Messebesuch Die Fibo ist in der Massephase – ich auch

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Zuviel Kraftfutter macht müde

Wo man alles noch Extra-Portionen Protein reinstecken kann, um es hinterher teuer zu verkaufen – selbst Nuss-Nougatcreme und Rosmarin-Chips können nach dem Training mit gutem Gewissen gegessen werden, um das Muskelwachstum zu befeuern. Sogar einen Protein-Kaffee gibt es, den ich mir für 1,50 Euro kaufe und in einem kleinen Tütchen mit nach Hause nehme.

Hier eine Dose Erfrischungsgetränk mit BCAA-Aminosäuren, dort ein Schlückchen Taurin, ein Löffel Omega3-Öl aus Dänemark und noch einen Bissen von diesem verrückten Insekten-Protein-Riegel, den das Kölner Start-up Swarm hier präsentiert. Der Andrang ist groß und kein geringerer als Fitness-Professor Ingo Froböse lässt sich vom ZDF dabei filmen, wie er ein kleinen Würfel aus zusammengepresstem Grillenpulver verdrückt.

Als ich am Stand des veganen Starkochs Attila Hildmann ankomme, ist mir schon etwas flau im Bauch und ich beschließe, nichts mehr zu probieren. Na gut, ein Schlückchen noch von diesem Samurai-Getränk, das Hildmann, der gerne den harten Typen markiert und mit seinem Selbstbewusstsein die Gemüter erhitzt, jetzt auf den Markt bringen will. Wer sagt schon nein, wenn er mit Attilas schlammgrüner Innovation anstoßen kann?

Der Geschmack ist übrigens gar nicht übel. Nicht zu süß, nicht zu öko – lecker. Mit 160mg Koffein aus Bio-Matcha und Guarana könnte der Drink, der im Handel 2,99 Euro kosten soll, eine Alternative sein zu den völlig überzuckerten Energy-Drinks von Monster, Rockstar, Red Bull, und Co. Schließlich steht dieser ganze Aufputsch-Kram hoch im Kurs – auch bei Studenten und Top-Managern, die ihr Gehirn auf bessere Leistungen und noch mehr Durchhaltevermögen trimmen wollen.

Wer keine Softdrinks oder Bio-Matcha aus der Dose mag, kann zu den Koffein-Pillen von Alexander Tisch greifen, die der Österreicher unter dem Namen „Redcoff - Rapid Energy Tabs“ auf den Markt bringen will. Es dauert keine drei Minuten, bis die erste kleine Redcoff in meinen Magen flutscht, wo sie mit den andren Dingen da unten vermutlich zu einer recht explosiven Mischung mutiert, wenn ich nicht sofort aufhöre mit der ganzen Testerei.

Ich muss mich mal kurz irgendwo hinlegen

Die professionellen Besucher und Influencer, die ich alle gar nicht kenne, weil ich schon zu alt bin, sind natürlich nicht ganz so dumm wie ich: sie haben sich ihr eigenes Essen mitgebracht, das sie aus gigantischen Tupperdosen vor den Hot-Dog-Buden, für die sich kaum einer interessiert, herauskratzen. Nennt sich übrigens Meal-Prep und ist noch so ein Trend unter den ganzen Fitness-Enthusiasten. Klingt erstmal ziemlich fancy, kannte aber meine Oma damals schon und meint im Grunde nichts anderes, als das gute alte Vorkochen. Warum tun diese Menschen das?

Nun, sie wollen sich einfach nicht ihre Figur zerstören (schonmal gar nicht, wenn man via Instagram und Youtube sein Geld damit verdient) und wissen gerne ganz genau, was in ihre Mahlzeiten enthalten und wie viele Kalorien und Nährstoffe sie zu sich nehmen. Ich bin überrascht, wie viele Dinge es inzwischen kalorien- und fettfrei gibt, die auf meinem Einkaufszettel seit Jahrzehnten auf dem Index stehen. Ketchup, Sweet-Chili-Cream, BBQ-Dip, Island-Dressing und zig weitere Saucen ohne Sünde werden hier gezeigt. Das muss ich natürlich eben noch kurz probieren und tatsächlich, der Geschmack ist gut. Ich bin baff.

Was dann passiert, ist eigentlich kaum zu glauben. Ich werde müde. Obwohl ich eigentlich bis oben hin voll bin mit Kraftfutter und wahnsinnig teurem Energy-Kram. Ging es hier nicht eigentlich um Fitness? Auf dem Weg zu den restlichen Messehallen für EMS-Training, Aquafitness, Functional-Training, Fighting-Fit und Fashion-Catwalk macht mein Handyakku schlapp. Zeit, der Fibo 2018 auf Wiedersehen zu sagen. Tschüssi – ich muss mich mal kurz irgendwo hinlegen. Ich glaube mir geht's nicht so gut (diesen Satz habe ich mir vom Titel des neuen Buches von Benjamin von Stuckrad-Barre geklaut, aber er trifft es).

Für Fachbesucher ist die Messe noch bis Sonntag geöffnet. Privatbesucher können das Spektakel am Samstag und am Sonntag bewundern.

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