Lufthansa-Billigflieger Eurowings macht in Moskau den Abflug

Die vermeintliche Marktlücke wird zum schwarzen Loch: Eurowings stellt nach nur einem Jahr die Flüge nach Moskau wieder ein. Die russische Luftfahrt-Misere kennt nur einen großen Profiteur.

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Die Lufthansa-Tochter streicht Moskau aus dem Winterflugplan. Quelle: Imago

Moskau Der Lufthansa-Billigtochter Eurowings stellt nur ein Jahr nach der Aufnahme der Flüge von Berlin Richtung Moskau die Route wieder ein. Der Konzern begründet die Entscheidung mit Unwirtschaftlichkeit. „Die Route hat unsere hohen Renditeerwartungen nicht erfüllt“, sagte Sprecher Heinz Joachim Schöttes dem Handelsblatt. Daher werde sie zum Winterflugplan aus dem Programm genommen.

Eurowings bedient mit einer Flotte von 88 Flugzeugen insgesamt etwa 130 Routen in Europa, Nord- und Südamerika. Mit einem Umsatz von 1,9 Milliarden Euro und 4,5 Millionen Fluggästen, die das Unternehmen 2015 allein in Düsseldorf abfertigte, gehört Eurowings zu den zehn größten Billigfluganbietern Europas. Mit Russland hatte der Konzern allerdings wenig Glück.

Eurowings hatte versucht, in die Lücke zu stoßen, die nach dem Ausstieg von Air Berlin 2015 in Russland entstanden war. Doch die Lücke erwies sich als schwarzes Loch. Das Passagieraufkommen in Russland auf den internationalen Routen fällt seit 2015 unaufhörlich. Nach Angaben der Flugbehörde Rosaviazija wurden im vergangenen Jahr 32,3 Millionen Passagiere auf internationalen Flügen außerhalb der GUS abgefertigt. Das ist ein Minus von 18,6 Prozent gegenüber 2014.

In diesem Jahr hat sich der Sturzflug nur noch beschleunigt. Im ersten Halbjahr lag das Minus mit nur 10,5 Millionen Passagieren bei 30 Prozent. Über die Auslastung der Eurowings-Flieger machte Schöttes keine Angaben.
Hauptgründe für die Reiseunlust der Russen sind die mit dem Ölpreisverfall einhergehende Rubelabwertung und die Wirtschaftskrise im Land.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts WZIOM zum Sommerbeginn gaben 45 Prozent der Befragten an, ihren Urlaub zu Hause verbringen zu wollen. Eine weitere große Gruppe konnte sich nur Urlaub auf der Datscha – das russische Gartenhäuschen im Grünen – leisten. Nur drei Prozent zogen eine Auslandsreise in Betracht. Der billige Rubel hat Reisen ins Ausland für die meisten Menschen zum Luxus gemacht.

Der Anschluss der Krim rief zudem die westlichen Sanktionen, einen Rückgang des Handels und damit auch einen deutlichen Rückgang bei Geschäftsreisen hervor. Zugleich schürte der in den Medien ausgetragene Streit gegenseitige Ressentiments. Viele Russen erscheint es geradezu unpatriotisch, außerhalb der Heimat Urlaub zu machen Folgerichtig wurden Italien, Spanien oder Österreich durch die Krim, Sotschi und den Kaukasus ersetzt.


Die Branche hat große Probleme

Eine Sonderrolle in der Entwicklung spielte der türkisch-russische Konflikt infolge eines abgeschossenen russischen Kampfjets an der türkisch-syrischen Grenze Ende 2015. Die russische Führung verbot den Verkauf von Pauschalreisen und Charterflügen in die einstige russische Urlaubshochburg. Erst jetzt bessern sich die Beziehungen zwischen Ankara und Moskau wieder.

Für die Betreiber von Linienflügen hingegen besteht wenig Hoffnung auf eine schnelle Wiederbelebung. Zahlreiche Airlines, vor allem so genannte Lowcost-Anbieter, haben mit der Streichung von Flügen nach Moskau reagiert. Vor Eurowings hatten so die deutschen Fluggesellschaften Germania und Air Berlin, die österreichische Niki und die britische Easyjet ihre Verbindungen nach Russland ganz eingestellt. Ebenfalls nicht mehr auf dem russischen Markt sind Thai Airways und die chinesische Cathay Pacific.

Die Lufthansa zog sich aus den russischen Regionen zurück und blieb in Moskau lediglich in Domodedowo vertreten – vorher hatte die Airline auch ein Standbein auf dem Flughafen Wnukowo. Die skandinavische SAS und El Al aus Israel haben ihr Routennetz nach Russland ebenfalls verkleinert.

Wie groß die Probleme der russischen Flugbranche sind, demonstriert der Bankrott der Transaero. 2014 schon in finanzielle Turbulenzen geraten wurden der bis dahin zweitgrößten russischen Airline wurden im vergangenen Herbst endgültig die Flügel gestutzt. Ein geplanter Verkauf an den Mitbewerber S7 wurde in letzter Minute von der Regierung abgeblasen, das Unternehmen für bankrott erklärt und der Flugbetrieb eingestellt. Die Abwicklung läuft immer noch. Nach Angaben von Vizepremier Arkadi Dworkowitsch belaufen sich die hinterlassenen Schulden des Unternehmens auf umgerechnet rund 900 Millionen Euro.

Einziger Profiteur der Lage scheint die staatliche Aeroflot zu sein. Das Unternehmen konnte bei einem allgemeinen Rückgang der Passagierzahlen in Russland 2016 seine Zahlen um 12,2 Prozent verbessern. Auch der Gewinn kann sich sehen lassen. Musste Aeroflot im ersten Halbjahr 2015 noch einen Verlust über umgerechnet 15 Millionen Euro quittieren, bilanzierte die Fluglinie im gleichen Zeitraum 2016 schon gut 110 Millionen Euro Gewinn.

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