Schöne Bescherung?! Im Spielwarenhandel zeichnen sich im Weihnachtsgeschäft größere Lieferschwierigkeiten ab als bislang befürchtet. So warnt der Hersteller Playmobil vor einem „deutlichen Engpass im Dezember“. Playmobil-Produkte „werden dann nicht überall verfügbar sein, weil wir mit extremen Materialengpässen zu kämpfen haben“, sagt ein Unternehmenssprecher. Verantwortlich seien vor allem knappe Verpackungsmaterialien und fehlende Elektronikteile aus dem asiatischen Raum.
Auch der Spielfigurenhersteller Schleich kämpft „mit Container-Engpässen und Rohstoff-Knappheit“ und versucht mit Sondertransporten, zum Beispiel per Bahn, derzeit zusätzliche Lieferungen zu organisieren. „Obwohl wir mit unseren Lieferanten den Rohstoffbedarf bis zu zwei Jahre im Voraus vereinbaren und wir große Bestände bis Ende 2022 eingeplant haben, treten bei einigen Materialien Engpässe auf“, teilt das Unternehmen mit. Dies führe auch in der Produktion selbst zu Verzögerungen. Konkret stehe Schleich bei rund „20 Prozent“ der Produkte „vor besonderen Herausforderungen“, etwa bei den Produktlinien „Horse Club“ und „Dinosaurs“. Einzelne Spielsets würden „ab Dezember nicht rechtzeitig lieferbar sein“.
Auch die Ravensburger-Gruppe rechnet bei einzelnen Artikeln mit Verzögerungen. Dabei verfüge das Unternehmen im Vergleich zur Spielwarenbranche noch über „eine gute Ausgangsposition“, teilt ein Sprecher mit, „da wir den größten Teil unserer Produkte selbst und auch in hoher Fertigungstiefe in unseren beiden Werken in Ravensburg und Policka, Tschechien, produzieren“. Damit sei Ravensburger weniger auf Zulieferungen angewiesen. Den Engpässen begegne man zwar mit langfristiger Planung, frühzeitigen Bestellungen und entsprechender Lagerhalterung. „Allerdings gelingt das nicht bei allen Materialien“, und wenn nur eine – beispielsweise eine elektronische Komponente – später eintreffe, verschiebt sich die Fertigung des betreffenden Produkts. Die Folgen sind im Einzelhandel zu spüren. Zwar haben sich Marktschwergewichte wie die Nürberger Vedes, Europas Großhändler Nummer eins bei Spiel-, Freizeit- und Babyartikeln, „frühzeitig und ausreichend mit Ware bevorratet“, sagt Vorstandschef Thomas Märtz. „Mit Blick auf die aktuelle Lage raten wir jedoch zum Tempo beim Geschenkekauf, denn was ausverkauft ist, kann schwer nachbestellt werden – das gilt vor allem für die begehrten und TV-beworbenen Top-Seller“, so März.
Darauf deuten auch exklusive Daten des Stuttgarter Unternehmens Price Intelligence hin, eines auf Preismonitoring spezialisierten Datenanbieters für den Onlinehandel. Für die WirtschaftsWoche haben Geschäftsführer Sebastian Klumpp und ein Team um Laurenz Kögler rund 130.000 Artikel aus verschiedenen Warengruppen analysiert, die auf großen Onlineplattformen wie Amazon, Idealo und Google angeboten werden.
Das Resultat: Gerade im Spielwarensegment machen sich Lieferengpässe und Logistikschwierigkeiten bereits deutlich bemerkbar. Die Zahl der verfügbaren Produkte geht in einzelnen Kategorien zurück, gleichzeitig steigen die durchschnittlichen Preise. So ist der für Preis für Spielfiguren im Onlinehandel seit August im Schnitt um 2,28 Prozent gestiegen. Gleichzeitig sind 1,2 Prozent weniger unterschiedliche Spielfiguren am Markt verfügbar. Die Anzahl, der von Onlinehändlern angebotenen Figuren, ist sogar um knapp 13 Prozent gesunken.
Auch die Anzahl der Lego-Angebote ist den Daten zufolge stark rückläufig.
„Preiserhöhungen von acht bis zehn Prozent“
Lego Deutschland sieht sich indes gut gerüstet. „Wir profitieren von einer weltweit sehr gut funktionierenden Lieferkette mit dezentralen Produktionsstandorten“, teilt das Unternehmen mit. „Derzeit können wir keine nennenswerten Störungen bei der Gesamtversorgung mit unseren Produkten oder bei Rohstoffen verzeichnen und sind in der Lage, die Nachfrage zu decken.“ Allerdings sei die globale Versorgungslage „sehr dynamisch“. Ganz ähnlich klingt eine Sprecherin des Kuscheltier-Spezialisten Steiff: „Auch bei Steiff gibt es das Problem, dass vereinzelnde Rohmaterialien zum Teil verspätet eintreffen“. Da das Unternehmen „aber ein breit gefächertes Warensortiment anbietet, sind nicht alle Produktbereiche betroffen und es wird zu Weihnachten noch eine ausreichende Auswahl an Steiff-Tieren geben“. Auch Uwe Weiler, Geschäftsführer der Simba-Dickie-Gruppe (Bobby-Car, Schuco), sieht im eigenen Unternehmen „keine akuten Engpässe“. Für einzelne Produkte zeichnen sich aber „Nachschubschwierigkeiten“ ab. Das gelte vor allem für Spielwaren, in denen Elektronikteile verbaut sind, etwa funkferngesteuerte Autos und Drohnen. „Aber auch Soundmodule, die in Kinder-Werkbänken, -Küchen oder Bobbycars im Einsatz sind, sind momentan schwer zu bekommen.“
Zudem steige der Kostendruck. „Die Frachtraten sind in den vergangenen Monaten geradezu explodiert“, so Weiler. „Zugleich sind unsere Kosten für Energie, Kunststoffe und Verpackungsmaterialen deutlich gestiegen“. Aufgrund bestehender Lieferverträge habe Simba-Dickie die Preise in diesem Jahr nur um rund fünf Prozent erhöhen können. „Wie die gesamte Branche kommen wir 2022 aber an weiteren Preiserhöhungen von durchschnittlich acht bis zehn Prozent nicht vorbei.“ Das trifft zunächst den Handel, der die höheren Einkaufspreise aber an die Konsumenten weitergeben dürfte. „Denn der Handel kann diesen Kraftakt keinesfalls alleine stemmen“, so Vedes-Vorstandschef Märtz.
Im Onlinehandel scheinen einige Anbieter die Entwicklung bereits vorwegzunehmen. Laut den Datenspezialisten von Price Intelligence sind seit August beispielsweise Spielzeugfahrzeuge sowie Mal- und Bastelartikel teurer geworden.
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