert versendet werden. Gelingt es dadurch, die Logistikkosten im Online-Geschäft zu senken, sollen weitere Lager folgen.

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