Millionenerfolg für Bertelsmann „Die einzigen Bücher, die sich schneller verkauft haben, waren die über Harry Potter“

Allein in den USA, Kanada und Großbritannien sind laut Verlagsangaben am Erscheinungstag 1,43 Millionen Exemplare von „Spare“ verkauft worden. Quelle: dpa

Die Autobiografie von Prinz Harry bricht Verkaufsrekorde. Das freut den Verlag Penguin Random House – und dessen Mutterkonzern aus Gütersloh.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Selten war schon im Voraus so viel Trubel um eine Bucherscheinung. Und dennoch hat ihr immenser Erfolg wohl selbst die größten Optimisten in der Branche überrascht: Mehr als 1,4 Millionen Mal haben sich die Memoiren von Prinz Harry bereits an ihrem Veröffentlichungstag verkauft. Und diese Zahl betrifft allein die englischsprachige Ausgabe der Autobiografie, deren Übersetzungen in 15 weitere Sprachen am Dienstag zeitgleich zur Originalfassung erschienen sind. „Die einzigen Bücher, die sich je schneller verkauft haben, waren die über den anderen Harry: Harry Potter“, kommentierte ein britischer Verlagsvertreter den „ungeheuerlichen“ Verkaufsschlager in der „New York Times“. Allein in Großbritannien gingen am Dienstag demnach 400.000 Exemplare des Buchs über die Ladentheken.

Auch in Deutschland legte das Buch einen „fulminanten Verkaufsstart“ hin, sagt eine Verlagssprecherin auf Anfrage der WirtschaftsWoche. Von den 200.000 Exemplaren der Startauflage habe man zum Erstverkaufstag mehr als drei Viertel ausgeliefert. „Uns erreichen stetig Nachbezüge aus dem Handel, eine zweite Auflage ist bereits im Druck und unsere Herstellung hat Papier für weitere Auflagen reserviert“, heißt es weiter.

Während in Buchläden weltweit weiter die Kassen klingeln, knallen im nordrhein-westfälischen Gütersloh vermutlich die Sektkorken. Denn Penguin Random House, der Verlag hinter dem Welterfolg, ist eine hundertprozentige Tochter von Bertelsmann.

Mehrere Millionen Dollar waren dem Buchverlag die Rechte an der rund 400 Seiten langen Autobiografie im Juli 2021 wert gewesen. Harry hatte das Buch, das im Englischen „Spare“ heißt und dessen deutsche Ausgabe den Titel „Reserve“ trägt, mit Hilfe des profilierten amerikanischen Ghostwriters J.R. Moehringer verfasst. Wie viel Geld bei dem Deal genau geflossen ist, ist nicht bekannt. Einen Orientierungswert könnte die Gage liefern, die Prinz Harry und seine Frau Meghan Markle einem „Forbes“-Bericht zufolge für eine im Dezember veröffentlichte Netflix-Dokuserie über ihr Leben erhalten hatten: Dort waren es umgerechnet rund 94 Millionen Euro.


Wie teuer der Deal auch war: Er dürfte sich für Penguin Random House schon bald mehr als ausgezahlt haben. Allein in den USA, Kanada und Großbritannien seien am Erscheinungstag 1,43 Millionen Hardcover-Ausgaben, E-Books und Hörbücher von „Spare“ verkauft worden, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Eine solche Zahl hat kein anderes Sachbuch des Verlags am ersten Tag seines Erscheinens jemals zuvor erreicht – nicht einmal ansatzweise. Barack Obamas Biografie „A Promised Land“, die Platz zwei des Verlagsrankings einnimmt, etwa verkaufte sich an ihrem Erscheinungstag im November 2020 „nur“ 887.000 Mal.

Wie viel Geld dieser Erfolg für Penguin Random House und den Mutterkonzern Bertelsmann einspielt, lässt sich zumindest grob einschätzen: Üblicherweise landen 50 bis 60 Prozent des Ladenverkaufspreises eines Buchs beim Verlag. Die Hardcover-Edition von „Spare“ kostet in den USA derzeit 23,59 Dollar. Hochgerechnet auf 1,43 Millionen verkaufte Exemplare würde das für Penguin Random House allein in den USA, Kanada und Großbritannien einen Tagesumsatz zwischen 16 und 20,2 Millionen Dollar bedeuten. Allerdings: Auch die anders gepreisten Veröffentlichungen als E-Book und Hörbuch sind in die Verkaufszahlen mit einberechnet. Wirklich verlässliche Kalkulationen sind deshalb schwer.

Der New Yorker Traditionsverlag Random House gehört seit 1998 zu Bertelsmann. 2013 fusionierte er mit dem nicht weniger traditionsreichen englischen Verlagshaus Penguin. Seitdem kontrolliert die Verlagsgruppe mit Sitz in New York City ein Viertel der weltweiten Buchproduktion. Ein Umstand, der gerade in Autorenkreisen durchaus nicht nur wohlwollend betrachtet wird. Weshalb es wenig verwundert, dass ein weiterer geplanter Zukauf des Konkurrenten Simon & Schuster im vergangenen Jahr an Kartellfragen gescheitert ist.

Kaffee und Kram Lässt sich Tchibos Niedergang aufhalten?

75 Jahre nach der Gründung bröckelt die Geschäftsbasis von Tchibo. Konzernpatron Michael Herz stemmt sich gegen den Niedergang des Kaffeehändlers.

Eskalation der Geopolitik China bereitet sich auf künftige Sanktionen des Westens vor

China bereitet sich auf eine Eskalation der geopolitischen Konflikte vor – mit massiven Goldkäufen, neuen Handelsrouten und einer verstärkten Abkehr vom Dollar.

Ab ins Umland Die Stadtflucht erreicht eine neue Stufe

Familien und Ältere verlassen schon länger die Städte, um im Umland eine Immobilie zu erwerben. Doch jetzt greift die Stadtflucht auch auf andere Gruppen über.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Der aus Deutschland stammende langjährige Chef der internationalen Verlagsgruppe, Markus Dohle, war nach der gescheiterten Fusion zum Jahresende „auf eigenen Wunsch“ zurückgetreten – auch aus dem Vorstand von Bertelsmann. Als interimistischer Nachfolger berichtet seither der indischstämmige Manager Nihar Malaviya an seiner statt an Bertelsmann-Chef Thomas Rabe in Gütersloh.

Vor seinem Abgang aber hatte Dohle dem in internen Kreisen nicht ganz unumstrittenen Bertelsmann-Primus noch ein dankbares Abschiedsgeschenk hinterlassen, wie sich in diesen Tagen zeigt. Er nämlich ist es gewesen, der den Buch-Deal mit Prinz Harry vor zwei Jahren an Land gezogen hat.

Lesen Sie auch: RTL verhandelt offenbar über Verkauf von Magazin-Marken von Gruner + Jahr

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%