Luxusmode Escada meldet erneut Insolvenz an

Eine Frau geht vor dem Haupteingang der Escada-Zentrale in München am Firmenlogo vorbei. Quelle: dpa

Das Luxuslabel Escada galt als Leuchtturm der Branche, kleidete Prinzessin Diana und Schauspielerin Demi Moore ein. Nun wurden die Mitarbeiter über einen Insolvenzantrag der Escada SE informiert.

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Die Adresse dürfte den Insolvenzrichtern am Münchner Amtsgericht langsam bekannt vorkommen: Im Dezember vergangenen Jahres musste der Automobilzulieferer Schlemmer Group mit Sitz am Einsteinring im Gewerbegebiet der Kleinstadt Aschheim bei München Insolvenz anmelden. Mit Wirecard folgte im Juni die nächste, weitaus schlagzeilenträchtigere Pleite mit der Firmenanschrift „Einsteinring, 85609 Aschheim“.

Nun hat es wieder ein prominentes Unternehmen aus dem Einsteinring erwischt: Nach Informationen der WirtschaftsWoche will das Luxus-Modeunternehmen Escada SE am Dienstag Insolvenzantrag stellen. Das geht aus einem Schreiben an die Mitarbeiter des Unternehmens hervor, das dem Magazin vorliegt. Die Konsequenzen der Covid-19-Pandemie „führen leider dazu, dass die Escada SE heute beim zuständigen Amtsgericht in München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens einreicht“, heißt es darin. Der Antrag beziehe sich allein auf die Escada SE und nicht auf andere Gesellschaften der Gruppe.

Das Unternehmen war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Escada hatte bereits 2009 ein Insolvenzverfahren durchlaufen. Damals war es Insolvenzverwalter Christian Gerloff gelungen, mit der Unternehmerin Megha Mittal, Schwiegertochter des indischen Stahl-Unternehmers Lakshmi Mittal, schnell eine Käuferin zu finden. Mittal zahlte nach Branchenschätzungen damals rund 60 Millionen Euro und erfüllte sich mit dem Kauf nach eigenen Angaben einen Kindheitstraum.

Doch den früheren Glanz der Marke Escada konnte auch Mittal nicht wiederbeleben. Spätestens nach dem Abgang des langjährigen Chefs Bruno Sälzer verlor Escada schnell an Boden. Nach Sälzer übernahm der Amerikaner Glenn McMahon, es folgte eine fast einjähriges Führungsvakuum, bevor die indische Unternehmerin Mittal mit Iris Epple-Righi 2016 eine erfahrene Managerin ins Unternehmen holte, die zuvor bei Top-Marken wie Calvin Klein oder Tommy Hilfiger tätig war.

Doch der Erfolg blieb aus. Der Umsatz im deutschsprachigen Raum sank nach den zuletzt im Bundesanzeiger verfügbaren Zahlen für 2017 um acht Prozent auf nur noch 113,6 Millionen Euro, während sich der Verlust von 7,8 auf 16,5 Millionen Euro sogar mehr als verdoppelte. Für 2019 wurde ein Umsatzanstieg auf 122 Millionen Euro erwartet. Ob der tatsächlich realisiert werden konnte, scheint jedoch fraglich. Im Herbst 2019 verkaufte Mittal das Unternehmen schließlich an den US-Finanzinvestor Regent, dessen Motivation für die Übernahme bislang im Dunkeln blieb. „Wir sind geehrt, auf der harten Arbeit von Megha Mittal und dem sehr talentierten Escada-Management-Team aufzubauen und zu neuen Höhen zu verhelfen“, hieß es lediglich in einer Pressemitteilung.

Den Verwaltungsrat der Escada SE bildeten fortan Monica Pamela Van Zyl, Mariska Supra und Elmarie Ibanez, drei Frauen mit Adresse in Südafrika. Wenig später verließen die Geschäftsführerin Epple-Righi und Finanzchef Torsten Dühring das Unternehmen. Ihnen folgten im Februar zwei Damen mit Wohnsitz in Südafrika. Ob und wie sie das Unternehmen aus der Ferne steuerten, bleibt offen. Auch ihre Bestellung zu Geschäftsführerinnen wirft Fragen auf. Laut einem im Handelsregister hinterlegten Protokoll stimmte der Verwaltungsrat am 19. Februar 2020 via Telefonkonferenz über die Personalien ab. Erstaunlicherweise datiert das von der Verwaltungsratsvorsitzenden unterschriebene Protokoll, in der die Telefonkonferenz erwähnt wird, aber schon vom 18. Februar.

Klar ist: Escada ist inzwischen auf einen Bruchteil der einstigen Größe geschrumpft. In der Bilanz von 2017 ist von rund 300 Mitarbeitern die Rede. „In den vergangenen zehn Monaten hat Escada seinen Weg zur Profitabilität begonnen“, heißt es nun im Schreiben an die Mitarbeiter. Es seien verschiedene Schritte eingeleitet worden, um Arbeitsprozesse zu verbessern und das Unternehmen „war auf dem Weg, die gesetzten Ziele zu übertreffen, bevor die globale Covid-19-Pandemie ausgebrochen ist“. Leider sei diese nicht nur eine humanitäre Tragödie, schreibt das Escada-Management, „sondern auch eine Plage für die gesamte Luxusmodebranche und den Einzelhandel.“

Ob die Marke noch zu retten ist, muss nun der vorläufige Insolvenzverwalter klären, den das Amtsgericht München innerhalb der nächsten Stunden bestellen dürfte. „Dieser wird dann die Leitung der Geschäfte übernehmen“, schreibt das Management. Löhne und Gehälter werden zunächst als Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt.

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