
Harsche Vorwürfe: Das Versandhaus Otto diskriminiere Frauen und der Modehersteller Mango mache Geschäfte auf dem Rücken von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. So schwerwiegend diese Behauptungen sind, so trivial sind die Produkte, die dahinter stecken. Bei Otto ist es ein T-Shirt für Mädchen mit der Aufschrift „In Mathe bin ich Deko“. Am Donnerstag nahm das Unternehmen das Kleidungsstück in Österreich aus dem Sortiment, nachdem es zahlreiche Internetnutzer auf der Facebook-Seite des Unternehmens als diskriminierend und herabwürdigend für Mädchen bezeichneten. In Deutschland kam es nicht zu diesem Schritt – es war schon ausverkauft.
Einige Tage zuvor erwischte die Welle der Entrüstung den spanischen Modehersteller Mango. Am 3. März beschwerten sich französische Nutzer auf der Facebook-Seite des Unternehmens über Armbänder, die in Frankreich als „Sklavenschmuck“ vermarktet wurden. Mango „normalisiere damit tragische historische Ereignisse, die bis heute das Leben von Millionen auf dem Globus beeinflussen“, heißt es in einer Online-Petition, die bereits über 8.000 Unterstützer hat.





Das Modehaus hat die Schmuckstücke schon umbenannt und mit einem Übersetzungsfehler entschuldigt. Das spanische Wort "esclava" könne mit "Sklave", sowie mit "Armband" ins Französische übersetzt werden. Kritiker, wie die Organisation „SOS Racisme“, bezweifeln dies und fordern, dass der Schmuck komplett aus dem Sortiment genommen wird: „Das ist Geschäftemacherei auf dem Rücken eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit“, sagte SOS-Racisme-Chefin Cindy Leoni nach Bekanntwerden des „Skandals“ in einem Radio-Interview. Die gleiche Kritik, wie die Sklavenarmbänder von Mango, zogen vergangenen Sommer Adidas-Sneaker mit Fußfesseln auf sich. Da das vom US-amerikanischen Modedesigner Jeremy Scott gestaltete Modell zu sehr an die Sklaverei erinnere, stoppte das Unternehmen die Markteinführung.
Der Ruf nach politischer Korrektheit ist nicht neu – aber die Intensität, mit der er über soziale Netzwerke verbreitet werden kann. Jeder kann sich dort äußern, andere Meinungen kommentieren, weiter verbreiten – und eine öffentliche Debatte lostreten. So lösen zunehmend scheinbar belanglose Produkte sogenannte „Shitstorms“, also Stürme der Entrüstung, aus.
Die Hamburger Geschlechterforscherin Stevie Meriel Schmiedel kommentiert den aktuellen Hagel der Kritik gegen Otto so: „Das zeigt wieder, wie gut wir die sozialen Medien für uns nutzen können.“ Mit ihrer Initiative „Pinkstinks Germany“ hat sie mit anderen Frauenorganisationen das fragwürdige Mädchen-T-Shirt angeprangert. Die Initiative wehrt sich gegen die klassische Rollenaufteilung zwischen Frauen und Männern, die im Marketing oft durch die angebliche „Mädchenfarbe“ pink zum Ausdruck kommt. Daher ist ihre Losung „pink stinks“ (pink stinkt). Ihre Online-Petition gegen Sexismus in Außenwerbung hat bereits über 7.600 Fürsprecher gefunden.