McDonald's in der Krise Billig geht das Geschäft zugrunde

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In Deutschland ist McDonald's schon lange kein Erlebnis mehr

McDonald’s ist in Brasilien mit seinen hohen Einkommensgegensätzen sozusagen ein neutraler Treffpunkt für alle Schichten ab der unteren Mittelschicht. „Es ist eine emotionale Sache für uns alle“, sagt er. „Wir fühlen uns wohl beim Mac.“ Vor allem der behütete Sohn Guillermo, fünf Jahre alt, drängelt jeden Donnerstag gerne: Dann läuft im Kinderfernsehen die Werbung für den wöchentlichen McDonald’s-Besuch. Für die Kinder gibt es für umgerechnet 26 Real, also gut sechs Euro, ein Sondergericht: Ein Miniburger ohne Käse und mit Salatblatt, ein paar Apfelschnitzen statt Fritten und – ganz wichtig – mit der Plastikfigur eines Charakters, den die Kinder aus dem Fernsehen kennen.

McDonald’s als Gastronomie-Erlebnis: Das ist lange her, wenn man als Deutscher oder Amerikaner einmal zurückdenkt. Das war in den Achtzigerjahren, als der Clown Ronald McDonald leibhaftig vor dem Restaurant stand und Geschenke verteilte. Die Markenstrategen in Oak Brook fragen sich heute: Wie kommen wir wieder dorthin, nicht nur in Brasilien und Russland, sondern auch in den USA, in Deutschland, in China? Und geht das überhaupt noch, in dieser unsteten, multipolaren Welt?

McDonald's verliert die Millennials

Peter Dixon, der als Kreativchef der New Yorker Werbeagentur Prophet früher in McDonald’s-Kampagnen eingebunden war, sagt: „Steve Easterbrook muss zunächst einmal klären, wofür die Marke steht und wohin er sie entwickeln will.“ McDonald’s riskiert, eine ganze Generation zu verlieren, wenn sie die sogenannten „Millenials“ nicht erreichen: die Zwanzigjährigen, die per Handy die Menüs im Umkreis checken, die frische und nachhaltige Produkte nachfragen. Dixon sagt: „Coca-Cola ist auch eine lebendige Marke, obwohl das Produkt nicht unbedingt gesund ist.“

Zehn dicke Fast-Food-Flops
Ein Omelett-Sandwich Quelle: Creative Commons
Screenshot eines YouTube-Videos, in dem die McDonald´s-Pizza beworben wird Quelle: Screenshot
McLobster Quelle: Creative Commons
Mini-Burger BK Shots Quelle: Creative Commons
Würstchen Quelle: REUTERS
Satisfries Quelle: obs
Eine Ananas Quelle: Fotolia

Erste Pflöcke hat Easterbrook eingeschlagen: Binnen zehn Jahren will er erreichen, dass Hühner ihre jährlich zwei Milliarden McEgg-Eier in Freilandhaltung legen, nicht mehr in Käfigen. Anfang Oktober startete er in den USA mit einem ganztägigen Frühstücksangebot. Viel mehr Details seines „Turnaround-Plans“ sind nicht bekannt; der Konzern lehnt Fragen mit Blick auf die globale Strategie ab – wohl, weil es sie noch nicht gibt.

Steve Gaither, Chef der auf die Lebensmittelindustrie spezialisierten Marketing-Agentur JB Chicago, unkt: Allein mit Marketing lasse sich das Kernproblem nicht lösen. „McDonald’s ist zu groß und zu langsam, um auf die Trends der Branche reagieren zu können.“ In der Tat traut sich kaum ein Konzern einen ähnlich strapaziösen Spagat zu. Vergleichbar ist der Versuch von McDonald’s, in dieser neuen Welt eine ähnlich breite Zielgruppe wie in der Vergangenheit zu erreichen, mit den Wandlungsprozessen der Lebensmittel-Discounter deutscher Prägung. Auch Aldi und Lidl versuchen, ihren Läden mehr Qualitätsbewusstsein, individuellere Produkte bei gleichbleibender Preisführerschaft zu verordnen. Nur: Diese Läden umspannen vergleichsweise homogene westliche Märkte. China? Indien? Brasilien? Spielen dort keine Rolle. Und auch dort ist der Erfolg nicht ausgemacht.

Berater Gaither glaubt deshalb für McDonald’s: Es werden Restaurants schließen, bis das Burgerimperium auf eine lebensfähige Größe geschrumpft ist.

Keith Kinsey, der nette Konkurrent aus der Nachbarschaft, ist McDonald’s seit seinen Lehrjahren ja wohlgesinnt: „Dort drüben sitzen die besten Leute im Management“, lobt er, „die bringen im Marketing eine Menge PS auf die Straße und werden sich schon etwas einfallen lassen.“ Trotzdem teilt er die Ansicht von Gaither und vielen US-Managern des Konzerns: Wenn das Angebot zu komplex wird, lasse es sich nicht mehr kontrollieren. An die Kollegen von McDonald’s hat er einen gut gemeinten Rat: „Sie sollten zurück zu den Wurzeln gehen und nicht jedem Trend folgen.“

Schräg gegenüber sitzt Steve Easterbrook – und versucht das genaue Gegenteil.

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