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Media-Markt-Werbung Die ruinösen Rabatt-Schlachten der Händler

Media Markt laufen die Kunden weg. Mit immer neuen Preis-Aktionen will die Elektronik-Kette wieder Konsumenten locken. Heftige Rabatt-Schlachten werden mittlerweile in vielen Branchen geführt. Manches Unternehmen ist schon daran zerbrochen.

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Quelle: dpa

Mehr Marktschreier geht kaum: "Jetzt spart ganz Deutschland die Mehrwertsteuer" steht groß in der Zeitungsanzeige. Darunter eine fette "19" in roter Schrift. So viel Prozent an Nachlass verspricht Elektronik-Riese Media Markt seinen Kunden bis zum Dienstagabend – in allen 259 Media Märkten und „auf alles“.  Naja, nicht ganz: Zeitschriften und Bücher sind genauso ausgeschlossen, wie Software-Downloads oder Serviceleistungen. Hamsterkäufe sind auch nicht drin. Der Rabatt gilt nur für "handelsübliche Mengen".

Dennoch werden viele Kunden auf ein Schnäppchen hoffen und in die Läden strömen – schließlich gibt es zum Beispiel das iPhone 5s für mehr als 100 Euro günstiger. Media Markt und Saturn – beide Teil der Metro Group – sind für ihre öffentlichkeitswirksamen Rabatt-Aktionen bekannt. Regelmäßig übertrumpfen sie einander und die Konkurrent mit ausgefallen Lockangeboten: Vom Gratis-Einkauf für den richtigen WM-Tipp bis zum aktuellen Mehrwertsteuer-Nachlass. Aber auch wenn die Werbung es anderes suggeriert, glücklich sind die Händler mit dem Preis-Wahn nicht. Den Geiz der Kunden finden sie überhaupt nicht geil.

Die größten Gewinner und Verlierer im Handel
Marken mit der positivsten Entwicklung:Platz 1: Media-Markt Der Elektronik-Markt verbessert sich im Vergleich zur Studie 2012 am stärksten und zwar um 18 Plätze auf jetzt Rang elf. Vor zwei Jahren war die Metro-Tochter um 20 Plätze abgestürzt. "Zu den Verbesserungen haben die Rückkehr zu einer klaren Markenkommunikation, der Aufbau des Eigenmarkensortiments, die Investition in Zusatzservices und der Relaunch des Onlineshops beigetragen", schreibt Batten & Company. Quelle: obs
Marken mit der positivsten EntwicklungPlatz 2: Müller DrogeriemarktMüller ist mit einer Verbesserung um 13 Plätze auf jetzt Rang 20 der Aufsteiger unter den Drogeriemärkten. Der Umbau der Filialen zum „Erlebniskaufhaus“ steigert die Markenpräsenz und den Markennutzen. Zusätzlich trägt die Sortimentsprofilierung mit Fokus auf Naturkosmetik zur Differenzierung der Drogeriemarktkette bei. Weiteres Instrument zur Stärkung der Marke ist das hochwertige Magazin „Luxus“, das die höherwertigere Positionierung zwischen Drogeriemarkt und Parfümerie gegenüber dem Kunden erlebbar macht. Quelle: dpa
Marken mit der positivsten EntwicklungPlatz 3: EdekaEdeka ist der Überraschungssieger. Mit einer Verbesserung um fünf Plätze schafft es die Supermarkt-Kette nun im Gesamtranking auf Platz 2. "Nach dem Absturz in der letzten Studie wurde erfolgreich gegengesteuert", stellen Batten & Company fest. Edeka setzt seine klare und verbraucherrelevante Markenpositionierung konsequent um und zieht an den Konkurrenten Rewe und Aldi in Punkto Bedürfnisorientierung vorbei. Auch mit umfassender Filialoptimierung und konsequentem Markenauftritt hat Edeka gegenüber Rewe Boden gut gemacht. Quelle: dpa
Marken mit der positivsten EntwicklungPlatz 4: PennyDer Lebensmitteldiscounter macht gegenüber 2012 fünf Plätze im Ranking gut und schafft es damit auf Platz 27 der Gesamtauswertung. Quelle: dpa
Marken mit der positivsten EntwicklungPlatz 5: BonprixDer Mode-Online-Marktplatz verbessert sich gegenüber 2012 um vier Plätze auf nun Rang 31. Auch die Warenhaus-Kette Galeria Kaufhof schafft einen Sprung um vier Plätze nach vorne auf nun Rang 17. Damit entwickelt sich Kaufhof sehr viel positiver als Konkurrent Karstadt. Quelle: Screenshot
Marken mit der negativsten EntwicklungPlatz 1: KarstadtDer Warenhaus-Konzern verliert voll 17 Plätze gegenüber 2012 und landet nun abgeschlagen auf Rang 25. "Die Neuausrichtungsversuche kommen nicht bei den Kunden an", konstatieren die Studienautoren. Nach vorerst erfolgreich begonnenen Umstrukturierung und Erholung der Markenstärke 2012 stürzt Karstadt mit dem Verlust von 17 Plätzen erneut ab. Die versprochene Trendwende seit Übernahme durch Investor Berggruen und nun René Benko (Karstadt-Luxus und Karstadt-Sport) ist für die Kunden nicht zu spüren, das Angebot an Eigenmarken sowie der Onlineshop sind kaum bekannt. Weiterhin untergraben Negativschlagzeilen das Vertrauen und die Sympathie in das Unternehmen. Gleichzeitig macht Kaufhof seine Hausaufgaben wesentlich erfolgreicher und kann deutlich Boden im Wettstreit um die Kundengunst zwischen der etablierten Warenhäusern gut machen. Quelle: dpa
Marken mit der negativsten EntwicklungPlatz 2: HornbachDie Baumarktkette sackt um zwölf Plätze ab und belegt im Gesamtranking der führenden Handelsmarken nun nur noch Rang 34. Damit ist Hornbach allerdings nicht allein. Pleiten und der intensive Preiskampf in der Branche sorgen für Verunsicherung bei den Kunden. Das schlägt sich in gesunkenen Markenstärke und - nutzen aller untersuchten Baumarktketten nieder. Hornbach ist der größte Verlierer. Zwar konnten die Manager die Markenbekanntheit steigern. "Aber anstatt auf Kontinuität und Kernkompetenz zu setzen, bewirken Experimente in der Markenkommunikation geringere Markenklarheit und Uniqueness", schreibt Batten & Company. Der einzige Branchengewinner ist Hagebau, der mit Kontinuität und Fachkompetenz punktet. Quelle: dpa

"Wie viele Branchen in Deutschland unterliegen die Elektronik-Ketten einem großen Wettbewerbsdruck", sagt Handels- und Marketingexperte Hendrik Schröder, Professor an der Universität Duisburg-Essen. "Das führt zu den regelmäßigen Rabattschlachten." Klassischerweise wollen Händler bei Rabattaktionen ihre Lager leeren oder hoffen auf Verbundkäufe: Will ein Kunde eigentlich nur die Blu-ray zum Schnapper-Preis kaufen, nimmt er im Optimalfall noch zwei weitere zum vollen Preis mit. Was dem Händler durch den Rabatt verloren geht, macht er so wieder wett.

Billiges Versprechen

Gerade bei Media Markt und Saturn greift aber eine andere Strategie noch stärker. "In Verbindung mit der Werbung wollen die Händler so ihr Image als Preisbrecher aufbauen", sagt Schröder. Tatsächlich: Keine Rabatt-Aktion ohne exzessive Print-, TV-, und Online-Werbung. Millionenbeträge fließen jährlich in das Werbebudget, mit dem die Märkte als Paradies für Schnäppchenjäger angepriesen werden sollen.

Das Problem: Media Markt wirbt – ähnlich wie Saturn –  mit seiner "Auswahl an Markenprodukten zu Tiefpreisen". Dabei ist die Kette häufig teurer als viele Online-Anbieter oder die Konkurrenz an der nächsten Straßenecke – teilweise um 100 Euro und mehr. Und die Konsumenten wissen das. "In den vergangenen zehn Jahren hat der Informationsgrad der Kunden deutlich zugenommen", sagt Hendrik Schröder. Preisvergleichsseiten im Internet haben den Markt transparenter gemacht. Versprechen alleine reichen vielfach nicht mehr, die Händler müssen sie nun einhalten. Zwar geben sich manche Händler Mühe, den Preisnachlass nicht zu groß werden zu lassen - etwa indem sie den Rabatt auf einen zuvor angehobenen Preis gewähren. Insgesamt aber wächst der Druck auf sie seit langem.

Diese Unternehmen sind in Gefahr
Bedrohte C&A-Filiale Quelle: REUTERS
Logo und Schriftzug von Quick Schuh Quelle: PR
Reno-Filiale Quelle: Gemeinfrei
Bedrohte Runners Point Filiale Quelle: AP
Bedrohte P&C Filiale Quelle: dpa
Bedrohte Saturn Filiale Quelle: REUTERS
Bedrohte NKD Filiale Quelle: PR

Gefahr für Unternehmen

Besonders in Branchen mit hohem Wettbewerbsdruck sind Preis-Kämpfe und Sonderangebote deshalb  an der Tagesordnung. Der Preis scheint vielen Händlern das letzte Mittel, um sich von der Konkurrenz – online und stationär - abzugrenzen -  häufig auf Kosten der eigenen Substanz. Denn gelingt es nicht mit den Niedrig-Preisen genügend Frequenz zu schaffen, sprich Kunden zu locken, wird die Rabatt-Aktion zum Minusgeschäft. Das stellt nicht nur Elektronik-Händler vor Probleme. Schon lange bezeichnen Experten zum Beispiel die  Preiskämpfe in der Autobranche als ruinös.

Und der Rabatt-Wahn greift um sich. "Mittlerweile sind viele Branchen von diesem Virus befallen, von denen man es früher nicht geglaubt hätte – Apotheken zum Beispiel", sagt Hendrik Schröder. Die unterbieten sich bei  nichtverschreibungspflichtigen Medikamenten nämlich regelmäßig  mit Preisnachlässen im zweistelligen Bereich. Was Kunden freut, wird für die Unternehmer zum Problem. Häufig schaffen sie es nicht, ihre Produkte später zum normalen, gewinnbringenden Preis zu verkaufen.

Für Handelsexperte Schröder ist der Baumarkt Praktiker das vielleicht bekannteste Beispiel dafür, wohin der Rabatt-Wahn führen kann. Mit regelmäßigen Rabatt-Kampagnen und dem Versprechen "20 Prozent auf alles" warb die Baumarktkette um Kunden. Das Problem: Außerhalb der Aktionsphasen blieben die Kunden weg. Aus eigenem Verschulden handelte Praktiker handelte den Ruf eines Billigheimers ein, dessen Waren den Normalpreis nicht wert waren.

Kurz vor dem Ende änderte Praktiker sein Konzept, versuchte das Ramsch-Image los zu werden und setzte auf ein verändertes Shopping-Konzept. Gebracht hat es nichts mehr. "Praktiker hat keinen Weg aus der Preis-Abwärts-Spirale gefunden", urteilt Schröder. Im Sommer 2013 ging Praktiker in die Insolvenz.

Alternativen zu Rabattschlacht

Gefangen in der Abwärts-Spirale: Ein Problem, das offenbar auch Media Markt und Saturn haben - wenn auch weniger stark. Und eines, von dem sie selbst genau wissen: Im Herbst 2011 riefen die Ketten ein Ende des "Preis-Irrsinns" aus und kündigten an, in Zukunft auf "faire und marktgerechte" Preise setzen zu wollen. Die Feuerpause in der Rabatt-Schlacht war kurz. Der Verzicht auf Aktionen bescherte den Elektronikhändlern offenbar deutliche Umsatzeinbrüche. Nach nur einem halben Jahr kehrte der Irrsinn zurück. Die anhaltenden Umsatzrückgänge der beiden Riesen hat er bislang nicht stoppen können.

Statt nahezu aussichtslose Preiskämpfe zu führen, raten viel Branchenkenner den Händlern dazu auf andere Stärken zu setzen, Service, spezielles Angebot und Kundenähe in den Vordergrund zu stellen. Das auch Media Markt davon profitieren kann, legt eine Studie der Managementberatung Batten & Company nahe. Sie besagt, dass der Elektronik-Händler 2013 in der Kundengunst deutlich gestiegen ist und zwar nicht nur aufgrund des Preisbrecher-Images. "Zu den Verbesserungen haben die Rückkehr zu einer klaren Markenkommunikation, der Aufbau des Eigenmarkensortiments, die Investition in Zusatzservices und der Relaunch des Onlineshops beigetragen", schreibt das Beratungsunternehmen.

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