Luis Sailer Jüngster Biersommelier der Welt sagt Komasaufen den Kampf an

Er ist der wohl jüngste Biersommelier der Welt. Der 16-jährige Luis Sailer will Gleichaltrige dazu bringen, Bier nicht einfach hinunterzuschütten, sondern die Genussvielfalt des Getränks vermitteln.

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Luis Sailer: Jüngster Biersommelier der Welt sagt Komasaufen den Kampf an Quelle: dpa

Wie der Vater, so der Sohn - Luis Sailer hat es einfach umgedreht. Als sein Vater den gerade 16-jährig Gewordenen im vorigen Sommer fragte, ob er nicht Biersommelier werden möchte, sagte der Gymnasiast zu, aber unter einer Bedingung: „Nur, wenn Du mitmachst.“ Also ließ sich Dietrich Sailer gemeinsam mit seinem Sohn bei der Doemens Genussakademie in Gräfelfing bei München zum Biersommelier ausbilden. Seit Anfang des Jahres ist Luis Sailer der vermutlich jüngste diplomierte Berater der Welt in Sachen Bier. Er kennt jedenfalls keinen Biersommelier, der noch jünger ist als er.

Der Jugendliche darf, seit er 16 ist, ganz legal Bier trinken. Am Bierschaum genippt hat er daheim schon als Kind, „es hat mir aber nicht besonders geschmeckt“. Doch mit dem Getränk ist er seit jeher eng verbunden: Getauft wurde Luis Sailer nicht irgendwo, sondern beim Schaustellergottesdienst im Hippodrom auf dem Münchner Oktoberfest, „weil der Vater so ein Wiesn-Fan ist“. Er kommt schließlich aus einer Brauerfamilie. Seit 120 Jahren produzieren die Sailers in Traunstein Bier, das dortige Hofbräuhaus wurde bereits 1612 von Kurfürst Maximilian I. gegründet.

Der Titel des weltjüngsten Biersommeliers ist Luis Sailer nicht wichtig, wie er sagt. Vielmehr will er als Botschafter des guten Geschmacks gegen zwei Fronten ankämpfen: „Gegen gleichaltrige Komasäufer, die kein Maß kennen, und gegen eine absolute Verbotskultur, die dies vermutlich noch beschleunigt.“

Die vier Phasen des Alkohol-Rauschs

Als Sommelier könne er helfen, Bier auf eine Genussebene zu heben. „Da können junge Menschen verstehen lernen, welche Genussvielfalt im Bier steckt und wie unsinnig es ist, es in sich hineinzuschütten.“

Zwei Wochen Weiterbildung an der Genussakademie

Also belegte er an der Genussakademie vor den Toren Münchens einen zweiwöchigen Kurs. „Die erste Woche erinnert eher an Schule, während es in der zweiten Woche um die praktische Anwendung geht“, schildert Luis Sailer. Im Gegensatz zum Braumeister-Studium lerne der Sommelier, wie Bier schmeckt.

Die zehn größten Biermythen
Mythos 1: Abgelaufenes Bier darf man nicht mehr trinkenIm Keller finden Sie ein Sixpack Bier, das lange abgelaufen ist. Bloß nicht mehr trinken, denken Sie. Falsch: Auch abgelaufenes Bier können Sie problemlos trinken, wenn die ungeöffnete Flasche richtig gelagert wurde – also trocken kühl und vor allem dunkel. Der Grund: Hopfen konserviert und hält das Bier frisch. Lediglich der Geschmack kann sich leicht verändern. Quelle: dpa
Mythos 2: Bier hat viele KalorienEin großes Bier ist wie eine Bratwurst, heißt es oft. So rechtfertigt mancher seinen Bierbauch. Doch Bier ist eigentlich keine Kalorienbombe und schon gar kein Dickmacker. Selbst ein Glas Apfelsaft (250 Kalorien) ist ungesünder als ein halber Liter Gerstensaft (200 Kalorien). Da Bier jedoch den Appetit anregt, greift man oft neben einem Glas Bier zu heimlichen Dickmackern wie Erdnüssen, einer Wurst oder einer Brezel – so entsteht das Hüftgold, dessen Ursache fälschlicherweise dem Bier zugeschrieben wird. Quelle: dpa
Mythos 3: Ein gutes Bier braucht sieben MinutenDer Wirt zapft und zapft und zapft – mindestens sieben Minuten soll ein Pils gezapft werden, damit es gut schmeckt, so die Argumentation. Das ist Quatsch. Ein gutes Bier ist kalt, um die acht Grad, aber eine lange Zapfzeit verbessert nicht den Geschmack. Im Gegenteil, wird ein Bier zu lange gezapft, kommt es bereits schal beim Gast an. Moderne Zapfhähne brauchen daher zwischen zwei und drei Minuten für ein frisches Pils.   Quelle: dpa
Mythos 4: Bier macht große BrüsteAngeblich soll Hopfen pflanzliche Östrogene enthalten, das die Brüste wachsen lässt. Wer den Test macht, stellt jedoch schnell fest, dass  auch das ein Mythos ist. Nach fünf Bier sind die Brüste noch genau so groß wie vorher. Auch wissenschaftlich ist die These nicht bewiesen. Zwar enthält Bier tatsächlich Östrogene, die sogenannten Phytoöstrogene, allerdings in so geringen Mengen, dass sie keine Wirkung zeigen. Quelle: dpa
Mythos 5: Auf Hawai gibt es kein Bier……sang einst Paul Kuhn. Das ist ein Mythos, denn auf Hawai gibt es sogar gleich mehrere Brauereien und auf vielen deutschen Bierbörsen wird die südländische Spezialität sogar verkauft.Beispielsweise das „Volcano Red Ale“ der Mehana Brewery Company. Quelle: dpa
Mythos 6: Bier auf Wein, das lass sein…….heißt es im Volksmund. Auch das ist ein Mythos, denn zumindest wissenschaftlich es ist egal, wann man was trinkt. Trotzdem hat der Spruch einen Grund: In der deutschen Trinkkultur galt Wein lange als höherwertiges Getränk. Wer also nach dem Weinkonsum ein Bier bestellte, gesellte sich in die niederen Ränge. Quelle: dpa
Mythos 9: Alkoholfreie Biere enthalten Null Prozent AlkoholReingefallen. Alkoholfreie Biere schmecken nicht nur wie normales Bier, viele von ihnen enthalten immer auch ein ganz klein wenig Alkohol. Laut Gesetz darf jedes Bier mit weniger als 0,5 Prozent Alkohol als alkoholfrei verkauft werden. Trotzdem muss sich niemand Gedanken machen, der zu einem alkoholfreien Bier greift. Um ein kritisches Level zu erreichen müsste man enormen Mengen trinken. Quelle: dpa

Trotz des Diploms in der Tasche geht für den Jugendlichen die Schule vor. Nach dem Abitur im Sommer 2017 könnte ein Jurastudium folgen. „Auch Betriebswirtschaftslehre kommt in Frage.“ Die zusätzliche Ausbildung zum Braumeister sei allenfalls eine Option. Sein Wissen als Biersommelier will er in jedem Fall weitergeben. Der 16-Jährige ist davon überzeugt, dass ein gutes Bräustüberl auf Dauer nicht auf das Fachwissen eines Biersommeliers verzichten kann.

In Mode geratene Craft-Biere sieht Luis Sailer indessen nicht als Gefahr für das Reinheitsgebot, dessen 500. Geburtstag nun gefeiert wird. „Natürlich versuchen es manche zu umgehen, um noch mehr ausprobieren zu können.“ Doch gebe es genügend Brauereien, die das älteste bis heute bestehende Lebensmittelgesetz der Welt so hoch halten wie eh und je. Schließlich könne auch innerhalb des Reinheitsgebotes „an vielen Stellschrauben gedreht werden“.

Dennoch seien Craft-Biere gut für Verkostungen. „Mango, Erdbeere, Kirsche, aber auch Schokolade und Kaffee kommen oft zum Vorschein. Ob sich das allerdings in Bayern etablieren wird, bezweifle ich.“

Zutaten für Bier nach deutschem Reinheitsgebot

Als bekannt wurde, dass ein 16-Jähriger aus Bayern der weltweit jüngste Biersommelier ist, gab es in der Branche nicht nur positive Reaktionen. „Auch wenn es vom rechtlichen Standpunkt aus okay ist, halten wir ein aktives werbliches Vorgehen für Bier in diesem Alter für unglücklich“, sagt Geschäftsführer Walter König vom Bayerischen Brauerbund. Er empfiehlt dem jungen Bier-Berater, das Diplom erst mit Erreichen des 18. Lebensjahres tatsächlich anzuwenden.

„Das verstehe ich überhaupt nicht“, meint Luis Sailer dazu. „Das ist genau die falsche Reaktion auf den übermäßigen Bierkonsum von jungen Menschen. Der Brauerbund sollte mehr junge Menschen dazu bewegen, sich zum Biersommelier ausbilden zu lassen, damit sie lernen, welche Genussvielfalt im Bier steckt.“

Um die Zukunft des Bieres ist ihm jedenfalls nicht bange. „Bier hat in den vergangenen Jahren an Wertschätzung gewonnen.“ Das Reinheitsgebot werde auch das 21. Jahrhundert überdauern, ist sich der Sommelier sicher.

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