Die neue WiWo App Jetzt kostenlos testen
Download Download

Mit der U-Bahn zum Möbelhaus Ikea rückt näher an die Innenstädte

Mit Innenstadtnähe und veganen Gemüsebällchen lockt Ikea eine urbanere Kundschaft. Dabei standen auch bei Konzernchef Peter Agnefjäll bisher eher Köttbullar auf dem Speiseplan.

  • Artikel teilen per:
  • Artikel teilen per:
Wenn das Kinderbett "Gutvik" heißt
Essen, Wohnen, Leben: Ikea präsentiert sich gern als allumfassendes Wohlfühlpaket. Doch der schwedische Möbelkonzern hat sich schon den ein oder anderen Patzer geleistet. Wir haben einige Ausrutscher gesammelt. Quelle: dpa
Wenn derzeit die Buchstaben IS fallen, dann denkt der politisch interessierte Mensch sofort an Waffen, Gewalt und Islamisten. Denn die Abkürzung steht für die Terrorgruppe Islamischer Staat, die im Irak für Angst und Schrecken sorgt. Viele Menschen demonstrierten bereits für mehr Engagement bei der Bekämpfung von IS, so wie hier im Bild in Frankfurt am Main. Schlecht, wenn Ikea ausgerechnet in dieser Zeit ein Fehler unterläuft. Quelle: dpa
Im aktuellen Katalog taucht neben dem Bett auf dem Titelbild ein kleiner Roboter auf. Darauf zu sehen: die beiden Buchstaben IS. Dass dies ausgerechnet zu einer Zeit zu sehen war, in der diese beiden Buchstaben mit so viel Bedeutung aufgeladen waren, war mehr als unglücklich. Auf Anfrage der Nachrichtenseite Merkur Online erklärte Ikea denn auch schnell, dass dies nur „reiner Zufall“ gewesen sei. Es handelte sich lediglich um eine Deko für das Bild, die im Handel nicht einmal erhältlich ist. Quelle: Presse
Die Namen von Ikea-Möbeln sind legendär: Bei Billy denkt sofort jeder Kunde an das Regal, bei Pax an den Kleiderschrank, bei Killan an die Couch. Doch dass so ein Name auch anstößig sein kann, das zeigte Ikea unabsichtlich mit dem Kinderbett „Gutvik“. Auf Deutsch klingt das Produkt mehr als obszön. Wie es zu dem Namen gekommen ist? Die meisten Ikea-Produkte werden nach Orten in Schweden benannt. Dass das in Deutschland merkwürdig klingen könnte, hat in Schweden niemand bedacht: Die Namen werden gewöhnlich global vergeben. Auf schwedisch klingt das Wort übrigens schon nicht mehr ganz so dramatisch: Dort wird es „Gütwig“ ausgesprochen. Quelle: Presse
Längst nicht das einzige schwedische Wort, das auf Deutsch etwas merkwürdig anmutet. Auch der Apfelkuchen ist nicht gerade appetitlich betitelt. Die Künstlerin Judith Holofernes postete auf ihrer Facebook-Seite ein Produktbild mit dem Namen des Kuchens: „Äppelkaka“. Auch das dürfte in Deutschland nicht gerade die beste Werbung für den Kuchen sein. Quelle: Screenshot
Nicht nur Namenspannen waren bei Ikea teils unappetitlich. Ein Lebensmittelskandal brachte auch das Restaurant in Verruf. Zum Hintergrund: Ikea macht mit seinem Restaurant enormen Umsatz. Eines der beliebtesten Produkte dort: Köttbullar, schwedische Fleischbällchen. Doch 2013 kam im Rahmen eines Lebensmittelskandals heraus, dass in den Bällchen Pferdefleisch verarbeitet wurde. Der Aufschrei war groß. Vorsorglich stoppte Ikea den Verkauf deshalb. Inzwischen sind die Fleischbällchen aber zurück im Angebot. Quelle: dpa
Viele Konsumenten sind riesige Fans von Ikea. Einige besonders begeisterte Kunden haben deshalb die Webseite „Ikea Hackers“ gegründet. Darin präsentieren sie, wie sich Ikea-Produkte umbauen lassen – zum Beispiel das Modell Pax in einem begehbaren Kleiderschrank. Doch Ikea schickte der Betreiberin Mitte 2014 eine Abmahnung. Der Grund: Sie dürfe die Seite nur dann weiter betreiben, wenn sie keine Anzeigen mehr zeige. Die Folge: ein Shitstorm. Die schwedische Möbelkette lenkte schließlich ein. Die Seite durfte online bleiben. Quelle: Screenshot

Der Möbelriese Ikea will auf seinem wichtigsten Markt Deutschland näher an seine Kunden rücken und dadurch weiter wachsen. Mit Häusern näher an der Innenstadt, drahtlosen Handy-Ladestationen in Möbeln und Gemüsebällchen buhlen die Schweden dabei auch um die Kaufkraft junge Städter.

„Wenn wir früher Ikea-Häuser gebaut haben, dann haben wir nach einem Autobahnkreuz gesucht und den Laden dorthin gesetzt, weil die ganze Gesellschaft auf Autos ausgerichtet war“, sagte Konzernchef Peter Agnefjäll der Deutschen Presse-Agentur. „Heute sind wir natürlich an einer guten Erreichbarkeit für Autos interessiert. Aber es ist in Zukunft noch wichtiger, dass es eine gute Erreichbarkeit mit den Öffentlichen gibt.“

Wer bei Ikea kauft

Manchmal bedeute das, dass die Geschäfte näher an den Innenstädten lägen. „Manchmal gibt es auch um die Städte herum eine gut ausgebaute Verkehrssituation, auch danach suchen wir.“ Für diese Art von Geschäften sei das Möbelhaus in Hamburg-Altona, das nur wenige Minuten Fußweg entfernt vom Bahnhof liege, ein Test - über dessen Erfolg Agnefjäll allerdings noch nichts verraten wollte.

Ikea ist in Deutschland auf Wachstumskurs

„Aber es ist interessant, die Reaktionen der Kunden zu sehen - was funktioniert, was weniger gut“, sagte der Ikea-Chef über das Kaufverhalten der Städter. „Was wir normalerweise sehen, wenn wir an Orten sind, die bequemer zu erreichen sind, ist, dass die Leute öfter kommen. Dann kaufen sie nicht alle zwei Monate ein neues Sofa.“ Stattdessen besuchen sie öfter das Ikea-Restaurant. Auch dort passt sich der Möbelriese an eine urbane, junge Käuferschaft an: Im Restaurant werden seit April vegane Gemüsebällchen neben den bekannten fleischhaltigen Köttbullar serviert. „Das ist eine größere Sache, als es klingen mag, weil wir dem Fleischbällchen und dem Hot Dog so verbunden sind“, sagte Agnefjäll. „Aber was wir bis jetzt sehen, ist dass es ein großes Kundeninteresse gibt.“

Heute wollten sich mehr Menschen gesund ernähren, als das vor 15 oder 20 Jahren der Fall gewesen sei. Die Gemüsebällchen sind zudem Teil der Nachhaltigkeitsstrategie bei der Möbelkette. Dabei war der Gedanke an vegetarische Kost für Agnefjäll selbst eine Umstellung: „Ich bin mit den Fleischbällchen geboren, so haben meine Eltern gekocht.“

Fleischesser müssen sich aber zunächst noch keine Sorgen machen, dass den Köttbullar das Aus droht. „Ich denke, heute geht es darum, Optionen zu schaffen. Wir haben die Köttbullar noch, aber wir bieten auch die Veggie-Bällchen an“, sagte Agnefjäll.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%