Middelhoff-Urteil Angemessene Strafe für ehemaligen Top-Manager

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Privatflüge nicht im Arbeitsvertrag

Fragwürdig ist dagegen die nun mitunter vorgetragene Argumentation, das Urteil sei deshalb zu hart, weil es ja überhaupt keinen Prozess gegeben hätte, wenn Middelhoff sich etwa die Privatflüge in seinem Arbeitsvertrag ausbedungen gehabt hätte. Derlei Gedankenakrobatik würde jeden Strafprozess überflüssig machen.

Durfte der Dieb das Diamantenkollier mitnehmen, ist es auch kein Diebstahl und der Dieb kein Dieb. Fakt ist jedoch, dass das Landgericht Essen solche Regelungen in der Hauptverhandlung nicht finden konnte und deshalb feststellte, dass Middelhoff gegen Strafgesetze verstoßen hat.

Lesen wir von solcher Gedankenakrobatik bei alltäglichen Fällen? Nein, das tun wir nicht. Was ist das besondere am  Fall Middelhoff? Aus rechtlicher Sicht nichts. Ein Mann hat 500.000 Euro für eigene Zwecke veruntreut und wird dafür bestraft. Hat das Urteil Signalwirkung? Für Manager und Führungskräfte? Ein entschiedenes Nein!

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Freiheitsstrafen gegen Manager

Topleute aus der Wirtschaft werden von der Justiz schon lange nicht mehr mit Samthandschuhen angefasst, Freiheitsstrafen gegen Unternehmer und Manager sind mittlerweile durchaus nicht selten, wenngleich nur selten so prominent wie Middelhoff oder Hoeneß.

Man täte unseren Führungskräften auch unrecht, wenn man auf breiter Front unterstellen würde, dass der Fall Middelhoff für diese ein Signal enthielte. Kaum ein Manager dürfte auf die Idee kommen, sich unerlaubt auf Kosten des Unternehmens solche Privilegien herauszunehmen.

Wichtig ist allerdings die Differenzierung: Unternehmerisches Handeln ist immer mit Risiko verbunden. Wirtschaftlich zu scheitern ist deshalb aus gutem Grund nicht strafbar. Auch Middelhoff, das ist wichtig festzuhalten, wurde gerade nicht wegen der Pleite von Arcandor verurteilt.

Sich selbst Vorteile zu verschaffen hat aber mit unternehmerischen Risiken nichts zu tun. Klar gefasste Compliance-Regeln sind nötig, damit Führungskräfte wissen, was sie tun dürfen und was nicht. Dass die Führungsetagen nun unter verstärkter juristischer Beobachtung stehen, ist dabei völlig in Ordnung.

Kleine Verstöße, harte Strafen

Arbeitsrechtliche Fälle zeigen, mit welch harten Konsequenzen Angestellte selbst bei kleinsten Verfehlungen rechnen müssen. Für Aufsehen sorgten Fälle wie der einer Kassiererin, die zwei liegen gebliebene Pfandbons im Wert von einem Euro einlöste und dafür gekündigt wurde, oder einer Pflegekraft, die von den Resten eines Buffets zwei Brötchenhälften verspeiste, die eigentlich für den Müll bestimmt waren und dafür ebenfalls eine Kündigung erhielt.

Wo schon geringfügige Compliance-Verstöße von kleinen Angestellten vom Arbeitgeber strikt geahndet werden sollen, da müssen sich auch Manager mit einer genauen Beobachtung arrangieren und eine arbeitsrechtliche, gegebenenfalls auch strafrechtliche Überprüfung ihres Handelns erdulden.

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