Lidl, Kaufland & Co Klaus Gehrig geht mit Rekordzahlen

Eine Lidl-Filiale in Bayreuth. Quelle: Imago

Mit eiserner Hand hat Klaus Gehrig die Schwarz-Gruppe nach vorne gepeitscht und mit Lidl und Kaufland die Handelswelt umgepflügt. Sein Vermächtnis: 125 Milliarden Euro Umsatz, 12.900 Filialen, 500.000 Mitarbeiter.

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„Schwarz ohne Gehrig?“, das sei wie ein „Vogel ohne Flügel“, kommentierte ein Handelsmanager Anfang Juli eine Nachricht, deren Auswirkungen die die Branche seither in Atem halten: Klaus Gehrig, langjähriger Chef der Schwarz-Gruppe, zu der die Lebensmittelhändler Lidl und Kaufland gehören, hatte überraschend sein Amt niedergelegt. Welche Bedeutung die Personalie hat, wird beim Blick auf die Geschäftszahlen deutlich, die Europas größtem Lebensmittelhändler heute veröffentlich hat. 

Demnach stieg der Umsatz der Gruppe um 9,6 Prozent auf 125,3 Milliarden Euro nach 114,3 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Treiber der Entwicklung war Lidl. Der Discounter hat seinen weltweiten Umsatz im Corona-Jahr um 9,9 Prozent auf 96,3 Milliarden Euro gesteigert. Kaufland legte beim Filialumsatz um 7,5 Prozent auf 25,5 Milliarden Euro zu. Die Übernahme zahlreicher Real-Filialen spielte dabei noch keine entscheidende Rolle, sondern wird Kaufland erst im laufenden Geschäftsjahr einen Umsatzschub bescheren. Die Recyclingsparte PreZero steigerte ihre Erlöse im abgelaufenen Geschäftsjahr um 33,7 Prozent auf rund 700 Millionen Euro. Im Kerngeschäft investierte die Gruppe rund acht Milliarden Euro. 

Es sind Zahlen die schwindelig machen – und die untrennbar mit dem Wirken Gehrigs verbunden sind.  Als rechte Hand von Inhaber Dieter Schwarz hatte er entscheidenden Anteil daran, dass die Unternehmensgruppe innerhalb von gut 40 Jahren von einem kleinen Einzelhändler mit gut 30 Geschäften zu einem Weltkonzern mit nunmehr 12.900 Filialen und fast 500.000 Mitarbeitern heranwuchs. Gehrig machte insbesondere Lidl zum größten Konkurrenten von Discount-Erfinder Aldi. Inzwischen liefern sich die Rivalen ein weltweites Kopf-an-Kopf-Rennen. In Summe ist die Schwarz-Gruppe indes deutlich umsatzstärker als Aldi und ist mittlerweile zum weltweit viertgrößten Händler avanciert.

von Henryk Hielscher, Karin Finkenzeller, Julian Heißler, Jörn Petring, Sascha Zastiral

Gerd Chrzanowski wird Gehrigs Nachfolger 

Um Lidls Aufstieg zu ebnen, peitschte Gehrig den Handelsriesen jahrelang mit eiserner Hand nach vorne. Wer seine Erwartungen nicht erfüllte, blieb nicht lange auf seinem Posten. Das mussten insbesondere zahlreiche Lidl-Topmanager am eigenen Leib erfahren. „Wir agieren in einem harten Wettbewerbsumfeld, da kann ich nur sagen: Entweder wir behaupten uns, oder wir sind weg vom Markt“, begründete Gehrig in einem seiner seltenen Interviews seine Härte.

Nachfolger von Gehrig soll sein aktueller Stellvertreter, der 49-jährige Lidl-Chef Gerd Chrzanowski, werden. Die Nachfolgeplanung war schon im vergangenen Jahr verkündet worden. Früheren Angaben zufolge will Eigentümer Schwarz die von Gehrig geräumte Funktion des Komplementärs so lange selbst wahrnehmen, bis Chrzanowski das Mandat übernehmen kann. Wann es soweit ist, hängt wiederum davon ab, wie schnell es gelingt, einen Nachfolger für Chrzanowski im Amt des Lidl-Chefs zu finden. 

Bei den Rekordzahlen der Gruppe dürfte allerdings der Corona-Effekt eine große Rolle gespielt haben: Der Lebensmittelhandel zählt zu den Gewinnern der Krise, da Verbraucher während der Lockdowns auf Restaurantbesuche verzichten mussten und verstärkt einkaufen gingen. Mit ähnlichen Umsatzzuwächsen wie 2020 wird Gehrigs Nachfolger also kaum auftrumpfen können. Chrzanowski wird beweisen müssen, dass die Schwarz-Gruppe trotzdem fliegt. 

Mehr zum Thema: Als oberster Manager von Lidl und Kaufland dirigierte Klaus Gehrig den Aufstieg der Schwarz-Gruppe zum Weltkonzern – und machte Inhaber Dieter Schwarz zum Multimilliardär. Doch zuletzt fiel Gehrig in Ungnade.

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