




Thomas Koch beklagt in seiner letzten Kolumne „Werbesprech“ das langsame Sterben der Marken. Er sieht Persil oder Bärenmarke als bedrohte Arten - und hat auch schon einen Verantwortlichen ausgemacht: Das Internet.
Es schwemme neue Marken auf den Markt und verdränge die alten. Es habe die Anzahl der Kommunikationskanäle vervielfacht, auf denen die Kernbotschaft der Marken übermittelt werden muss. Die Schnelllebigkeit und die damit einhergehende Flüchtigkeit nage am Vertrauen und damit an der Loyalität der Kunden - und die sei das Fundament für Markenerfolg.
Soweit, so richtig. Doch der Schaden für die deutschen Wirtschaft ist damit völlig unzureichend beschrieben. Denn Kochs Beispiele betreffen nur einen Bruchteil der Unternehmen. Wenn beispielsweise eine der 400 Marken von Unilever aus dem Portfolio genommen wird, hat das auf die deutsche Wirtschaft ungefähr so viel Einfluss wie das sprichwörtliche Umfallen des Sacks Reis in China. In solchen Großkonzernen sind Markenverwalter am Werk, die Marken verschwinden lassen oder wiederbeleben - und zwar nach rechnerischem Kalkül. Dann wird aus Raider eben Twix, ansonsten ändert sich nix.
Vor allem aber tickt die Mehrheit der deutschen Unternehmen anders. Über 99 Prozent haben weniger als 500 Mitarbeiter. Sie haben keine Ansammlung von Produktmarken, sondern sind Unternehmensmarken. Hinter fast jeder dieser Marken steht die Gründungsgeschichte eines klugen Kopfes oder kreativen Machers, der die Firma aufgebaut hat. Sie sind in der Regel inhabergeführt. Die Menschen, die dort arbeiten, empfinden eine große Verbundenheit zu ihrem Arbeitgeber.
Wenn eine solche Marke stirbt, dann ist nicht nur das Unternehmen tot - sondern oft eine ganze Gegend. Loewe ist eines der bekannteren Beispiele, das in letzter Sekunde gerettet wurde. Die meisten kleinen Unternehmen haben diesen Promibonus nicht. Der Mittelstand, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, steht kurz vor dem Bandscheibenvorfall - und damit der größte Arbeitgeber und Ausbildungsort Deutschlands.
Mobilisiert Euch!
Was also tun? Sollte jeder nun wie der Autovermieter Sixt „ein Heer von rund 50 Mitarbeitern, die alleine für jeden Online-Kanal verantwortlich sind“ rekrutieren? Das ist natürlich ein schlechter Scherz, wenn man nur 50 Mitarbeiter hat.
Die kleinen und mittleren Unternehmen haben auch nicht die finanziellen Ressourcen, um ihre Marke wie vorgeschlagen per „Lead Agency“ ins digitale Zeitalter führen zu lassen. Sie verfügen oft noch nicht einmal über eine klare Strategie.
Kein Plan, kein Geld, keine Zeit - das ist Gift in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung. Eine Zeit, in der viele Kaufentscheidungen schon vor dem ersten Kontakt zwischen Unternehmen und Kunde getroffen werden.