Modebranche Textilkette Wöhrl rechnet bald mit Investoren

Hoffnungsschimmer bei der Textilkaufhauskette Wöhrl: Bald könnte ein Investor einsteigen. Doch das Unternehmen kämpft immer noch mit hohen Kosten und einer starken Konkurrenz.

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Zum 1. Dezember hat das Unternehmen den Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestellt. Quelle: dpa

Düsseldorf Die Textilkaufhauskette Wöhrl erwartet bald Kaufangebote von potenziellen Investoren. „Ich rechne damit, dass in zwei Wochen die Angebote von Finanzinvestoren und strategischen Investoren vorliegen”, sagte Christian Gerloff, Chief Restructuring Officer des Nürnberger Unternehmens, in einer Telefon-Pressekonferenz. Von ursprünglich 170 angesprochenen Investoren sei er jetzt „mit einer Hand voll Unternehmen in fortgeschrittenen Gesprächen”. Er hofft, dass die Entscheidung für einen Investor noch bis Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres fällt.

Die Textilkette Wöhrl hatte Anfang September ein sogenanntes Schutzschirmverfahren beantragt, das einen vorübergehenden Schutz vor der Vollstreckung von Gläubigerforderungen gewährt. Außerdem rückte Aufsichtsratschef Andreas E. Mach an die Vorstandsspitze und verdrängte dort aus der Eigentümerfamilie Olivier Wöhrl, der den Posten des Chief Strategic Officer übernahm. Insolvenzexperte Christian Gerloff von der Kanzlei Gerloff Liebler in München wurde Chief Restructuring Officer.

Zum 1. Dezember hat das Unternehmen nun den Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestellt. Das heißt: Das Management will die Textilkette in Eigenregie sanieren. Wie die weitere Sanierung aussehen wird, hängt auch von den Plänen der künftigen Investoren ab. Kommt ein strategischer Investor aus der Modebranche zum Zug, braucht Wöhrl künftig eine kleinere Verwaltungszentrale, weil der neue Gesellschafter einen Teil der Aufgaben selbst übernimmt. Klar ist nur, dass es schnell gehen muss. Zwar reicht die Finanzierung laut Gerloff noch bis ins neue Jahr hinein. Doch Wöhrl müsse bald aus dem Insolvenzverfahren herauskommen, „weil es dem Geschäftsbetrieb nicht gut tut”.

Gerloff und Vorstandschef Andreas E. Mach versicherten, dass sie bei Wöhrl in den vergangenen drei Monaten schon viele Hausaufgaben gemacht hätten: Vier von 34 Filialen geschlossen und die Kosten in vielen Bereichen bereits gesenkt. Auch die drei Outlets sollen geschlossen werden. Außerdem laufen Verhandlungen, die Mieten für Filialen sowie die Hauptverwaltung in Nürnberg zu drücken.

Die Textilkette kämpft wie viele Konkurrenten in Deutschland mit dem gewaltigen Umbruch in der Modebranche, dem viele Unternehmen nicht gewachsen sind. „Es ist ein schleichender Prozess, viele haben versucht, sich dagegen zu stemmen. Jetzt ist einer Reihe von Unternehmen die Luft ausgegangen“, beschreibt Christoph Niering, Vorsitzender des Verbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) die Lage der Branche. Die Konkurrenz durch den Online-Handel wachse und die Markentreue der Verbraucher sinke. Der stationäre Handel komme aber nicht so schnell von den hohen Kosten für seine Filialen herunter, sagte Niering,


Familienstreitigkeiten machten Wöhrl zu schaffen

Außerdem ist die Frequenz in den Innenstädten, insbesondere in den sogenannten Mittelzentren, von Jahr zu Jahr gesunken. Außerdem leiden Häuser wie Wöhrl unter der wachsenden Konkurrenz der Zaras, Mangos & Primarks dieser Welt. Darüber hinaus machen ihnen die Rabattschlachten der Modebranche das Leben schwer. Sie beginnen immer früher und werden mit immer größeren Prozentsätzen geführt.

Hinzu kamen bei Wöhrl hausgemachte Probleme wie Familienstreitigkeiten. So waren sich die beiden Söhne von Firmengründer Rudolf Wöhrl häufig bei der Geschäftsstrategie und der Personalpolitik nicht einig. Zunächst waren beide Junioren, Gerhard und Hans Rudolf Wöhrl, Gesellschafter der Textilhäuser. Doch 2011 verkaufte Hans Rudolf Wöhrl, der seit 1974 neun Fluglinien gründete und sanierte, seinen 30-Prozent-Anteil an seinen Bruder. Olivier Wöhrl, Sohn des Eigentümers Gerhard Wöhrl, trat 2012 als Vorstandschef an. Der gelernte Maschinenbauingenieur, der seine Karriere beim Autozulieferer Mahle startete, konnte das Familienunternehmen aber nicht mehr auf Erfolgskurs bringen.

Jetzt soll ein neuer Investor, dem die Familie Wöhrl auch die Mehrheit zugestehen will, die langfristige Existenz der Häuser sichern. Und wie will sich Wöhrl gegenüber Primark, H&M sowie „Massimo Dutti” profilieren? „Ich bin überzeugt davon, dass die Mitte im Markt eine Zukunft hat”, sagte Vorstandschef Mach.

Er setzt auf Kunden, die eine ordentliche Qualität wollen, die sie nicht weder bei den Billiganbietern noch den anderen großen Filialisten finden. „Wir setzen auf die Zusammenarbeit mit deutschen Modeherstellern, wollen unser Angebot verjüngen und neue Marken aufnehmen”, kündigte Mach an. Immerhin: Im Oktober und November lag der Umsatz trotz Schutzschirmverfahren über dem des Vorjahres.

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