In der Coronazeit kannte der Technikmarkt nur eine Richtung: aufwärts. Von Laptops über Waschmaschinen bis zu Küchengeräten kamen Hersteller kaum nach mit der Produktion. Schließlich sorgte die Pandemie dafür, dass viele Menschen mehr Zeit in ihren Wohnungen verbrachten – und kräftig in deren Ausstattung investierten.
Die Folge war „eine überdurchschnittlich positive Entwicklung im Markt für Hausgeräte“, berichtet Till Bickelmann, Geschäftsführer der Whirlpool-Tochter Bauknecht Hausgeräte. Beim Hausgerätehersteller Miele ist gar von „einer coronabedingten Sonderkonjunktur historischen Ausmaßes“ die Rede, von der seit der zweiten Hälfte 2020 die gesamte Branche profitiert habe. Allein, die Sonderkonjunktur scheint nun vorbei zu sein: Der Markt kippt.
So stieg der Umsatz für technische Konsumgüter im ersten Halbjahr 2022 laut den Marktforschern der GfK zwar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum noch um 1,5 Prozent auf 35,5 Milliarden Euro. „Allerdings sind die Wachstumsraten zuletzt deutlich zurückgegangen“, sagt GfK-Experte Alexander Dehmel. Sehr deutlich zeigt sich das bei den Verkaufszahlen für Produkte aus dem Bereich der sogenannten weißen Ware wie Spülmaschinen und Kühlschränke. „Das Segment weiße Ware legte bis März zweistellig zu“, sagt Dehmel. Seither gingen die Umsatzzuwächse jedoch zurück. „Im Juni gab es sogar ein Umsatzminus von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr.“
Hersteller erwarten, dass die Schwächephase anhält. Die Nachfrage nach Hausgeräten würde sich seit einigen Monaten in Teilen wieder deutlich normalisieren, heißt es etwa bei Miele. Und Bosch Siemens Hausgeräte (BSH) rechnet „auch aufgrund der steigenden Inflation mit einem eher zurückhaltenden Konsumverhalten in den kommenden Monaten“. Durch die anhaltend hohe Nachfrage sei das erste Halbjahr 2022 insgesamt noch „recht positiv für die BSH“ verlaufen, teilt das Unternehmen mit. „Die Erwartungen für das zweite Halbjahr 2022 sind jedoch verhalten.“
Waschmaschinen leben länger
Ähnlich klingt Bauknecht-Geschäftsführer Bickelmann: „Wir hatten auch ein starkes erstes Quartal 2022“, man würde nun aber von diesem hohen Niveau kommend einen leichten Volumenrückgang im Markt für Elektrogroßgeräte gegenüber einem starken Vorjahr sehen. Ausschlaggebend hierfür sei die hohe Inflation, die an der Kaufkraft der Verbraucher zehrt. „Die Konsumlaune in Deutschland ist auf einem historischen Tiefstand und so niedrig wie seit 30 Jahren nicht mehr“, sagt Bickelmann.
Dabei seien „die Einstiegspreisklassen stärker vom Volumenrückgang betroffen als das höherpreisige oder Premium-Segment“. Das bestätigt auch GfK-Experte Dehmel: „Über alle Warengruppen hinweg beobachten wir, dass vor allem der Preiseinstiegsbereich schwächelt.“ Hochwertigere Produkte verkauften sich dagegen weiter meist stabil, oder gewönnen teils auch hinzu.
Dabei dürften die individuellen Belastungen der Haushalte durch die Inflation eine Rolle spielen. „Einkommensschwächere Haushalte kauften bisher oft günstigere Produkte, schichten angesichts der Belastungen aber ihre Budgets um und verzichten jetzt im Zweifel auf große neue Anschaffungen“, sagt Dehmel. Statt eine neue Waschmaschine zu kaufen, bleibt die alte wenn möglich länger in Betrieb.
Premiumhersteller Miele berichtet denn auch von einer weiterhin hohen Nachfrage nach hochwertigen Hausgeräten, insbesondere im Einbaubereich. Offenbar kaufen viele Menschen bewusster, bei Hausgeräten etwa mit Blick auf deren Langlebigkeit und auf die Energieeffizienz von Hausgeräten, teilt das Unternehmen mit. Die GfK-Daten bestätigen den Nachhaltigkeitstrend. Allerdings, fügt Marktexperte Dehmel hinzu, würde dies die Umsatzentwicklung der Technikbranche nur abfedern, „aber den Abwärtstrend wohl nicht komplett kompensieren.“
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