Lebensmittelhandel Tschüss Metzger, goodbye Bäcker!

Die Zahl der Fleischerfachgeschäfte und Bäckereibetriebe sinkt seit Jahren. Die wachsende Konkurrenz durch Supermärkte und Discounter macht den Läden zu schaffen. Doch das ist es nicht allein.

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Würstchen, Leberwurst, Schnitzel - Hauptsache kein Fleisch
Currywurst so ganz ohne Fleisch. Und sogar mit derselben Currysauce wie das Original. Meist werden die Ersatzprodukte aus Soja, Tofu oder Seitan hergestellt. Vegetarisch und nicht vegan ist dieses Produkt deswegen, weil Weizeneiweiß, Hühnereiklar und Milchzucker enthalten ist. Vegetarisch muss aber nicht immer gesünder sein: Der Fett- und Kaloriengehalt liegt bei der vegetarischen Currywurst höher, als bei der fleischhaltigen Originalvariante. Schmecken tuts trotzdem. Quelle: Meica
Es gibt nicht nur vegetarische Bratwürstchen, sondern sogar Veggie-Bratwürste mit Käse. Der Umsatz mit Fleischersatzprodukten ist nach Angaben des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, dem Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft, in den vergangenen vier Jahren um 88 Prozent gestiegen. Quelle: Meica
Man glaubt es kaum, aber ... Quelle: Alberts
.. Auch das ist kein Fleisch. Es ist sogar ein komplett veganes Produkt aus so genannten Lupinen. Als heimische Alternative zu Soja wurden Lupinen vor einigen Jahren groß gefeiert. Die Produkte aus der eiweißreichen Hülsenfrucht halten allerdings nur zögerlich Einzug in den Supermarkt. Quelle: Alberts
Bockwurst mit Kartoffelsalat ist bei den deutschen sehr beliebt. Diese vegane Variante der Bockwurst ist nicht mehr vom Original zu unterscheiden. Jedenfalls äußerlich. Quelle: meetlyke
Innerlich besteht diese fleischartige Wurst aus Seitan. Ein Produkt aus Weizeneiweiß aus der traditionellen japanischen Küche. Sozusagen eine Imitation von Fleisch durch Gluten. Quelle: meetlyke
Der Klassiker zur Brotzeit darf natürlich nicht fehlen: Die Fleischwurst. Die vegetarische Variante wartet hier allerdings mit deutlich weniger Kalorien auf als die traditionelle Geflügel-Fleischwurst derselben Marke. Die Veggie-Fleischwurst kommt bei 100 Gramm auf 155 Kilokalorien, wohingegen die Geflügel-Variante auf glatte 238 Kilokalorien pro 100 Gramm kommt.

Es ist ein leises Sterben: Seit 2005 hat sich die Zahl der eigenständigen Fleischerfachgeschäfte in Deutschland um mehr als ein Viertel verringert. Die Zahl der Bäckerei-Meisterbetriebe sank seit 2009 um ein Fünftel. Das Fleischergeschäft um die Ecke wird immer seltener. Und auch der Weg zum Bäcker wird tendenziell weiter.

Einer der Hauptgründe für das Sterben der kleinen Fachgeschäfte ist die Konkurrenz der großen Handelsketten von Aldi bis Edeka. „Bäcker, Metzger, aber auch Parfümerien können mit den entsprechenden Angeboten der Supermärkte, der Discounter und der Drogeriemärkte kaum noch mithalten“, heißt es in einer aktuellen Marktstudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Wirklich konkurrenzfähig seien die Fachhändler eigentlich nur noch vor den großen Feiertagen, „wenn etwas ganz Besonderes auf den Tisch soll“.

Besonders dramatisch war die Entwicklung zuletzt bei den Fleischern. Versorgten vor zwölf Jahren noch mehr als 17.000 Metzgermeister in ihren Läden die Bundesbürger mit Leberwurst und Schnitzel, sind es jetzt nur noch rund 11.000. Und auch die Zahl der Verkaufsstätten sank deutlich. Dabei ist die Konkurrenz der großen Handelsketten nicht das einzige und vielleicht nicht einmal das größte Problem, das den Fachbetrieben zu schaffen macht.

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„Das Hauptproblem ist der Nachwuchsmangel“, meint Gero Jentzsch vom Deutschen Fleischer-Verband. Wenn ein Fleischerbetrieb schließe, liege es heute meist nicht an den schlechten Geschäften. Grund sei viel häufiger, dass der Inhaber in ein Alter komme, wo er nicht mehr weiterarbeiten könne, die Kinder aber keine Lust hätten, das Geschäft zu übernehmen. Außerdem leide die Branche an einem „dramatischen Rückgang“ der Zahl der Auszubildenden. „Der Pool, aus dem zukünftige Fleischermeister rekrutiert werden können, wird immer kleiner.“

Und in Zukunft kommen weitere Probleme auf die Branche zu: Der Fleischkonsum in Deutschland ist schon jetzt tendenziell rückläufig und mit der Alterung der Gesellschaft könnte sich dieser Trend noch verstärken. Die Zahl der Fleischer-Fachgeschäfte dürfte deshalb weiter sinken.

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Auch die selbstständigen Bäcker müssen kämpfen. Ihre Zahl verringerte sich seit 2009 von rund 15.000 auf etwa 12.000. Im Straßenbild fiel das allerdings nicht ganz so auf, weil etliche einst selbstständige Bäckereien als Filialgeschäfte von Konkurrenten weitergeführt wurden. Der Trend gehe vermehrt zu zentralen Produktionsstätten mit einem regionalen Netz von Verkaufsstellen, berichtet der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks.

Ein Problem der Branche: Bei den Preisen können die Handwerksbäckereien mit den Backautomaten von Aldi und Co nicht mithalten. „Die Brotpreise in Bäckereien liegen ungefähr doppelt so hoch wie die Preise der Lebensmitteldiscounter“, räumt der Zentralverband selbst in seinem Jahresbericht ein. Und warnt gleichzeitig vor dem Versuch, die Billiganbieter mit ihren eigenen Waffen schlagen zu wollen. Angesichts der unterschiedlichen Kostenstrukturen bei Handwerksbäckereien im Vergleich zur industriellen Produktion sei ein Einstieg in den Preiswettbewerb keine sinnvolle Option.

Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands

Stattdessen setzen immer mehr Bäcker auf Qualität, Regionalität und traditionelles Handwerk, wie der Hauptgeschäftsführer des Bäckerverbandes, Daniel Schneider, erläutert. Und sie schaffen sich mit Snacks zum Vor-Ort-Verzehr und kleinen Mitnehm-Mahlzeiten ein zweites Standbein. Schneider zufolge ist das deutsche Bäckerhandwerk mit belegten Brötchen, Salaten und manchmal auch einer kleinen Auswahl an warmen Speisen inzwischen Marktführer in der deutschen Schnellgastronomie.

Wie ist nun die Stimmung in den schrumpfenden Branchen? Nicht so schlecht, wie man es vielleicht erwarten könnte. Fleischer-Sprecher Jentzsch betont: „Die Betriebe werden in der Zahl weniger, aber für sich gesehen leistungsfähiger.“ Und Schneider vom Bäckerverband hofft sogar darauf, dass der Abwärtstrend allmählich „zum Stillstand kommt“.

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