Marketing "In Mathe bin ich Deko" - mehr als nur ein Witz?

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Ernster Missstand oder lapidarer Witz?

Frau hübsch, Werbefarbe lila: Das sehen Kritiker als diskriminierend und beleidigend für Frauen. Die Initiative

„Der einfachste Weg für Unternehmen, ihre Produkte los zu werden, ist, sie auf spezielle Zielgruppen zuzuschneiden“, sagt Schmiedel. „Das führt bei Kindern dazu, dass Mädchen und Jungs in eine bestimmte Richtung gedrängt werden.“ Auch das Otto-T-Shirt trage zu dieser Rollenverteilung bei: „Es ist ein Trend, Mädchen zu sagen, sie seien nur Deko.“ Vor allem sei ein solches T-Shirt demotivierend – nicht nur für Mädchen.

Kinder- und Jugendmarktforscher Axel Dammler plädiert stattdessen dafür den Spruch nicht allzu ernst zu nehmen und stattdessen als das wahrzunehmen, als das er gedacht war: als Witz. „Ich finde, es ist ein typisch deutsches Problem, dass wir sehr humorlos sind.“ Außerdem bezweifle er, dass die Welle der Entrüstung die mehrheitliche Meinung widerspiegelt. „Es beschweren sich einige hundert Menschen, aber die restlichen 50.000 haben sich nicht beschwert.“ Deshalb sei die Kritik nicht zu überschätzen: „Das ist eine subjektive Wahrnehmung von angeblichen Mehrheitsmeinungen, die nichts mit dem tatsächlichen Meinungsklima zu tun haben“, sagt Dammler.

Sein Kritikpunkt an der Debatte: „Es wird nicht wissenschaftlich, sondern ideologisch argumentiert.“ Das unterschiedliche Marketing für Jungen und Mädchen rechtfertigt Dammler mit Evolutionspsychologie: „Manche Dinge sind uns einfach angeboren“, sagt er. So herrsche in den meisten Kulturen vor, dass Mädchen mit Puppen spielen. Damit würden sie sich unbewusst auf ihre künftige Rolle als Mutter vorbereiten. „Frauen haben nun mal ein anderes Sozialverhalten in die Wiege gelegt bekommen als Männer.“

Gleichwohl räumt er ein, dass die Rollenverteilung auch gesellschaftlich geprägt ist – was sich etwa in der Mädchen zugewiesenen Farbe pink ausdrückt. Diese angelernte Vorliebe lasse sich jedoch im Marketing dafür ausnutzen, um Mädchen für Dinge zu anzulocken, die nicht dem klassischen Rollenbild entsprechen. Als Beispiel nennt er die Lego-Version für Mädchen "Lego Friends", die ebenso Kritik auslöste : „Wenn ich Mädchen für das Bauen begeistern will, dann geht das einfacher mit einem rosa Haus als mit einem Star-Wars-Schiff.“

So viele kritische Stimmen sich auf der Facebook-Seite von Otto finden, so viele positive finden sich auch. So schlägt ein Nutzer vor: „Wie wäre es mit einem T-Shirt "Ich verstehe keinen Spaß"?“

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