Milliardenschwere Privatisierung Der große Bierdurst in Vietnam

In kaum einem Land wächst das Geschäft mit Bier so stark wie in Vietnam. Für Heineken ist das Land einer der wichtigsten Gewinnbringer. Der Verkauf eines Staatsunternehmens bietet nun auch anderen Konzernen eine Chance.

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Die Nachfrage nach dem Bier von Sabeco wächst weiter. Quelle: Reuters

Bangkok So billig wie in Hanoi kommen Biertrinker an kaum einem anderen Ort auf ihre Kosten. Mit ihren kleinen Plastikhockern breiten sich die Straßenkneipen jeden Abend auf den Gehwegen der vietnamesischen Hauptstadt aus. Täglich frisch gebrautes Bia Hio vom Fass ist hier schon für 7000 Dong pro Glas zu haben – umgerechnet gerade einmal 26 Cent. Doch das Billigbier verliert an Popularität: Stattdessen punkten zunehmend internationale Marken bei der jungen und zahlungskräftigen Mittelschicht.

Die großen Brauereikonzerne könnten nun in der Sozialistischen Republik vor dem Durchbruch stehen: Mitte Dezember will sich die kommunistische Regierung Vietnams von der Mehrheit der Aktienanteile an dem Bierproduzenten Sabeco trennen. Das ambitionierte Privatisierungsvorhaben des lokalen Marktführers ist für die globale Brauereiindustrie eine besondere Gelegenheit: Das Unternehmen gilt als einer der letzten großen Bierhersteller der Welt, der noch nicht in der Hand internationaler Konzerne ist.

Derzeit sind noch rund 90 Prozent der Brauerei in Staatsbesitz. Doch das Management von Sabeco, das in Vietnam Biermarken wie Bia Saigon und 333 vertreibt, stellt sich schon darauf ein, dass internationale Investoren bald größeren Einfluss haben werden. „Wir haben eine große Zahl an hochkarätigen Investoren getroffen“, sagte Konzernchef Vo Thanh Ha in Singapur. Er war in der Finanzmetropole, um für den Anteilsverkauf zu werben. „Wir haben von den Investoren sehr gutes Feedback erhalten“, sagte Ha. „Sie sehen Sabeco als ein extrem gutes Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial.“

Die euphorischen Worte, die der Manager über sein eigenes Unternehmen verbreitet, sind nicht ganz unbegründet. Mit einem Marktanteil von mehr als 40 Prozent ist Sabeco der mit Abstand größte Bierproduzent Vietnams und bietet damit gute Chancen, vom wachsenden Bierdurst der Vietnamesen zu profitieren. Allein in den vergangenen vier Jahren ist der Pro-Kopf-Konsum um circa 20 Prozent gestiegen – von knapp 34 Litern im Jahr 2013 auf aktuell 42 Liter – in Asien kommen nur Japan (42,6) und Südkorea (45,8) auf noch größere Mengen. Zu Vergleich: Deutschland liegt mit mehr als 104 Litern pro Kopf deutlich darüber.

Das Marktforschungsunternehmen Euromonitor schätzt das Volumen des vietnamesischen Biermarktes auf 6,5 Milliarden US-Dollar und geht davon aus, dass die Lust auf Bier weiter zunimmt: 2021 soll der Pro-Kopf-Konsum bereits bei knapp 48 Liter liegen.

Unter ausländischen Brauereikonzernen ist es bisher vor allem Heineken gelungen, in dem Bierboom mitzumischen: Der niederländische Konzern liegt mit einem Marktanteil von mehr als 20 Prozent in dem 90-Millionen-Einwohner-Land auf Platz zwei und wächst kräftig weiter: Im vergangenen Jahr kündigte das Unternehmen eine Investition von rund 200 Millionen Dollar an, um die Produktion in einem Werk im Süden des Landes zu verzehnfachen.


Hoher Preis für die Staatsbrauerei

Kaum ein Quartalsbericht von Heineken kommt mehr ohne den Hinweis aus, wie sehr das Asien-Geschäft vom Wachstum in Vietnam profitiere. Zuletzt stiegen die Absatzmengen im zweistelligen Prozentbereich – besonders wegen der zunehmenden Beliebtheit der Heineken-Marke Tiger. Inzwischen schätzen Analysten, dass der Konzern rund zehn Prozent seiner Gewinne in Vietnam einfährt. Nur in Mexiko laufen die Geschäfte für die Niederländer noch besser.

Der geplante Verkauf der staatlichen Sabeco-Anteile könnte nun aber Heinekens Wettbewerber in dem Land stärken: Bei der Investoren-Präsentation in Singapur waren Medienberichten zufolge unter anderem Repräsentanten der japanischen Brauereikonzerne Kirin und Asahi vertreten. Außerdem sollen auch Anheuser-Busch InBev, ThaiBev und Carlsberg Interesse an dem Unternehmen haben, an dem Heineken bereits einen Fünf-Prozent-Anteil hält.

Nach den Plänen der Regierung kommen nun knapp 54 Prozent der Konzernanteile auf den Markt. Gut ein Drittel der Anteilsscheine will die Regierung vorerst behalten. Zudem ist der Höchstanteil an dem Unternehmen, das seit vergangenem Jahr auch an der Börse notiert ist, für ausländische Investoren mit 49 Prozent gedeckelt. Die alleinige Kontrolle über den Konzern wird deshalb vorerst keiner der internationalen Brauereikonzerne erhalten.

Der Preis, den die Regierung für das begehrte Staatsunternehmen verlangt, ist nicht nur an diesen Einschränkungen gemessen happig: Mindestens 4,85 Milliarden Dollar will sie durch den Anteilsverkauf einnehmen. Mit diesen Vorstellungen liegt die Regierung deutlich über den Vorstellungen von Analysten. Sie rechnen vor, dass die Bewertung des Unternehmens damit bei dem 30-Fachen des Vorsteuergewinns liege. Das wäre rund doppelt so viel, als bei anderen Übernahmen in der Branche zuletzt gezahlt wurde.

Der Chef der Asahi-Gruppe, Akiyoshi Koji, hatte bereits im September die „sehr hohe“ Bewertung der Sabeco-Aktie beklagt und darauf verwiesen, dass Zukäufe in Europa zuletzt deutlich billiger waren. „Der hohe Preis könnte das Interesse der Investoren hemmen“, kommentierte Trevor Stirling, Analyst des Investmenthauses Sanford C. Bernstein.

Asiatische Bierkonzerne könnten seiner Meinung nach zwar weiter im Rennen bleiben. Dass Anheuser-Busch InBev so viel bezahlen würde, glaubt er aber nicht. In den Niederlanden dürfte man sich darüber freuen: Für Heineken sei die Gefahr eines starken Wettbewerbers im Premium-Segment gesunken.

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