




Die Datenspur, die Onlineshopper hinterlassen, ist lang. Jeder Seitenaufruf, jeder Klick verrät mehr über die eigenen Vorlieben. Das lässt sich nicht nur dazu verwenden, das eigene Angebot zu optimieren. Wer weiß, was der Kunde wann, wo und wie kauft, kann daran auch die eigenen Preise ausrichten.
Reiseportale im Netz standen schon lange im Verdacht, den Kunden mit Tricks das Geld aus der Tasche zu ziehen. Wer wiederholt eine bestimmte Flugverbindung sucht, bemerkt steigende Preise. Eine Lesart: Der Betreiber erkennt den Nutzer anhand sogenannter Cookies wieder, registriert dessen anhaltendes Interesse – und schlägt daraus Kapital.
Es ist nicht die einzige Möglichkeit, mit dem Kaufverhalten im Netz extra Kasse zu machen. 2012 berichtete das "Wall Street Journal" über einen anderen Trick: Kunden, die mit einem Apple-Produkt das Online-Reisebüro Orbitz aufriefen, bekamen deutlich mehr Luxushotels angezeigt als üblich. In den angezeigten Suchergebnissen von Mac-Usern waren bis zu 30 Prozent teurere Angebote als in denen für Windows-Nutzer. Apple-Jünger werden es schon haben, dachten sich die Köpfe hinter der eher plumpen Art der Preispersonalisierung.
Kurz nachdem der Trick durch die Medien ging, deklarierte Orbitz ihn als Test um und stellte ihn dann ein. Trotzdem bleibt bei vielen Onlineshoppern das Gefühl, beim Einkauf im Netz leicht von einem Algorithmus ausgetrickst werden zu können. Warum die Sorge zumindest nicht völlig unbegründet ist, zeigt eine Studie der Northeastern University.
Die Forscher nahmen sechs amerikanische Reiseportale und zehn Online-Händler unter die Lupe. Darunter Giganten wie Home Depot, Walmart und Hotels.com. Mehr als 300 Tester riefen die Seiten mit unterschiedlichen Browsern und Betriebssystemen auf – und hatten folglich unterschiedliche Cookies auf den Rechnern. Zudem legten die Nutzer weitere Fake-Accounts an, um einzelne Faktoren wie den verwendeten Browser zu überprüfen.
Das Ergebnis des Feldversuchs ist eindeutig: Im Netz ist der Einheitspreis eine Illusion. Bei mehreren Reiseportalen und einem Online-Händler haben die US-Forscher klare Hinweise darauf gefunden, dass die Angebote und ihr Preis an unterschiedliche Nutzer angepasst werden. Beispielhaft zeigen die Untersuchungsergebnisse, mit welchen Methoden die Händler an Preisen drehen.
Kunden werden kategorisiert
Hotels.com und Expedia etwa teilen die Nutzer nach Erkenntnis der Forscher in unterschiedliche Gruppen: Diejenigen, die auf Server A des Shops landeten, bekamen preiswertere Angebote als diejenigen, die auf Server B landeten. Im Schnitt waren um fast 20 Dollar teurere Angebote zu sehen. Nach welchen Kriterien genau die Nutzer einem Server zugeordnet werden, war für die Forscher nicht ersichtlich.
Häufig ließ sich die Zuordnung auf Cookies, also die Surf-Vergangenheit des Internetnutzers, zurückführen. Mitunter schien es purer Zufall zu sein. Pikant: Der Nutzer hat weder Einfluss darauf, welches Angebot er zu sehen bekommt, noch kann er es beeinflussen.
Was Sie bei der Preisjagd auf Vergleichsportalen beachten sollten
Die Stiftung Warentest rät Verbrauchern, immer mehrere Suchmaschinen zu benutzen, um den gesamten Markt abzubilden. Vor der Eingabe persönlicher Daten sollten Kunden sich in den Geschäftsbedingungen vergewissern, dass diese nicht an Dritte weitergegeben werden.
Wer günstig fliegen möchte, sollte bei Portalen suchen, die reine Preisvergleiche anbieten. Die Stiftung Warentest empfiehlt die Google-Flugsuche oder Swoodoo im Gegensatz zu den digitalen Reisebüros expedia.de oder opodo.de, die eine Provision für die Vermittlung nehmen. Verbraucher sollten den gefundenen Preis dann mit dem Angebot vergleichen, das der jeweilige Reiseanbieter auf seiner Internet-Seite direkt macht. Zusätzlich sollten Kunden darauf achten, welche Leistungen genau im Preis enthalten sind.
Bei der Suche nach dem günstigsten Tarif ist bereits bei den Voreinstellungen der Portale Vorsicht geboten, warnt die Verbraucherzentrale NRW: Die seien oft so gewählt, dass bei den vordersten Suchergebnissen Lockangebote landeten von Anbietern, welche für die Vermittlung eine Provision an das Portal zahlen. Um günstige und faire Angebote zu finden, sollten Verbraucher die Häkchen bei den Einstellungen selbst setzen und etwa „Alle Boni und Rabatte in die Gesamtkosten einrechnen“ anklicken und „Alle Tarife“ anzeigen lassen, um den wahren Endpreis zu sehen. Oft stünden wirklich günstige Tarife erst an vierter bis zehnter Stelle. Bei verivox.de etwa werden bei den Suchergebnissen ganz oben Anzeigen von Unternehmen geschaltet, die oft teurer sind als andere Anbieter. Immerhin bietet Verivox aber bei den Voreinstellungen eine „Stiftung-Warentest-Empfehlung“ an. Bei Vorkasse-Tarifen droht bei einer Anbieterpleite Geldverlust.
Bei der Suche nach Tagesgeldzinsen ist wichtig, sich die Konditionen anzuschauen, rät die Verbraucherzentrale NRW: Wie hoch ist die Einlagensicherung? Wann werden die Zinsen gezahlt? Ist die Service-Hotline auf Deutsch und kostenlos? Dies kann bei den Sucheinstellungen berücksichtigt werden.
Die Einrichtungskette Home Depot unterscheidet offenbar zwischen den Nutzern von Smartphones und Tablets und den PC-Nutzern. Der amerikanische Händler spielt auf mobilen Browsern anders personalisierte Angebote aus. Im Schnitt waren die angezeigten rund 100 Dollar teurer als die, die auf Desktop-Computern angezeigt wurden. Besonders bemerkenswert: Für Nutzer von Googles Android-System kosteten die gleichen Produkte durchschnittlich 41 Cent mehr als sonst. Eine Erklärung dafür fanden die Forscher nicht.
Auch das Reiseportal Travelocity unterscheidet zwischen mobilen und Desktop-Nutzern. Wer mit Smartphone oder Tablet auf die Seite geht, bekommt nicht nur etwas andere Hotels angezeigt, sondern musste bei einigen Hotels auch rund 15 Dollar weniger zahlen.
Belohnung für Mitglieder
Es geht übrigens auch weniger kompliziert: Die zum selben Konzern gehörenden Seiten Cheaptickets und Orbitz arbeiten mit einem Belohnungssystem für eingeloggte Mitglieder. So werden bestimmte Hotels für treue Kunden zu niedrigeren Preisen angeboten. Andersherum: Wer nicht eingeloggt ist, zahlt bei einigen Hotels etwa zwölf Euro mehr pro Nacht.





Mit ihrer Untersuchung kratzen die Forscher dabei erst an der Oberfläche einer ausgefeilten Preis-Maschinerie. Man habe Personalisierungen festgestellt, die man selbst nicht erklären könne, heißt es in der Studie.
Von den US-Forscher gefragt, bestätigten die Betreiber der Shops und Reiseportale zwar die Ergebnisse weitgehend, gaben sich aber sonst erwartungsgemäß wortkarg. Wer lässt sich schon gerne in die Karten schauen, wenn er am automatisierten Bestpreis feilt – besonders, wenn es der für die eigene Tasche ist.