




Rückschlag für Aldi und Co.: Die Billiganbieter haben im vergangenen Jahr in Deutschland gegenüber den klassischen Supermärkten an Boden verloren. „Die Discounter haben sich 2014 nicht gerade mit Ruhm bekleckert“, sagt der Handelsexperte Wolfgang Adlwarth von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).
Nach den Berechnungen der Marktforscher schrumpfte ihr Umsatz im Lebensmittelhandel in den ersten elf Monaten des Jahres 2014 um 1,4 Prozent. Dieses Minus hätten die Discounter auch im Dezember nicht wettgemacht, betont Adlwarth. Sie hätten sich damit spürbar schlechter entwickelt als die Supermärkte oder die Drogeriemärkte, die ihre Umsätze steigern konnten.
Die größten Discounter der Welt 2014
Dollar Tree belegt den zehnten Platz unter den weltgrößten Discountern. Das US-Unternehmen erzielte 2013 einen Umsatz von 6,2 Milliarden Euro.
Auch aus Skandinavien kommt ein Discounter, der es unter die Top Ten der weltgrößten geschafft hat: Rema 1000 gehört zum Konzern Reitangruppen. 2013 setzte das Unternehmen 6,8 Milliarden Euro um.
Der US-Discounter Family Dollar verkaufte 2013 Waren im Wert von 8,2 Milliarden Dollar und belegt damit weltweit den achten Platz unter den größten Discountern.
Auch der siebtgrößte Discounter der Welt findet sich auf der Iberischen Halbinsel: Biedronka stammt aus Portugal und wird von JMR Jerónimo Martins Retails betrieben. 2013 setzte die Kette 8,3 Milliarden Euro um. Zum Vergleich: Aldi erwirtschaftete im gleichen Zeitraum mehr als den siebenfachen Betrag.
Die sechstgrößte Discountkette der Welt stammt aus Spanien. Das Unternehmen mit dem Namen Dia (zu Deutsch „Tag“) setzte 2013 11,4 Milliarden Euro um.
Auf dem fünften Platz findet sich wieder ein deutsches Unternehmen: Der Discounter Penny, der zur Rewe-Gruppe gehört. 2013 betrug der Umsatz des Discounters laut Ranking von Planet Retail 12,1 Milliarden Euro.
Erst an vierter Stelle ist ein nicht-deutsches Unternehmen zu finden. Die US-Kette Dollar General verkaufte 2013 Waren im Wert von 13,9 Milliarden Euro.
Mit großem Abstand folgt der drittgrößte Discounter der Welt: Netto. Die Kette gehört zur Edeka-Gruppe und erzielte 2013 14,2 Milliarden Euro Umsatz.
Der Discounter Lidl, der zur Schwarz Gruppe gehört, belegt im Ranking der weltgrößten Discounter den zweiten Platz. 2013 betrug der Brutto-Außenumsatz der Supermarktkette 59 Milliarden Euro.
Aldi ist die Nummer eins im Ranking von Planet Retail (Juni 2014) im weltweiten Discounter-Markt. 2013 machte das deutsche Unternehmen einen Brutto-Außenumsatz von 61,1 Milliarden Euro.
Das schlechte Abschneiden verwundert auf den ersten Blick. Denn die Discounter zeigten sich im vergangenen Jahr so angriffslustig wie lange nicht mehr. Marktführer Aldi schockte die Wettbewerber teilweise im Wochentakt mit Preissenkungen. Marktbeobachtern zufolge verbilligte der Discounter in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres mehr als ein Viertel seines Sortiments. Das hatte Auswirkungen auf den gesamten Handel. Denn die Konkurrenz - egal ob Edeka, Rewe oder Lidl - zog meist innerhalb weniger Tag nach.
Doch die massiven Rotstift-Aktionen im Preiseinstiegsbereich seien einer der Hauptgründe für das schlechte Abschneiden der Discounter, erklärt Adlwarth. Denn sie hätten vielleicht das Preis-Image von Aldi geschärft, jedoch weder dazu geführt, dass die Zahl der Kunden gestiegen sei. Noch sei mehr verkauft worden. Wegen der raschen Reaktion der Wettbewerber sei am Ende lediglich weniger Geld in die Kassen gekommen.
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Nur billig zieht nicht mehr
Dazu macht den Discountern nach Überzeugung Adlwarths außerdem ein steigendes Qualitätsbewusstsein der Verbraucher zu schaffen. „Die rein preisorientierten Verbraucher werden weniger“, meint der Branchenkenner. Qualitätsbewusste Konsumenten aber kauften eher in Supermärkten und Drogeriemärkten. Hier wirkten sich Spätfolgen der Lebensmittelskandale der Vergangenheit ebenso aus wie die gute Konjunkturlage, in der sich die Verbraucher öfter einmal etwas gönnen wollten.
Chronologie: Der Aufstieg von Aldi
Der Bäcker Karl Albrecht startet am 10. April 1913 den Verkauf von Backwaren im heutigen Essener Stadtteil Schonnebeck.
Quelle: dpa
Karl Albrecht und seine Frau Anna eröffnen im Essener Stadtteil Schonnebeck ein „Kaufhaus für Lebensmittel“.
Nachdem Eltern das Geschäft um weitere Filialen erweitert haben, übernehmen die Söhne Karl und Theo Albrecht 1945 den Betrieb.
Die Brüder entwickeln das Geschäftsmodell weiter. Das Stammgeschäft in Essen-Schonnebeck wird zum Selbstbedienungsladen. Die Kette wächst zudem weiter. 1960 hat das Unternehmen mehr als 300 Filialen.
Das Unternehmen hat mehr als 300 Filialen.
Die Brüder teilen das Filialnetz auf. Karl konzentriert sich auf den südlichen Teil (Aldi Süd) und Theo auf den nördlichen, Aldi Nord. Sie arbeiten aber weiter eng zusammen.
Die erste Aldi-Filiale im Discount-Prinzip wird eröffnet.
1967 folgt der erste Schritt ins Ausland. Aldi Süd übernimmt das österreichische Handelsunternehmen Hofer. 1976 startet Aldi Süd in den USA. Wenige Jahre später steigt auch Aldi Nord mit der Übernahme von Trader Joe's in den US-Markt ein.
Einführung der Aktionstage. Aldi Süd führt Kühltheken für den Verkauf von Frischprodukten ein.
Aldi Süd nimmt u.a. Tiefkühlprodukte ins Sortiment auf.
Aldi Süd beginnt mit der Aufstellung von Backstationen.
Aldi-Mitbegründer Theo Albrecht (Aldi Nord) stirbt im Alter von 88 Jahren.
Aldi Nord führt ein neues Laden-Konzept mit Backstationen ein. Beginn der europaweiten Modernisierung des Filialnetzes.
Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht stirbt mit 94 Jahren.
Mit ihrem Discount-Prinzip haben die Gebrüder Albrecht den Lebensmittehandel revolutioniert und ihre Unternehmen einen enormen Erfolg beschert. Das Forschungsinstitut EHI schätzt den Nettoumsatz von Aldi Süd im Jahr 2013 auf 13, 8 Milliarden Euro, den von Aldi Nord auf 10 Milliarden. Aldi Süd verfügt allein in Deutschland über rund 1830 Filialen, Aldi Nord über mehr als 2400. Weltweit kommen Aldi Nord und Aldi Süd zusammen auf insgesamt über 10.000 Filialen und rund 66,8 Milliarden Euro Jahresumsatz.
Handelsexperte Matthias Queck vom Marktinformationsdienst Planet Retail sieht noch andere Gründe für die aktuellen Erfolge der Supermärkte. „Bei den Discountern in Deutschland ist die Filialnetzerweiterung fast zum Stillstand gekommen. Die großen Supermarktketten expandieren dagegen noch. Das sorgt für zusätzliche Umsätze bei Edeka, Rewe und Co.“, erläutert er.
Außerdem seien für die großen deutschen Discounter die Auslandsmärkte, was Wachstum angeht, inzwischen viel interessanter als der Heimatmarkt. „Da geht einfach noch viel mehr“, meint der Branchenkenner. In Großbritannien etwa erzielten Aldi und Lidl Wachstumsraten von 20 bis 30 Prozent. Da sei es für die Unternehmen sinnvoll, ihr Hauptaugenmerk auf diese Länder zu richten.
2013 hatten die Discounter ihren Marktanteil in Deutschland noch ausbauen können. Auch weil sie viele Millionen in die Modernisierung ihrer Filialen investierten und ihr Frischeangebot - Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch - ausbauten. Sie machten damit nicht nur den Supermärkten, sondern auch den Fachhändlern von der Bäckerei über die Metzger bis zum Gemüsehändler die Kunden streitig.
Auch 2015 wird für die Discounter kein einfaches Jahr werden, ist Adlwarth überzeugt. Zwar werde es wohl nicht mehr so dramatische Preiskämpfe geben wie 2014. Und die Entwicklung bei Discountern und Supermärkten werde nicht mehr so weit auseinanderklaffen. Doch der Trend zu mehr Qualitätsbewusstsein werde die Supermärkte weiter beflügeln, glaubt Adlwarth. „Die Discounter werden es sicher weiter schwer haben.“