Maggi-Kochstudio 2.0 „Das hier ist der erste begehbare Food-Blog“

Fast in jedem Haushalt steht der Suppenwürzer Maggi im Küchenregal. In eigenen Kochstudios schult die Nestlé-Tochter Kunden am Herd. Aus der Lernküche wird nun eine Bühne für Video-Blogger – auch dank des Internets.

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Die Marke will aus dem Kochstudio heraus ihren Social-Media-Aktivitäten mehr Leben verleihen. Foto: obs/Maggi GmbH/David Vasicek.

Frankfurt Es ist ein ungewöhnliches Küchengerät – hochaktuell, obwohl es an einen Tageslichtprojektor aus den 1980er-Jahren erinnert. Die Vorrichtung ermöglicht es, die Speisen vor dem Essen auf einfache Weise professionell zu fotografieren und so im Internet zu zeigen. Die Küchenkamera ist gewissermaßen der Kern des neu erfundenen Maggi-Kochstudios, das der Nahrungsmittelkonzern Nestlé am Mittwoch in Frankfurt eröffnet. Anders als vor dem Umbau steht nicht mehr im Mittelpunkt, möglichst vielen Maggi-Kunden im Laden das Kochen mit dem Suppenwürzer beizubringen. Dabei können sie dort immer noch etwas essen, Maggi-Tüten kaufen und auch Kochkurse belegen.

Doch die Hauptsache ist: Die Marke will aus dem Kochstudio heraus ihren Social-Media-Aktivitäten mehr Leben verleihen. Der auf 380 Quadratmeter vergrößerte Laden wird zur Bühne. Oder, wie Roel Annega, seit Jahresanfang Maggi-Deutschlandchef, sagt: „Das hier ist der erste begehbare Food-Blog.“

Schon bislang ist Maggi im Netz aktiv. Sechs Ernährungswissenschaftlerinnen zeigen in Blogs und Videos persönliche Rezepte und Koch-Tipps. Kunden erfahren so etwa, wie sich der Reisersatz Qunioa am besten zubereiten lässt. Künftig soll ein Teil dieser Videos direkt im Laden entstehen, werden die Bloggerinnen zu festen Zeiten im Laden sein und dort ihre Beiträge schreiben. „Ganz wichtig ist für uns die Verknüpfung von Offline- und Online-Welt“, sagt Annega. Selbst tragen muss sich das Angebot daher nicht – es fällt ins Marketing-Budget.

Den Social-Media-Aktivitäten verleiht der direkte Kundenkontakt mehr Glaubwürdigkeit – das dürfte eine der wichtigsten Funktionen des Ladens werden. Schließlich erreicht Maggi im Netz ungleich mehr Kunden: 25 Millionen Kontakte gab es laut Nestlé für die Inhalte allein 2016, im laufenden Jahr dürften es mindestens doppelt so viele werden. Da ist es nur konsequent, dass die übrigen fünf deutschen Kochstudios etwa in Dortmund und Hamburg schon seit fast zwei Jahren geschlossen sind. Übrig bleibt allein der Laden am Nestlé-Deutschlandsitz Frankfurt. Hier können Maggi-Mitarbeiter einerseits auf echte Kunden treffen, andererseits aber auch über das Netz mit der ganzen Welt in Kontakt treten.

Das Kochstudio dient so nicht nur als Experimentierfeld für Rezepte. Hier startet Nestlé auch Digital-Versuche – etwa einen Chatbot für Kochtipps, zusammen mit einem Dienstleister. Per Facebook-Messanger können Kunden die künstliche Intelligenz KIM wie in einem Gespräch nach Rezepten und Kniffen fragen – und auch gleich online einkaufen.

Im Erfolgsfall könnte das Kochstudio ein Bespiel für andere Nestlé-Aktivitäten werden. Bislang ist der deutsche Ableger einmalig. Andere Ländergesellschafter beäugten den Versuch jedoch genau, sagte ein Nestlé-Sprecher. Ein Vorteil sei der direkte Kundenkontakt, den Nestlé in noch größerem Maße sonst nur beim Kaffeekapsel-System Nespresso mit seinen eigene Läden hat. Ansonsten vertreibt Nestlé über den Lebensmitteleinzelhandel.

Passend zu den informierteren Verbrauchern im Internet veröffentliche Nestlé am Dienstag globale Ziele für die Marke Nestlé. Bis 2020 sollen auf den Zutatenlisten nur noch Dinge vorkommen, die die Verbraucher aus der eigenen Küche kennen – also etwa keine Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe mehr. Zudem soll der Salzgehalt um zehn Prozent sinken. Maggi-Chef Annega präsentierte dafür einen Gemüsekorb, der die Zutaten neuer veganer Maggi-Fix-Tüten verdeutlichen soll. 95 Prozent der Maggi-Produkte in Deutschland kommen bereits ohne Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe aus, hieß es.

Eine ähnliche Strategie verfolgt Hauptkonkurrent Unilever bei seiner Marke Knorr. Für die Umstellung könnten sogar Maggi-Produkte ganz aus dem Angebot verschwinden. Nur die klassische Würze in der schwarzen Flasche bleibe – trotz Geschmackverstärkers in der Rezeptur – unverändert, versprach Annega. Schließlich ist sie die Ikone der Marke, die seit 1887 in Deutschland aktiv ist.

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