„Meine Weinwelt“ Aldi ködert mit Wein die Kunden

Jede vierte Flasche Wein wird in Deutschland bei Aldi gekauft. Doch der Weinverkauf bei den Discountern schwächelt. Aldi Süd probiert nun neue Wege, um die Konsumenten zu erreichen. Ist der Onlineverkauf die Lösung?

  • Teilen per:
  • Teilen per:
In der Düsseldorfer Innenstadt präsentiert der Discounter sein Weinangebot. Quelle: obs

Düsseldorf Eher „Feingeist“, „Dichter und Denker“ oder doch „Wuchtbrumme“? Aldi Süd beantwortet diese Frage derzeit in der Düsseldorfer Innenstadt. Mit einem Pop-up-Store unter dem Namen „Meine Weinwelt“ will der Discounter auf dem Schadow-Platz auf sein Weinsortiment aufmerksam machen. Wer sich für Wein interessiert oder neugierig ist, kann in dem Glaskubus zwölf verschiedene Weine kosten. Und an Tablets lässt sich als kleine Spielerei interaktiv der eigene Weintyp herausfinden.

Der Discounter hat die Messe ProWein in Düsseldorf genutzt, um werbewirksam darauf hinzuweisen, das es bei Aldi nicht nur Billigwein gibt. Fünf Tage lang bis zum heutigen Dienstag werden im Pop-up-Store nicht nur Weine von Produzenten wie Frescobaldi oder Baron Philippe de Rothschild ausgeschenkt, auch die Winzer haben hier das Gespräch mit den Kunden gesucht.

Erstmals gibt Aldi Süd hier auch einen Einblick in Zahlen seines Weingeschäfts. „Wir verkaufen mehr als 170 Millionen Flaschen Wein jährlich“, sagt Ingo Panknin, der bei Aldi unter anderem für den Weineinkauf zuständig ist, bei einem Treffen mit dem Handelsblatt im Düsseldorfer Pop-up-Store. Neben einem Standardsortiment von rund 100 Weinen umfasst das Aktionssortiment weitere 200 unterschiedliche Weine. Die Preisspanne reicht von 1,59 Euro bis rund 15 Euro. „Wein hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert", so Panknin.

In der Weinbranche spielen Discounter eine entscheidende Rolle. Fast jede zweite Flasche, die im vergangenen Jahr hierzulande über den Ladentisch ging, stammt aus den Regalen von Aldi, Lidl und Co.. Das geht aus einer Marktuntersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hervor, die das deutsche Weininstitut in der letzten Woche vorstellte. Allein Aldi hat einen Marktanteil von fast einem Viertel.

Der Ausbau des Weinangebots sei für die Discounter von strategischer Bedeutung, sagt der GfK-Handelsexperte Wolfgang Adlwarth. „Die Discounter wollen mit ihrem Weinangebot qualitätsbewusste und anspruchsvolle Kunden ansprechen, die sonst vielleicht nicht so schnell den Weg in ihren Laden finden.“

Neben Panknin sitzt der deutsche Top-Winzer Fritz Keller. Bereits seit zehn Jahren arbeitet Keller mit Aldi zusammen. Aldi Süd kauft den Wein nicht nur bei den Großkellereien ein, sondern lässt auch von bekannten Winzern spezielle Weine abfüllen. Für das Standardsortiment von Aldi produziert Keller unter anderem Weine aus den Rebsorten Weißburgunder und Spätburgunder.

„Von diesem Projekt profitiert die ganze Weinwirtschaft“, sagt Keller. Denn als Folge hätten wertvolle alte Rebflächen wie Terrassen- und Steillagen erhalten werden können. „Mehr als 400 Winzer arbeiten mit“, sagt Keller und gibt damit einen Einblick, in welchen Größenordnungen er für Aldi produziert. Die Winzer seien vertraglich verpflichtet, die Trauben nach bestimmten Vorgaben anzubauen. Die Erntemenge liege deutlich unter dem, was der Gesetzgeber zulässt. Der Wein wird dann komplett unter dem Namen Fritz Keller bei Aldi vermarktet.


Zusatzgeschäft aus dem Netz

Wie viel Wein genau er für Aldi produziert, will er aber nicht sagen. Auch Aldi möchte zu der Anzahl der Flaschen keine genaue Angabe machen. Branchenexperten zufolge beträgt die Anbaufläche der mehr als 400 Winzer insgesamt über 100 Hektar – eine Fläche über die nur die größten Weingüter in Deutschland verfügen.

Angesichts der großen Marktmacht fragen sich Experten, wann Aldi Süd damit beginnt, seine Weine auch online zu verkaufen. Schließlich bietet der Discounter in Großbritannien bereits diesen Vertriebsweg an. Außerdem gilt der E-Commerce-Handel von Wein als zukunftsträchtig. Weil dort viele Weinkenner kaufen, lassen sich im Internet höhere Durchschnittspreise erzielen.

Auf Nachfrage sagt Panknin: „Der Onlineverkauf in Großbritannien ist sehr erfolgreich und wir schauen uns das natürlich sehr genau an." Derzeit habe Aldi Süd in Deutschland aber keine Pläne, Weine auch online zu verkaufen.

Aldi-Konkurrent Lidl hingegen ist bereits vor längerer Zeit in den Online-Weinhandel eingestiegen. Dort verkauft Lidl neben seinem normalen Angebot auch höherpreisige Tropfen. Zum Beispiel den Château d`Yquem, den berühmtesten Weißwein der Welt, zum Preis von 349 Euro pro Flasche.

Das Zusatzgeschäft aus dem Netz können die Discounter gut brauchen. Denn in jüngster Zeit läuft der Weinhandel bei ihnen nicht mehr ganz so gut. Zwar haben in den vergangenen Jahren die Supermärkte inklusive Aldi, Lidl und Co. ihren Marktanteil erheblich ausgebaut, doch im Jahr 2016 gab es einen Rückschlag. Nach Angabe des Branchenmagazins Wein + Markt haben vor allem Discounter deutlich verloren. Der Weinabsatz bei Aldi, Lidl und Norma fiel um 2,9 Prozent, der Umsatz sogar um 6,3 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015. „Wir kommentieren solche Zahlen nicht“, sagt Panknin auf Nachfrage.

Doch nicht zuletzt der Pop-up-Store in Düsseldorf zeigt: Aldi Süd hat verstanden, dass sie etwas tun müssen, um die Weinkunden zu halten. Und interaktive Spielereien am Tablet werden da auf Dauer wohl nicht reichen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%