McDonald's, Coca Cola, Starbucks US-Nationalparks öffnen sich aus Geldnot für Konzerne

Die Nationalparks sind der Deutschen liebstes Amerika. Doch der Unterhalt verschlingt Geld, der Staat gibt sich knauserig. Daher öffnen sich die Parks für Konzerne. Heißt es bald „Yellowstone, sponsored by McDonald's“?

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Eine Felsformation im Bryce Canyon Nationalpark in Utah: Die Geldnot ist groß. Quelle: dpa

New York Yellowstone, Yosemite, Grand Canyon, Smoky Mountains, Everglades und die Vulkane auf Hawai– auf kaum etwas sind die Amerikaner so stolz wie auf ihre Nationalparks. Hunderte Millionen Besucher erfreuen sich an den Sehenswürdigkeiten. Die Parks seien „die beste Idee, die wir je hatten“, schrieb einst Umweltaktivist Wallace Stegner: „Durch und durch amerikanisch, durch und durch demokratisch, zeigen sie unsere besten, nicht unsere schlechtesten Seiten.“ Sie sind ein Stück Amerika, auf das sich alle einigen können, egal welche Hautfarbe, Religion oder Herkunft.

Mehr als 400 Einrichtungen verwaltet der Park. Die Ranger mit den breiten Hüten betreuen die Freiheitsstatue vor New York, die Präsidentenköpfe von Mount Rushmore oder die Independence Hall, in der 1776 die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet wurde. Doch das Herzstück sind die 59 Nationalparks, von den Sümpfen Floridas bis zu den Eiswüsten Alaskas, von den Vulkanen Hawaiis bis zu den Küsten Maines. Viele von ihnen sind auch Unesco-Weltnaturerbe.

Doch die Instandhaltung der Naturattraktionen verschlingt Milliarden Dollar an Steuergeld und trotzdem sind viele von ihnen dringend renovierungs- und reparaturbedürftig. Zum 100. Jubiläum des National Park Service (NPS) wird kontrovers debattiert, wie der Finanzbedarf gedeckt werden kann.

Die Betreiber sehen die Parks als Konjunkturmotor und hätten gerne mehr Mittel aus Washington. Doch der US-Staatshaushalt ist klamm. Deshalb will man neue Einnahmequellen auftun – und schielt auf die Privatwirtschaft. Das sorgt für viel Diskussionsstoff. „Yosemite, gesponsert von Starbucks?“, fragte die „Washington Post“ bereits provokativ. Die Befürchtung: Durch Partnerschaften mit privaten Geldgebern könnte das Naturerbe von Unternehmen vereinnahmt werden.

„Seit Jahren ist die Finanzierung ungenügend“, klagt Theresa Pierno, die Geschäftsführerin der National Parks Conservation Association (NPCA), die sich dem Schutz der Parks verschrieben hat. Trotz ihrer unschätzbar wichtigen Funktion, die Geschichte Amerikas zu bewahren und zu erzählen, seien die Parks gezwungen, aus wenigen Mitteln immer mehr zu machen. Pierno beziffert die aufgeschobenen Investitionen, die für Reparaturen nötig sind, auf fast zwölf Milliarden Dollar.

Die Nationalparks sind ein Mammut-Unterfangen, das machte NPS-Direktor Jonathan Jarvis bei den Budget-Verhandlungen im Juni deutlich: „Wir sind verantwortlich für die Verwaltung von mehr als 400 Parks (darunter 59 geschützte Nationalparks) mit mehr als 84 Morgen Land.“ Zum Vergleich: Zusammengenommen geht es um ein Gebiet von knapp 340.000 Quadratkilometern – größer als Italien – das Anlagen vom Acadia Nationalpark im Bundesstaat Maine an der US-Ostküste bis hin zu Sehenswürdigkeiten im US-Territorium Samoa im Südpazifik umfasst.

Von Eintrittsgeldern und Spenden allein können sich die Parks nicht finanzieren. Für das laufende Geschäftsjahr, das im Oktober 2015 begann, erhält der Service mit seinen 22.000 Mitarbeitern gut drei Milliarden Dollar aus dem Staatshaushalt. Darin sind wegen der Jubiläumsfeier – der National Park Service wird in der kommenden Woche 100 Jahre alt – schon deutliche Zuschüsse erhalten. Jarvis müht sich, die Summe ins Verhältnis zu setzen: „Das Jahresbudget ist geringer als das von Austin“, erklärte er den Politikern in Washington. Austin ist die an Einwohnern gemessen viertgrößte Stadt von Texas.


Lieber alternative Geldquellen anzapfen

Zudem sei das Geld gut angelegt, so Jarvis: „Wir sehen rekordhohe Besucherzahlen – mehr als 300 Millionen kamen im letzten Jahr.“ Laut NPS-Angaben sind die Parks enorme Konjunkturmotoren. 2015 seien die Ausgaben der Besucher auf 16,9 Milliarden Dollar geklettert. Sie hätten fast 300.000 Jobs und Einkommen über elf Milliarden Dollar in den umliegenden Regionen gefördert und so insgesamt 32 Milliarden Dollar an Wirtschaftsleistung zum US-Wachstum beigesteuert.

Washington will trotzdem lieber alternative Geldquellen anzapfen als mehr Steuergeld aufzuwenden. Die USA haben Staatsschulden von mehr als 19 Billionen Dollar.

Deshalb wurde ein alter Plan aus der Schublade gezogen, der durch „philanthropische Partnerschaften“ Sponsoring der Privatwirtschaft zulässt. Das heißt zwar nicht gleich, dass Yellowstone oder Grand Canyon – nach dem Vorbild von Sportstadien oder anderen öffentlichen Einrichtungen – gegen gewisse Entgelte in Coca-Cola oder McDonald's Nationalpark umbenannt werden können. Aber es ist ein erster Schritt in diese Richtung. Die Namen von Spendern – auch von Unternehmen – dürfen künftig etwa Fahrzeuge oder Sitzbänke in den Parks zieren.

Diese Art der Kommerzialisierung gefällt nicht jedem. „Der National Park Service ist bereit, aggressiv nach Sponsoring zu suchen und sein Personal als Geldbeschaffer auszunutzen“, kritisiert die Organisation Peer, eine Vereinigung öffentlicher Angestellter, die sich für Umweltschutz einsetzen.

Der Plan stelle einen beispiellosen Schritt in die Abhängigkeit von Unternehmen dar, meint Peer-Direktor Jeff Ruch. Mit der Zulassung von Produktplatzierungen liefere man sich dem Einfluss der Privatwirtschaft aus und billige, dass NPS-Entscheider sich zu Günstlingen der Konzerne machen ließen.

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