Metro-Chef Olaf Koch „Wir haben echt noch was zu tun“

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Wie geht es mit der Metro weiter?

Das betonten Sie auch, als die Verkaufspläne öffentlich gemacht wurden. Zusätzlich habe Real einen überdurchschnittlich erfolgreichen Online-Marktplatz. Das klingt als liefe bei Real alles rund. Macht ein Verkauf da wirtschaftlich überhaupt Sinn?
Auf jeden Fall. Denn der Anteil des Großhandels an unserem Gesamtumsatz liegt inzwischen bei 80 Prozent, Real hat in der Gruppe weniger Gewicht. Wir müssen weiter und stärker in den Großhandel investieren. Es wäre unsinnig, Real immer nur mitlaufen zu lassen und bei Investitionen erst im vierten oder fünften Schritt an den Einzelhandel zu denken. Das wäre letztlich nicht gut für Real.

Sollte Real verkauft werden, würden folglich 20 Prozent des Umsatzes wegfallen. Kann der Großhandel allein das kompensieren?
Zugegeben: Es wird Zeit brauchen, bis wir diese rund sieben Milliarden Euro Umsatz durch eigenes Wachstum im Großhandel wieder reinholen würden. Doch Größe allein ist kein Erfolgsmaßstab. Viel entscheidender ist, wie dynamisch und attraktiv die weitere Entwicklung des Unternehmens ist. Denn die wirtschaftlichen Kennzahlen und Margen, die wir im Großhandel generieren können, sind äußerst attraktiv.

Blicken Sie aufgrund dieser Aussichten so zuversichtlich in die ungewisse Zukunft?
Ich bin zuversichtlich, weil wir die richtigen Weichen gestellt haben. Aber natürlich haben wir weiter Herausforderungen. Wir haben echt noch was zu tun: Wir müssen in Zukunft in Standorte, Belieferung und digitale Services investieren. Und da reden wir nicht von unerheblichen Summen.

JP Morgan und die Bank of America sollen bei der Suche nach einem Käufer für Real helfen. Haben sich schon Interessenten gefunden?
Dazu kann ich noch nichts sagen. Der Prozess geht seinen geordneten Weg. Wir haben die Banken mit der Identifizierung des richtigen Käufers beauftragt, da stehen wir aktuell. Erst danach folgt der nächste Schritt.

Wie sieht die Zukunft der Metro aus?
Wir werden verschiedene Geschäftsbereiche ausbauen. Zum einen die Versorgung der unabhängigen Gastronomie und Hotellerie. Das ist ein rasant wachsender Markt, in dem wir uns noch stärker positionieren werden; hier versprechen wir uns weitere Marktanteilsgewinne. Viel Potential sehen wir auch im Metro Markets – unserem B2B Online-Marktplatz. Auch hier können wir uns noch weiter entfalten. Das sind aber nur einige der Bereiche, auf die wir unser künftiges Wachstum bauen. 

Die größten Wachstumsraten im Online-Handel

Online haben Sie mit real.de bereits Erfahrungen gesammelt. Allerdings mit einem Marktplatz für die Endkunden. Ist der Großhandel überhaupt für den E-Commerce geeignet?
Absolut, davon profitieren wir schon heute. Unser Ziel ist es, einen Online-Marktplatz zu betreiben, der über ein deutlich breiteres Sortiment verfügt, als wir das in den Stores jemals anbieten könnten.

An welche Produkte denken Sie?
Zum Beispiel exotische internationale Gewürze: Da gibt es eine solche Vielfalt, die wir im Markt nicht platzieren würden. Über Metro Markets werden Restaurantbetreiber Zugriff auf diese Produkte bekommen und ihren Gästen etwas Besonderes anbieten. Die Bandbreite an zusätzlichen Artikeln, die über Merchants angeboten werden können, ist sehr breit und wir bereiten uns darauf systematisch vor.

Sie kooperieren bereits mit dem Online-Supermarkt GetNow. Wäre ein B2C-Onlineshop nicht auch für die Metro interessant? Der Markt befindet sich noch ganz am Anfang.
Lebensmittel liefern wir bereits an viele gewerbliche Kunden, dieser Service kommt bei den Kunden gut an; er wächst zweistellig. Die Lieferung an Privatkunden ist eine sinnvolle Ergänzung des Lebensmitteleinzelhandels, die wir beobachten und mit unserem Partner GetNow auch unterstützen. In unser Geschäftsmodell passt sie aber nicht.

Neben der Digitalisierung der Metro soll auch die Zusammenarbeit mit Start-ups in das Geschäftsmodell passen, sonst wären Sie heute nicht hier. Welche Start-ups passen ins Metro-Portfolio?
Start-ups, die wir fördern, haben alle einen Bezug zum Geschäft der Metro. Also entweder im Bereich der unabhängigen Gastronomie und Hotellerie oder im Handel. Wir grenzen das aber nicht rigoros ein. Dadurch ist im Accelerator eine breite Mischung verschiedener Start-ups zusammengekommen.

Geben Sie uns ein Beispiel.
Ein spannendes Unternehmen aus Tel Aviv nennt sich NeuroApplied. Die haben eine App entwickelt, wo Sie Bilder von Menschen mit Marken kombinieren. Die App zeigt eine Marke und dann wird gefragt, welche Person dazu passen könnte und welche nicht. So wird ein Muster entwickelt, wer für die Marke ansprechbar ist. Das hilft den Unternehmen dann bei der Marktpositionierung.

Ist das nicht ein wenig oberflächlich?
Die App nutzt einen Algorithmus, sprich ein lernendes System. Es steckt also eine Menge Technologie hinter diesem oberflächlich erscheinenden Ansatz.

Welchen Rat würden Sie als Metro-Chef jungen Gründern mitgeben?
Ambitionierte Gründer müssen eine gesunde Mischung zwischen der fast überschwänglichen Begeisterung für das eigene Produkt und der notwendigen realistischen Reflektion dieser Geschäftsidee finden. Das ist zwar schwierig, aber für den Erfolg eines Start-ups unentbehrlich. Gründen ist zwar wahnsinnig populär, aber kein Selbstläufer.

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