Mobile Commerce Warum Händler das iPhone lieben

Über das Handy suchen, am Desktop einkaufen? Längst Vergangenheit. Eine Studie zeigt, wie deutsche Onlineshopper ticken, was sie am liebsten über das Smartphone kaufen und um welche Uhrzeit das Tablet ins Spiel kommt.

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Kann das Handy nicht mehr aus der Hand gelegt werden, ist die Sucht nach Sozialen Medien groß. Quelle: Imago/Westend61

Düsseldorf Starbucks wurde vom Erfolg buchstäblich überrollt. Die Kaffee-Kette hatte den Mitgliedern ihres Loyalty-Programms „Starbuck Rewards“ in den USA ein Versprechen gegeben. Wenn sie ihren Kaffee Latte nicht nur übers Smartphone vorbestellen, sondern auch direkt online bezahlen, brauchen sie sich nicht in der allgemeinen Schlange anzustellen. Doch den Service nutzten so viele Kunden, dass sich die Schlange direkt zum Barista verlagerte. Nun muss das Unternehmen mit zusätzlichem Personal und verändertem Ladendesign reagieren.

Das Handy ist im Handel endgültig aus der Nische getreten. „Mobile Commerce erlebt den Durchbruch“, bestätigt Benedikt Schmaus, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Strategy & aus dem PWC-Netzwerk. „Der Handel muss sich darauf einstellen, dass es Teil des normalen Kundenverhaltens wird, über das Handy zu kaufen.“

Auch in Deutschland verwenden immer mehr Menschen das Smartphone nicht nur für die Information, sondern kaufen über das Gerät auch ein. Nach einer Studie des Onlinemarketingunternehmens Criteo, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt, werden mittlerweile bereits 38 Prozent aller Onlinekäufe über mobile Geräte getätigt. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 32 Prozent.

Speziell das Handy wird immer mehr zum Shoppingkanal. Während die Käufe über das Tablet stagniert haben, ist der Anteil des Smartphones am gesamten E-Commerce innerhalb nur eines Jahres um 38 Prozent gestiegen.

Bei einigen Internethändlern werden die PC-Nutzer sogar schon langsam zur Minderheit. Beispiel Zalando: Im vergangenen Jahr besuchten nach Angaben des Berliner Unternehmens bis zu zwei Drittel der Kunden den Onlineshop von einem Smartphone oder einem Tablet-Computer aus. Nicht alle diese Kunden kauften tatsächlich ein. Aber immerhin mehr als 50 Prozent wählten Schuhe, Jacken oder Röcke mit ihrem mobilen Endgerät aus. „Mobile ist kein Zukunftstrend, sondern heute tägliche Realität“, sagt Moritz Hau, Deutschland-Chef von Zalando.

Zugleich geben die Deutschen bei Käufen über das Handy immer mehr aus. Lag der durchschnittliche Kaufbetrag bei einem Einkauf über das Smartphone vor einem Jahr noch bei 80 Euro, hat er sich im zweiten Halbjahr 2016 schon auf 85 Euro erhöht. Damit nähert er sich dem Durchschnittseinkauf über den Desktop-Computer immer mehr an, der bei 100 Euro liegt. Höher liegt der durchschnittliche Bestellwert noch mit 104 Euro beim Kauf über das Tablet, ist aber von 107 Euro im vergangenen Jahr zurückgegangen.


Die Grenzen zwischen den Kanälen verschwimmen

Auffällig sind die Unterschiede bei den Handy-Betriebssystemen: Offenbar lieben Apple-Nutzer das Einkaufen über das Handy. Der Anteil der Einkäufe über das iPhone am Onlinehandel ist um 45 Prozent gestiegen. Und auch ihr durchschnittlicher Einkaufswert liegt bereits bei 93 Euro. Zum Vergleich: Nutzer des Betriebssystems Android kommen im Schnitt gerade mal auf 78 Euro.

Criteo hat für die Studie reale Daten von 1,7 Millionen Transaktionen von 3.300 Händlern ausgewertet, mit einem Gesamtumsatz von 720 Milliarden Dollar. Die Untersuchung wird halbjährlich in durchgeführt und vergleicht das Kaufverhalten von Onlineshoppern in 14 Ländern.

Ganz vorne liegen beim Mobile Commerce weiterhin Mode und Luxusgüter. Die höchste Zuwachsrate jedoch verbuchte im vergangenen Halbjahr der Bereich Gesundheit und Beauty, der nach der Criteo-Studie um 38 Prozent zulegte und nun gemeinsam mit den Sportartikeln auf dem zweiten Platz bei Käufen über das Smartphone liegt.

Angesichts der wachsenden Akzeptanz des Handys als Einkaufsmöglichkeit verschwimmen ohnehin immer mehr die Grenzen zwischen den Kanälen. So zeigt die Studie, dass schon bei einem Drittel aller Käufe mindestens zwei verschiedene Geräte beteiligt waren. Der Shopper ist rund um die Uhr vernetzt, aber je nach Tageszeit wechseln die Geräte. Werden die meisten Käufe über den Desktop-Computer in der Mittagszeit getätigt, wird über das Handy bevorzugt am Morgen geshoppt. Abends ab 18 Uhr kommt dann auf der Couch meist das Tablet zum Einsatz.

Doch bei aller Vernetzung zeigt der internationale Vergleich, dass beim Einkauf über das Handy in Deutschland immer noch Luft nach oben ist. Mit seinem Anteil von 38 Prozent Mobile Commerce liegt Deutschland gerade mal im Mittelfeld. Großbritannien liegt mit 52 Prozent an der Spitze, gefolgt von Japan mit 51 Prozent. Den höchsten Zuwachs weist weltweit Australien auf. Das Land hat sich mit 45 Prozent auf den dritten Platz geschoben.

Überraschend: Trotz Mobile-Pionieren wie Starbucks sind auch die USA beim Einkauf über das Handy noch Entwicklungsland. Im internationalen Vergleich von Criteo landen sie mit 36 Prozent noch hinter Deutschland auf dem achten Platz.

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