Gezänk und kein Ende in Sicht: Auch nach einem Urteil des Oberlandesgerichts München streiten sich Mehrheitseigner Metro und Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals um die Macht bei der Elektrohandelskette Media-Saturn. Beide sahen sich nach dem Richterspruch vom Donnerstag, der weitgehend der vorangegangenen Schiedsgerichtsentscheidung folgte, in ihrer Position bestätigt. "Entscheidend ist, dass die Metro keinen Millimeter weitergekommen ist. Sie kann weiter nicht durchregieren“, sagte Kellerhals' Anwalt Luidger Röckrath. „Herr Kellerhals hat weiterhin seine Minderheitsrechte und kann sie durchsetzen.“
Die Metro, die drei Viertel an Media-Saturn hält, sieht ihre Position gestärkt. „Die Metro ist sehr erfreut über die beiden Entscheidungen“, sagte ein Konzernsprecher. Die Rechtsauffassung, wonach sie künftig mit einfacher Mehrheit grundlegende Entscheidungen bei der Ingolstädter Tochter treffen kann, sei bestätigt. Bisher war dafür eine Mehrheit von 80 Prozent nötig, womit Mediamarkt-Mitgründer Kellerhals zustimmen musste. Allerdings signalisierte der Anwalt des Minderheitseigners Bereitschaft zu einer Beilegung des Konflikts. „Dieser Streit kann juristisch nicht gelöst werden; nur auf einer anderen Ebene, der kaufmännischen etwa“, sagte Röckrath.
Worum sich Metro und Kellerhals streiten
Erich Kellerhals ist Gründer des Elektrofachmarkt-Kette Media Markt. Der erste Media Markt eröffnete 1979 in München. Ende der 80er wollte Kellerhals expandieren – das nötige Geld brachte Kaufhof mit.
Kaufhof beteiligte sich mit 54 Prozent an Media Markt. Kellerhals behielt seine Anteile von gut 21 Prozent. Im Vertrag von 1988 wurde außerdem festgelegt, dass Beschlüsse grundsätzlich mit einer Mehrheit von 80 Prozent gefasst werden müssen. Kellerhals hatte mit seinem Anteil also ein Mitsprachrecht für alle wichtigen Entscheidungen. Dieses Recht besteht bis heute. Kaufhof brachte außer Kapital noch seine Tochter Saturn Hansa ein. 1990 verschmolzen Media Markt und Saturn zur Media-Saturn-Holding.
1996 verschmolzen die Kaufhof Holding und die Metro AG. Kaufhof wurde zur Vertriebsmarke innerhalb des Metro-Konzerns. Metro wurde auf diese Weise Anteilseigner bei Media-Saturn. Heute hält Metro über diesen Weg 75,4 Prozent am Kapital der Media-Saturn-Holding.
Der Streit entzündet sich im März 2011. Metro wollte einen Beirat bei Media-Saturn einrichten. Kellerhals betrachtete dies als Versuch, sein seit 1988 bestehendes Vetorecht auszuhebeln. Denn in dem Beirat würde mit einfacher Mehrheit und nicht mit 80prozentiger entschieden. Tatsächlich könnte Metro Entscheidungen bei der Tochter schneller durchsetzen, wenn Kellerhals nicht zustimmen müsste.
Das Landgericht Ingolstadt hat die Einrichtung des Beirats im Herbst 2011 bei MediaSaturn zwar erlaubt, dessen Funktion muss allerdings eine beratende bleiben. Damit bestätigen die Richter das Vetorecht des Gründers Kellerhals. Weil Metro Rechtsmittel dagegen einlegte, landete der Fall vor dem Oberlandesgericht. Nachdem sich das Oberlandesgericht München nach vorläufiger Rechtsauffassung nicht zuständig sah, befasst sich nun auch das Schiedsgericht mit dem Fall. Es muss entscheiden, worüber der Beirat entscheiden kann und mit welcher Mehrheit.
Der Unternehmensgründer steht der Expansion mit Media-Märkten in China äußerst kritisch gegenüber. Kellerhals sagte, Metro habe ursprünglich 1000 Märkte innerhalb von fünf Jahren in China eröffnen wollen. „Wir haben bislang im Rest der Welt insgesamt 900 Märkte in 30 Jahren geschafft. Das wäre Harakiri, haben wir gesagt. Das können wir nicht mittragen.“ So habe man sich auf die bis Jahresende 2012 andauernde Testphase geeinigt.
Kellerhals hat kürzlich geäußert, dass er nicht daran glaube, dass OLG oder Schiedsgericht den Streit beenden können. In diesem Fall stellt er eine weitere Zusammenarbeit mit Metro in Frage: "Wenn der Streit nicht beigelegt werden kann, müssen wir vielleicht über neue Gesellschafter nachdenken." Er gab aber zu, dass sich dies aus finanziellen Gründen schwierig gestalten würde. "Aber eine Trennung von der Metro müsste - wenn wir sie denn wollten - erst mal finanziert werden." Er selbst wolle seine Anteile behalten.
Auch die Metro bemühte sich um Deeskalation. „Es gibt hier keine Sieger und Besiegte. Es ging nie ums Durchregieren“, sagte der Firmensprecher. Metro hält 75,41 Prozent an der Media-Saturn-Holding, der Milliardär Kellerhals über 21 Prozent. Der Handelsriese sollte mit dem Mehrheitsanteil eigentlich das Sagen bei Media Markt und Saturn haben, die im vorigen Jahr mehr als 20 Milliarden Euro zum Umsatz des Konzerns von 66,7 Milliarden Euro beitrugen.
Doch der Konzern kann bei seiner Ingolstädter Tochter ohne Kellerhals bislang nichts ausrichten, denn im Gesellschafterausschuss können wichtige Entscheidungen nur mit einer Mehrheit von 80 Prozent gefällt werden. Metro hatte deshalb einen Beirat eingerichtet, der mit einfacher Mehrheit entscheiden soll. Kellerhals wehrt sich entschieden dagegen.
Der umstrittene Beirat könne nach dem Spruch des Schiedsgerichts vom Mittwoch „mit einfacher Mehrheit über wesentliche unternehmerische Sachverhalte entscheiden“, erklärte der Konzern. Unter anderem gelte dies für Budgetentscheidungen, hatten Prozessbeteiligte gesagt - damit könne der Beirat mit einfacher Mehrheit über Investitionen befinden.
„Die Metro kann Media-Saturn auch nach dem Schiedsspruch nicht gegen den Willen der Gründer steuern“, unterstrich dagegen ein Sprecher der Kellerhals-Gesellschaft Convergenta. Metro habe wesentliche Ziele nicht erreicht.
So solle nach dem Spruch des Schiedsgerichts unter dem Obmann Klaus Bilda etwa weiter mit einer Mehrheit von 80 Prozent über die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern der Media-Saturn-Holding und die Gewinnverwendung entschieden werden. Damit blieben Kellerhals Veto-Rechte in diesen Punkten bestehen. Auch für Entscheidungen etwa über einen Börsengang werde nicht an den bisherigen Stimmverhältnissen gerüttelt, sagte der Convergenta-Sprecher.
Und Kellerhals behält sich weitere juristische Schritte vor: „Letztlich können Beiratsbeschlüsse, die gegen die Stimmen der Gründungsgesellschafter ergehen, auch künftig vor den ordentlichen Gerichten angefochten werden“, sagte der Sprecher. Den Spruch des OLG Münchens anzufechten, wird indes schwierig. Richter Hartmut Fischer schloss die Revision aus. Kellerhals bleibt indes die Möglichkeit einer Beschwerde vor dem Bundesgerichtshof (BGH).